Ausgeliefert

Zulassungszahlen Quartal 1/2019

Die Zulassungszahlen zeigen: Die Deutschen kaufen Autos mit Verbrennungsmotoren. Eine Wende zeichnet sich nicht ab, auch wenn die Alternativen prozentual stark zulegen. Dabei sollte die Statistik nachdenklich machen

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VW Golf 8 Bilder
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Von
  • Martin Franz

Der gute alte Elektromotor ist als Antrieb für Autos in aller Munde. Ob nun als alleiniger Antreiber oder den Verbrenner unterstützend, seine künftig dominierende Rolle scheint festzustehen. Zuwachsraten von 69,9 Prozent für Hybride und 74,7 Prozent für reine E-Autos scheinen das zu belegen. Doch die Auswertung der Zulassungszahlen des deutschen Automarktes für das Quartal 2019 zeigt, dass noch eine Menge Überzeugungsarbeit geleistet werden muss – nicht nur auf diesem Sektor.

Fast alle mit Verbrenner

Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass der E-Motor künftig eine größere Rolle bei den Antrieben spielt – zu viel Geld ist in die Entwicklung geflossen, zu weit haben sich einige politische Vertreter aus dem Fenster gelehnt, als das das E-Auto wieder in der Versenkung verschwindet. Doch wie schon seit geraumer Zeit liegt das in der Zukunft, unabhängig davon, wie weit diese entfernt ist – ein Punkt, der auch hier im Forum immer wieder erbittert diskutiert wird. Die aktuelle Realität des ersten Quartals 2019 sieht folgendermaßen aus: 92,8 Prozent aller erstmals zugelassenen Autos hatte nur einen Verbrenner eingebaut, wobei wir hier die paar Autos mit Erdgas- und Flüssiggas eingeschlossen haben – es sind derer nur 3406. Der Anteil der Benziner sank um 5,8 Prozent auf 521.592 Neuzulassungen, der Diesel legte leicht um 2,6 Prozent auf 291.092 erstmalige Zulassungen zu.

Den 816.090 Neuwagen mit alleinigem Verbrennungsmotor stehen 63.956 mit E-Motor gegenüber. Davon waren 48.055 Hybride, von denen wiederum ganze 7382 Plug-in-Hybride. Letztere haben gegenüber dem Vorjahreszeitraum kräftig Federn gelassen, denn im ersten Quartal 2018 waren es noch 8447 neue Plug-in-Hybride. Sollte die seit Januar 2019 geltende, neue Besteuerung der privaten Nutzung von Dienstwagen mit E-Motor Auswirkungen auf die Zulassungen haben, zeigten sich diese noch nicht im ersten Quartal. Noch dürfen die Verantwortlichen freilich hoffen, schließlich wurde die Neuregelung recht kurzfristig beschlossen. Möglicherweise zeigen sich die Folgen in den kommenden Monaten, wenn die Bestellungen, die nach dem Beschluss getätigt wurden, ausgeliefert werden. Nach einem Boom sieht es derzeit aber nicht aus.

Was nachdenklich machen sollte

Zwei weitere Auswertungen sollten nachdenklich stimmen. So wurden gerade einmal 1023 Autos mit der Abgasnorm Euro 6d erstmals zugelassen. Der überwältigende Anteil wird mit der Euro 6d-Temp ausgeliefert, mit der Neuwagen nur noch bis Ende nächsten Jahres zugelassen werden dürfen. Die heute neuen Autos sind also bald veraltet, was – und hier muss spekuliert werden – möglicherweise viele Kunden bei ihrer Entscheidung nicht auf dem Zettel haben. Natürlich hat auch das aktuell kaum nennenswerte Angebot daran einen Anteil. Das ist vor allem deshalb so bemerkenswert, weil es künftig für die Wertentwicklung noch einmal wichtig werden könnte, in welche Norm das Auto eingeteilt ist. Richtig ärgerlich ist es aber vor dem Hintergrund, dass zahlreiche Neuwagen die Grenzwerten der Euro 6d locker erfüllen. Gerade beim Diesel, der in der Euro 6d im RDE 120 mg/km Stickoxid (NOx) ausstoßen dürfte, hat es eine bemerkenswerte Entwicklung gegeben. So ist bei einigen kaum noch NOx nachweisbar.

Die mit der Euro 6c eingeführte Verbrauchsermittlung im WLTP zeigt ebenfalls turbulente Auswirkungen. Im ersten Quartal des vergangenen Jahres galt für alle Erstzulassungen noch die Euro 6b und damit der von der Industrie über zwei Jahrzehnte sturmreif geschossene NEFZ. Der einstige Gedanke, alle Autos vergleichen zu können, wurde dadurch unterlaufen, dass die Hersteller unterschiedlich großen Aufwand betrieben, Lücken im Anforderungskatalog zu finden und zu nutzen.

Brutale Verschiebung - dem WLTP sei Dank

Für knapp 395.000 erstmals zugelassene Fahrzeuge wurde im ersten Quartal 2018 ein CO2-Ausstoß unter 120 Gramm/Kilometer suggeriert, zwischen 121 und 160 Gramm waren es fast 370.000 Neuwagen. Der in fast allen Szenarien etwas realitätsnähere, neue Zyklus WLTP verschiebt diese Zahlen brutal: Unter 120 Gramm CO2 pro Kilometer blieben im ersten Quartal 2019 knapp 52.000 Autos. Die Zahl der Neuwagen, für die zwischen 121 und 160 Gramm versprochen werden, stieg um etwas mehr als 73.000, noch heftiger ist aber der Anstieg ab 161 Gramm. Dort wuchs die Zahl von 102.000 auf über 330.000.

Es sind nüchterne Zahlen wie diese, die den Kerngedanken meines Kollegen Clemens Gleich untermauern, dass das Auto der Zukunft eine grundlegend andere Ausrichtung braucht. Wer die Freiheit der individuellen Mobilität für die Breite der Bevölkerung erhalten will, wird nicht umhin kommen, deren Auswüchse zu beschneiden. Dazu zählen nicht nur vereinzelte Triebe wie der neue VW Touareg V8 TDI, sondern auch die Frage, ob ein 2,5-Tonnen-E-SUV das richtige Mittel ist, Straßen Richtung Zukunft zu befahren. Auch wenn solche Brocken nur eine Randerscheinung bleiben werden, liefern sie jenen überreichlich Munition, die mit dem Slogan „Individualmobilität schafft Freiheit“ nichts anfangen können. (mfz)