Schule digital: Digitalisierung der Bildung – am Scheideweg

Seite 5: Ein positiver Ausblick: Anschlussbedingungen

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Spricht man mit Lehrerinnen und Lehrern, in deren Schulen die Grundvoraussetzungen gegeben waren, zeichnen die meisten ein positives Bild: Es wurde unter den Voraussetzungen, die da waren, einiges erreicht. Man muss aber hart sagen: Trotz fehlender Hilfe von Politik und Kultusministerkonferenz.

Dass die Kultusministerkonferenz Hilfe angeboten und Leitlinien für diese außergewöhnliche Zeit formuliert hat, ist unbestritten (wenngleich sich auch hier die Länder deutlich unterschieden). Was aber verpasst worden ist, ist eine nachhaltige Strategie zu entwickeln. Und es ist schon jetzt abzusehen, dass diese auch während der Ferien nicht einfach vom Himmel fallen wird. Dabei sind die Ausgangsbedingungen so günstig wie selten.

Denn eine große Herausforderung wurde durch die zahlreichen Experimente mit dem Digitalen aus dem Weg geräumt: Die Angst, die durch das Neue entsteht. Viele Kolleginnen und Kollegen lernten nicht nur die Möglichkeiten des Digitalen kennen, sondern erlebten auch eine ganz neue Form der Motivation. Dass dort, wo neue Formate für mehr Schülerbeteiligung sorgten, zusätzliche positive Effekte beobachtet werden konnten, zeigt sich von selbst. Aber das ist nicht die wichtigste Erkenntnis.

Selbst dort, wo nur mit wenigen digitalen Plattformen umgegangen werden konnte, ist das Wissen um das Wie und das Was nun enorm gestiegen: Wenn jemand weiß, was ein Etherpad ist, hat er also nicht nur sein didaktisches Repertoire erweitert, sondern hat einen Anschlusspunkt, wenn ein neues Tool eingeführt werden soll: "Ungefähr so wie Etherpads, nur mit folgenden weiteren Funktionen", kann es dann heißen. Die Corona-Zeit hat mit anderen Worten dafür gesorgt, dass die Kollegien wissen, worum es geht.

Die wichtigste Frage bleibt aber das Warum. Wie oben schon erwähnt kann es nicht darum gehen, dass Digitale als Notfallmedium für eine pandemische Zeit zu sehen. Im Gegenteil: Es ist (wie schon seit Jahren gefordert wird) an der Zeit, den Leitmedienwechsel ernst zu nehmen und die Kultur der Digitalität in ihrer Umfänglichkeit zu verstehen und in die Schulen zu lassen.

Das geht aber nur mit Zeit, und die ist in Zeiten allgemeiner Überforderung, Stress und schwieriger Personallage gering. Deshalb wäre mein Plädoyer an die Politik: Holt euch die Expertise von den digitalen Vorreitern und den Kollegien vor Ort. Überlegt euch verbindliche, aber flexibel umsetzbare Konzepte und gebt den Schulen Zeit – mehrere Wochen, jede Woche mehrere Stunden – die Konzepte so umzusetzen, dass sie nachhaltig und mehr sind, als kurzfristig überlegte Notfallangebote.

Jetzt ist die Zeit, in der wir von den Erfahrungen profitieren können. Oder wir verpassen einmal mehr die Möglichkeiten, im 21. Jahrhundert anzukommen.

Zu unserer Serie "Schule digital" finden Sie auch diese Beiträge:

(kbe)