Daten mit Schieflage

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Am 2.12. antwortet Christiane Fleiter, Senior Manager Communications bei Pfizer. Allerdings gibt sie keine konkrete Replik auf die einzelnen Fragen. Wir legten die Aussagen Dr. Thomas Kaiser vor, Leiter der Arzneimittelprüfung beim Iqwig und einer der Autoren der Reboxetin-Untersuchung. Seine Kommentare finden sich nach der jeweiligen Textpassage, auf die sie sich beziehen, in fett gedruckter Schrift.

Fleiter/Pfizer: "Generell gilt, dass Pfizer über die Ergebnisse klinischer Studien objektiv, wahrheitsgemäß, ausgewogen und vollständig berichtet, und zwar unabhängig von den konkreten Ergebnissen der jeweiligen Studie bzw. vom Land, in dem die Studie durchgeführt wurde. Bereits seit fünf Jahren veröffentlicht Pfizer alle weltweit durchgeführten Studien, deren Verläufe und deren Ergebnisse im Internet unter www.clinicaltrials.gov. Pfizer hat das als eines der ersten Unternehmen 2005 freiwillig umgesetzt – drei Jahre bevor es 2008 für amerikanische Unternehmen verpflichtend wurde.

Auf der Internetseite www.clinicaltrials.gov können Ärzte, Patienten, Angehörige und Forscher jederzeit Titel, Beschreibung, Phase, Typ, Status und Ziel von laufenden und abgeschlossenen Studien nachvollziehen und so die Entwicklung der Forschungsergebnisse verfolgen. Dass wir auch die Medien regelmäßig über Erfolge und auch Misserfolge unserer Studien informieren, können Sie im Presse-Bereich von pfizer.com nachvollziehen."


Dr. Thomas Kaiser (Iqwig): "Seit 2005 gibt es eine Selbstverpflichtung der pharmazeutischen Industrie. Darin formulieren die Unternehmen das Ziel, klinische Forschung transparent zu machen. Darüber hinaus verpflichten sie sich, Studien, die nach dem Datum der Vereinbarung abgeschlossen werden, zu veröffentlichen. Die Studien zu Reboxetin aber, die in die Bewertung eingeflossen sind, wurden vor 2005 abgeschlossen. Damit hat die Selbstverpflichtung zur Veröffentlichung für diese Studien nicht gegriffen. Aus unserer Sicht hätte aber die Selbstverpflichtung zur Verbesserung der Transparenz klinischer Studien dazu führen müssen, das Pfizer dem IQWiG auf Anfrage die Studien zu Reboxetin zur Verfügung stellt. Das ist trotz wiederholter Nachfrage erst nach der Veröffentlichung des vorläufigen Berichts und intensiver öffentlicher Diskussion geschehen."

Pfizer: "Sie beziehen sich in Ihrer Anfrage auf einen Artikel im British Medical Journal (BMJ) vom 13. Oktober 2010. Alle im BMJ-Artikel referenzierten Studien ab 2006 sind veröffentlicht und öffentlich zugänglich (www.clinicaltrials.gov)."

Kaiser: "Die Studien zu Reboxetin wurden aber zwischen 1996 und 2003 abgeschlossen, bleiben von dieser Aussage also unberührt. (siehe auch Tabelle 1, Spalte "Year of completion" in der BMJ-Publikation)."

Pfizer: "Die Informationen sämtlicher Studien sind in "peer-reviewed journals" zu finden."

Kaiser: "Ein Großteil dieser Studien wurde nicht in einer Form veröffentlicht, die ausreichende Informationen enthielt, um sie zu bewerten. Eine Studie kann nur dann für Aussagen zu einem Arzneimittel herangezogen werden, wenn Informationen zur Methodik und umfangreiche Ergebnisse vorliegen. In der Regel ist das nur der Fall, wenn eine sogenannte Primärpublikation vorliegt (für diese Primärpublikationen gibt es einen internationalen Standard, das sogenannte "CONSORT Statement", der die notwendigen Inhalte definiert). Im Fall von Reboxetin liegen für die Mehrzahl der Studien keine Primärpublikation beziehungsweise keine Primärpublikation mit adäquaten Daten vor. Das beschreiben wir auch in der BMJ-Publikation (Table 1, Spalte "Primary publication available").

Pfizer bezieht sich mit der Aussage vermutlich auf die Veröffentlichung von Ausschnitten von Daten in Sekundärpublikationen oder Konferenzabstracts, die keine CONSORT-gemäße Publikation darstellen. Wir haben bei unserer Recherche die "unveröffentlichten" Studien teilweise aus diesen Sekundärpublikationen identifiziert und beschreiben das auch so in unserem Bericht (Abschnitt 5.1.1 Ergebnis der Literaturrecherche, S. 31). In unserem Bericht in Tabelle 25 auf S. 55 benennen wir die verschiedenen Datenquellen zu den Reboxetin-Studien eindeutig und machen damit transparent, in welchen Fällen Teilinformationen öffentlich verfügbar waren."