Das Netzwerk der nächsten Generation

Seite 2: Das Netzwerk der nächsten Generation

Inhaltsverzeichnis

Kennt das Internet2 eine Lösung für die aktuellen Spam- und Betrugsprobleme?

Van Houweling: Heutzutage werden Endkunden und Firmen jeden Tag mit Spam, Viren und anderen unschönen Internet-Dingen bombardiert. Es ist fast zum Klischee geworden, die Frage zu stellen, was wir gegen all den Spam tun können. Trotzdem scheint das Problem immer schlimmer zu werden und niemand eine wirkliche Antwort zu haben. Wem kann man also vertrauen? Ich sehe eine Netzwerkzukunft, in der es eine Vertrauensstruktur gibt, bei der sich Gemeinschaften aufgrund zuvor abgestimmter Regeln und Rahmenbedingungen gruppieren. Diese nennen wir "Federations", Bündnisse.

Eine Federation ist ein Zusammenschluss von Organisationen, die gemeinschaftliche Attribute, Gebräuche und Bestimmungen pflegen, um Informationen untereinander auszutauschen – sowohl über ihre Nutzer als auch über ihre Ressourcen. Zusammenarbeit und Handel untereinander werden so sicher und authentifiziert sein. Eine Federation erinnert an ein Dorf, allerdings nicht im geographischen Sinne. Im Internet2 gibt es bereits heute globale Federations zwischen Forschern, Künstlern und Studenten, die an gemeinsamen Projekten arbeiten. Ich glaube, dass solche Bündnisse und vertrauenswürdige Gemeinschaften es den Internet-Nutzern ermöglichen werden, nur die Informationen zu erhalten, die sie tatsächlich wünschen. Das Spam-Problem würde schon dadurch gelöst, dass jede Art von Kommunikation authentifiziert sein müsste und jede ungewollte Information ganz leicht zu ihrer wahren Quelle zurückverfolgt werden kann. Die Anonymität von Spammern und Betrügern würde so aufgehoben.

Wie sieht es mit der Grundfunktionalität des neuen Netzes aus? Im heutigen Internet sind unterbrechungsfreie TV- und Telefonsignale nahezu unmöglich.

Van Houweling: Im heutigen Internet gibt es keine Garantie dafür, dass Daten, die durch das Netzwerk fließen, in einer bestimmten Zeit auch eintreffen. Man kann sich das Internet als Post zweiter Klasse vorstellen. Das führt zu einer kaum vorhersehbaren und nicht selten wenig verlässlichen Benutzererfahrung für all jene, die auf die zeitnahe Anlieferung von Daten angewiesen sind. Ein gutes Beispiel ist die Internet-Telefonie-Technik VoIP, die heutzutage immer mehr verwendet wird. Trotz der gleichen Internet-Verbindung funktioniert die Anbindung manchmal gut und manchmal schlecht. Wenn die Verbindung abbricht oder es zu einem Konnektivitätsverlust kommt, müssen oftmals Profis ran.

Auch heutzutage ist das Lösen von Netzwerkproblemen eher eine Kunst als eine Wissenschaft; der Durchschnittsnutzer kann Probleme häufig nicht alleine lösen. Haben wir erst einmal ein Netz, dass seine Geschwindigkeit selbst prüfen kann und die Technik zur Diagnostizierung von Problemen gleich eingebaut hat, wird das Internet wesentlich verlässlicher sein. Ohne Verlässlichkeit und leichte Fehlerbehebbarkeit werden sich Anwendungen und Dienste der nächsten Generation auch nicht breit durchsetzen.

Was ist die große Vision hinter alledem? Und wann wird sie tatsächlich umgesetzt sein?

Van Houweling: Wir brauchen ein smartes, verlässliches, sicheres und schnelles Internet, mit dem man besser forschen, Geschäfte tätigen, sich fortbilden und Gemeinschaften bilden kann, die sich dann mit ganz neuen Möglichkeiten untereinander austauschen. Durch Partnerschaften mit Bildungs- und Forschungseinrichtungen, der Regierung und der Industrie wissen wir bereits, was die zentralen Elemente sind, die ein Netzwerk der nächsten Generation ausmachen: Die Verwendung Hunderter von Wellenlängen über moderne Glasfaserkabel mit verbesserten Internet-Protokollen; Punkt-zu-Punkt-Verbindungen mit Höchstgeschwindigkeit sowie smarte Software, die sowohl Inhalte als auch die Privatsphäre schützt und gleichzeitig die Nutzer authentifiziert, Spam verhindert und E-Commerce absichert. Ich bin optimistisch, dass ein solches Internet sich durch eine globale Zusammenarbeit von Organisationen wie dem Internet2 schaffen lässt.

Wir wollen diese neue Technik zusammen mit unseren Partnern aus der Industrie in den nächsten fünf bis zehn Jahren in die Hände der Endkunden bringen. Internet2 ist ein Sprungbrett für die Industrie, das den Weg aus den Forschungslabors hin zu kommerziellen Produkten ermöglicht. Wir können bereits heute neue Technologien in einer futuristischen Umgebung testen. Diese Lernerfahrung können die Partnerfirmen dann in ihre Produkte und Dienste übernehmen. Bereits heute wird Internet2- Technik im kommerziellen Sektor verwendet – so nutzen über 150 Institutionen bereits die für das Internet2 geschaffene Authentifizierungssoftware. Das ist nur ein Beispiel von vielen, wie wir neue Technologien an die Öffentlichkeit bringen

Die Fragen stellte David Talbot; Übersetzung: Ben Schwan. (wst)