Aus dem Schatten: Babylon 5 wird 30 Jahre alt

Seite 2: So viel Murks beim Bildformat wie nur möglich

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Der Kostendruck führte auch dazu, dass die animierten Szenen zunächst über die Amiga-Steckkarte Video-Toaster als Videomaterial im Zeilensprungverfahren ausgegeben wurden. Und zwar im NTSC-Bildformat von rund 720 x 480 Pixeln. Das wurde, um die Szenen wiederverwenden zu können, bei späteren Staffeln beibehalten. Dieses 4:3-Format kollidierte mit dem auf Filmmaterial im Format Super35 gedrehten Realszenen. Sie waren zwar gestalterisch auf 16:9 ausgelegt, weil man schon an HDTV dachte, aber so gedreht, dass man die Ränder abschneiden konnte um 4:3 zu erhalten. Als Zielformat fürs Fernsehen war immer schon 4:3 geplant, später verlangten einige Sender aber 16:9, und so erschienen auch die ersten DVD-Ausgaben.

Das passt jedoch gar nicht zu den Animationen in 4:3, sodass ohne große Skalierung und geschärfte Hochrechnung einfach in die ohnehin schon unscharfen Videoaufnahmen gezoomt wurde. Besonders fällt das in den Composite-Shots auf, wenn Schauspieler etwa vor einem digitalen Hintergrund aktiv sind. Was dabei, und auch bei späteren Veröffentlichungen, alles noch vermurkst wurde, hat der nach eigenen Angaben erfahrene finnische Techniker Henrik Herranen in einem langen Blogbeitrag mit vielen Beispielbildern zusammengetragen. Der vielfach zitierte Artikel deckt sich mit vielen Aussagen, die Straczynski über die Jahre immer wieder gemacht hat.

Denn das Marketing und die Fanbetreuung über das Netz war ebenfalls ein Feld, bei dem Babylon 5 innovativ war – eigentlich vor allem sein Schöpfer Straczynski. Er kommunizierte von Anfang an über das Usenet und proprietäre Dienste wie Compuserve mit den Fans, beantwortete Fragen und gab ein bisschen Einblick in kommenden Folgen. Heute würde man das Influencer-Marketing nennen. Straczynski hat das, teils mit Pausen, vorwiegend auf Twitter, später X, bis heute aufrechterhalten.

Ein in den 1990ern bei Fernsehproduktionen meist stiefmütterlich behandeltes Thema hat Babylon 5, anders als bei den visuellen Effekten, jedoch gleich richtig gemacht: den Ton. Und zum Glück hat auch die deutsche Synchronisation den Surround-Mix weitgehend erhalten. Im Vorspann jeder Folge prangt stolz: "Presented in Dolby Surround", was in diesem Fall Dolby Pro Logic bedeutet, also mit zwei Stereokanälen und einer Spur für Center- und Surround-Lautsprecher (4.0). Wer damals schon eine Surroundanlage besaß, konnte damit richtig Eindruck machen. Aber darum geht es ja nur am Rande, wichtiger ist auch beim Schauen allein, wie Straczynski und seine Mitstreiter wie der Komponist und Produzent Christopher Franke den Ton eingesetzt haben.

Nicht nur kommen die Raumschiffe und die Weltraumschlachten immer aus der richtigen Richtung, auch Dialoge und Umgebungsgeräusche waren fast immer richtig gesetzt. Auch Musik ist nicht stur frontlastig auf die Stereokanäle gemischt, sondern da, wo es passt, auch raumfüllend ohne den Zuhörer ständig zu erschlagen. Wohlgemerkt: Das ist auf die 1990er-Jahre bezogen, im Vergleich mit heutigen Produktionen wirken die Synthi-Orgien in Verbindung mit einem echten Orchester sowie die Effekte in einem modernen Heimkino bisweilen schon etwas aufdringlich.

Erst mit einer vollständigen Restauration für den Streamingdienst HBO Max wurde Babylon 5 im Jahr 2021 so veröffentlicht, wie sich die Macher das wohl vor dreißig Jahren gedacht hatten. Das Bildformat bleibt bei 4:3, die Realszenen wurden vom Filmmaterial abgetastet und die digitalen Elemente mit moderner Software vom Zeilensprung befreit, auf Full-HD hochskaliert, geschärft und generell geputzt. Dass das immer noch sehr nach den 1990ern aussieht, kann man verschmerzen. Denn der Look bei Kostümen und Special-Effects-Makeup für die Aliens entspricht ebenfalls den Trends der Zeit.

Wieder einmal war hier wohl das Budget zu klein, um wie beim HD-Master von Star Trek: The Next Generation alle digitalen Effekte komplett neu zu erstellen. Auf der HD-Version von HBO basiert auch die erste Blu-ray-Veröffentlichung der Serie, die 2023 erschien. Dass sich einige Fans darüber beschweren, dass auch hier 4:3 gewählt wurde, kann wohl nur daran liegen, dass sie die gruseligen 16:9-Versionen der ersten DVDs nie gesehen haben.

2023 erschien relativ überraschend der Animationsfilm "Babylon5: The Road Home", der direkt an das Ende der Serie anknüpft. Es war das erste Lebenszeichen der Marke, nachdem zuvor noch einige Fernsehfilme und die recht erfolglose Serie "Crusade" erschienen waren. Crusade wurde nach nur einer Staffel abgesetzt. Bereits 2021 hatte Straczynski angekündigt, zusammen mit Warner an einer Vorproduktion einer Neuauflage der originalen Serie zu arbeiten. Diese Pläne hat er seitdem nicht widerrufen, dennoch ist es ruhig um dieses Projekt geworden. Es soll, falls es denn je entsteht, die Geschichte so erzählen, wie Straczynski die Serie heute gestalten wolle, sagte der Babylon-Erfinder vor drei Jahren.

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