Nissans Langstrecken-Rennwagen wieselt in Le Mans zwischen den Großen herum

Nissan DeltaWing: Leichtbaurenner für Le Mans

Nissan schickt den Leichtbau-Rennwagen DeltaWing zum 24-Stunden-Rennen von Le Mans, allerdings außer Konkurrenz. Denn die halbe Portion entspricht so gar nicht den geltenden Reglements

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  • ggo

Brühl, 14. März 2012 – Das Argument ist nicht neu: Aus dem Rennsport lassen sich wertvolle Erkenntnisse für die Serienentwicklung ziehen. Das ist auch für Nissan der Anlass, mit dem DeltaWing die 24-Stunden von Le Mans mitzufahren - allerdings außer Konkurrenz. Er enspricht nicht dem Reglement. Für Aufsehen wird er trotzdem sorgen, denn optisch wirkt er wie eine Kreuzung aus Düsenjäger und Batmobil.

Sparsamer Rennfloh

Der DeltaWing ist konsequent auf Sparsamkeit getrimmt. Er hat einen um rund 50 Prozent geringeren Luftwiderstand als konventionelle Rennwagen und wiegt auch nur halb so viel. Sein Motor ist ein Statement für Downsizing auch im Rennsport: Der 1,6-Liter-Vierzylinder-Benziner mit Turboaufladung und Direkteinspritzung ist abgeleitet vom Serienmotor, wie er etwa im Nissan Juke eingesetzt wird. Im DeltaWing leistet er allerdings rund 300 PS.

Der Deltawing soll Rundenzeiten ermöglichen, die zwischen den LMP1- und LMP2-Fahrzeugen liegen, die bei weitem nicht so schlank sind wie der Nissan-Renner. Die Abkürzung LMP steht für "Le-Mans-Prototyp", also dem Typus Rennwagen, wie sie bei dem Langstrecken-Klassiker eingesetzt werden. Die Klasse LMP1 (für Werksteams) erlaubt Saug-Benziner mit bis zu 3,4 Liter oder aufgeladene Benziner mit bis zu 2 Liter Hubraum. Dieselmotoren dürfen bis zu 3,7 Liter Hubraum haben, die Leistung ist derzeit auf rund 520 bhp limitiert. In der Kategorie LMP2 sind Sauger bis 5 Liter oder aufgeladene Benziner bis 3,2 Liter zulässig, die Leistung ist auf 450 bhp beschränkt – Diesel sind nicht zugelassen.

Im Vergleich zu diesen Boliden ist der DeltaWing ein Rennfloh, angesichts der angekündigten Rundenzeiten geradezu eine Provokation, die aber durchaus beabsichtigt ist. "Das Reglement ist über die Jahre immer enger geworden, mit der Folge, dass sich die Rennwagen immer ähnlicher sehen und die eingesetzte Technologie immer weniger Bedeutung für die Entwicklung von Straßenfahrzeugen besitzt", sagt Nissans Vize-Vorsitzender Andy Palmer. Der DeltaWing ist somit auch ein Plädoyer für einen effizienteren Rennsport, wenn auch ein gewöhnungsbedürftiges.

Hecklastiges Wiesel

Der Fahrer sitzt beinahe über der Hinterachse, fast wie in der Anfangszeit des Rennsports, als dies teils notgedrungen der Fall war. Beim Mercedes W25 der 1930er zum Beispiel saß ein Reihenachtzylinder mit knapp 3,4 Litern unter der langen Motorhaube – und der Fahrer somit praktisch auf der Hinterachse. Beim DeltaWing versammeln sich Rennpersonal und Motor ebenfalls ganz hinten, mit einer ausgewogenen Gewichtsverteilung hat das wenig zu tun. Doch das extrem hecklastige Konzept ist Voraussetzung für die charakteristische, aerodynamische Pfeilform und macht den DeltaWing äußerst agil, heißt es seitens Nissan. An der schmalen Front sitzen zwei Doppel-Vorderreifen, die Michelin eigens entwickelt hat. Trotz der extrem hecklastigen Auslegung verspricht Nissan ein sehr neutrales Fahrverhalten.

In Le Mans wird der DeltaWing einen Platz in der "Garage 56" bekommen, die für Konzeptfahrzeuge reserviert ist. Von dort wird er mit der Startnummer 0 ins Rennen gehen. Seine ersten öffentlichen Runden dreht der Nissan-Renner dieser Tage auf der Rennstrecke in Sebring, Florida. (ggo)