Technik zur Bremsenergie-Rückgewinnung soll bald marktreif sein

Volvo will mit KERS Sprit sparen

Beim Flywheel KERS speichert ein schnell drehendes Schwungrad kinetische Energie. Weil dieses Verfahren konstengünstiger ist als eine elektrische Batterie, testet Volvo seine Eignung für Hybrid­fahrzeuge

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 69 Kommentare lesen
6 Bilder
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • sle
Inhaltsverzeichnis

Köln, 27. Mai 2011 – Schwungradspeicher wurden schon in den 1950er-Jahren in Stadtbussen, den so genannten Gyrobussen, eingesetzt – ohne durchschlagenden Erfolg. Auch im Rennsport werden Schwungradspeicher verwendet. So gab im März 2010 der Porsche 911 GT3 R Hybrid mit Schwungradspeicher sein Debüt bei einem Langstreckenrennen auf dem Nürburgring – das Auto schied aber mit technischem Defekt aus. Nun will Volvo die Technik für seine Serienautos weiterentwickeln.

Mit frischem Schwung

Das Prinzip klingt einfach: Man nimmt ein Schwungrad und versetzt es mit der Überschussenergie vom Bremsen in eine schnelle Drehbewegung. Wenn dann Energie benötigt wird, wird sie wieder an die Antriebsachse abgegeben. So ist das Schwungrad eine Alternative zur Energiespeicherung in Batterien, wie es bei Hybridfahrzeugen heute üblich ist. Volvo nennt sein System Flywheel KERS – Flywheel steht für Schwungrad und die aus der Formel 1 bekannte Abkürzung KERS für Kinetic Energy Recovery System.

Während des Bremsens und beim Ausrollen schaltet sich der Motor automatisch ab. Die Bremsenergie treibt dann das Schwungrad an und bringt es auf bis zu 60.000 U/min. Beim Anfahren wird die gewonnene Bremsenergie vom Schwungradspeicher über ein Getriebe an die Hinterachse übertragen. Daraus soll eine zusätzliche Leistung von 80 PS und eine Steigerung des Drehmoments resultieren. Die Schwungrad-Energie verbessert die Beschleunigung beim Anfahren und wird darüber hinaus auch zur Unterstützung des normalen Fahrbetriebs genutzt. Zudem wird laut Volvo bis zu 20 Prozent Sprit gespart. Bei den Fahrten zur Ermittlung des Verbrauchs im NEFZ könne der Verbrennungsmotor sogar für die Hälfte der Fahrzeit ausgeschaltet bleiben.

Ein Vorläufer der Schwungradspeicher-Technik wurde bereits in den 80er-Jahren in einem Volvo 240 getestet. Das damalige Schwungrad wurde aus Stahl hergestellt. Das neue Volvo-System verwendet dagegen CFK (Carbon-Faser-verstärkten Kunststoff) und wiegt daher nur rund sechs Kilo. Zudem arbeitet das Schwungrad im Vakuum, um Reibungsverluste zu vermeiden.

Schub von hinten

Im Vergleich zum erwähnten Porsche 911 GT3 R Hybrid gibt es zwei wesentliche Unterschiede. Beim Porsche-Rennwagen wird der normale Hinterradantrieb durch einen Schwungradspeicher an der Vorderachse unterstützt. Volvo dagegen unterstützt den normalen Frontantrieb durch einen Schwungspeicher an der Hinterachse. Der zweite Unterschied: Porsche verwendet die Schwungenergie erst nach Umwandlung in elektrische Energie durch zwei Elektromotoren an der Vorderachse. Dagegen wird bei Volvo die mechanische Energie ohne Umwandlung an die Antriebsachse übertragen.

Im Herbst 2011 will der schwedische Hersteller das System im öffentlichen Verkehr testen. Sollten die Tests erfolgreich verlaufen, kann man sich eine Einführung in wenigen Jahren vorstellen. Im Vergleich zu Batteriesystemen kann KERS zwar nur kurzzeitig Energie speichern, gerade im Stadtverkehr ist dies aber nicht von Nachteil. Die mechanische Lösung ist laut Volvo sehr günstig und sei deswegen eine interessante Alternative für "Mainstream"-Autos.