Raumfahrt: 2021 will hoch hinaus

Seite 2: Die Rückkehr der Russen, chinesische Raumstationen und Jeff Bezos' Traum

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In den letzten Monaten gab es Gerüchte, dass die NASA versucht, die Mission bis 2025 zu verlängern, sodass Juno bei einigen der Jupiter-Monde Vorbeiflüge durchführen und sie aus nächster Nähe untersuchen könnte. Vielleicht verzögert sich das brutale Ende also noch um einige Jahre.

Erfolgswahrscheinlichkeit: 10/10. Wenn Junos Mission wie geplant endet, wird es praktisch gesehen schwer, die Zerstörung des eigenen Raumschiffs zu verhindern.

Die letzte Mondmission der Russen war Luna 24 im Jahr 1976. Möglicherweise in Reaktion auf die rasante Entwicklung von NASA Artemis und Chinas Monderkundungsprogramm hat Russland das Luna-Programm wieder mit einer 25. geplanten Mission auferweckt.

Losgehen soll es im Oktober. Luna 25 wird ein Lander sein, der sich zum Südpol des Mondes aufmacht. Die Raumsonde wird eine neue Landetechnik testen, welche Russland für zukünftige robotische Missionen plant. Zusätzlich befördert die Landefähre auch einige wissenschaftliche Werkzeuge zur Untersuchung der Mondoberfläche.

Erfolgswahrscheinlichkeit: 8/10. Russland weiß, wie man ein Raumschiff auf dem Mond platziert. Die manchmal chaotische Weltraumagentur des Landes muss es aber an den Start bringen.

Diese Mission wird SpaceX Crew Dragon nutzen, um eine private Crew für einen Aufenthalt von mindestens acht Tagen zur ISS zu schicken. Es wird die erste private Mission in den Orbit, die erste private Mission auf der ISS und das erste Mal, dass SpaceX private Bürger ins Weltall schickt. Und möglicherweise ist Tom Cruise einer davon.

Erfolgswahrscheinlichkeit: 9/10. Die Mission wird nicht starten, ehe kein Zweifel mehr an ihrer Sicherheit bestehen. Selbst geringe Bedenken und logistische Stolpereien könnten zu einer Verzögerung führen. Wenn es los geht, muss alles klappen.

Ein anderes NASA-Projekt, das immer wieder verschoben und jetzt auf den 31. Oktober terminiert wurde: das James Webb Space Telescope (JWST). Es ist eine der ambitioniertesten Forschungsmissionen der jüngeren Vergangenheit. In vielerlei Hinsicht kann es als Nachfolger des Hubble Space Telescope betrachtet werden, doch mit Fokus auf hochmodernste Infrarot-Beobachtungen aus der Erdumlaufbahn.

Damit hat die Mission ein außergewöhnlich hohes Potenzial, die Atmosphäre entfernter Expoplaneten und Exomonde zu untersuchen. So soll zum Beispiel geschaut werden, ob es biochemische Hinweise auf außerirdisches Leben gibt. Welch passende Unternehmung in der Halloween-Zeit.

Erfolgswahrscheinlichkeit: 3/10. Der Start dieser Mission ist so häufig verschoben worden, dass ein weiteres Mal nun wirklich niemanden mehr überraschen dürfte.

Es scheint soweit zu sein: Orion, die Weltraumkapsel, die die NASA gerade baut und mit der sie zukünftig Menschen vom Mond hin und zurück transportieren will (auch wenn das niemand schon 2024 erwarten sollte), wird erstmals seit 2014 Richtung All starten – und zum ersten Mal auch über die Erdumlaufbahn hinaus. Mit Artemis 1 wird eine unbemannte Orion auf eine 25,5-Tage lange Mission gehen, auf der sie für ein paar Tage auf den Mond und dann (hoffentlich) heil und sicher zurück auf die Erde reisen wird.

Die Mission will Hardware, Software und Lebenserhaltungssysteme der Orion testen. Es wird auch zwei Puppen geben, die in Sitze geschnallt und mit Sensoren ausgestattet werden, die messen, wie viel Strahlung die Crew innerhalb der Kabine ausgesetzt sein könnte. Artemis 1 wird darüber hinaus als erster Start des Space Launch System (SLS) dienen, der stärksten Rakete, die je gebaut wurde. Die Entwicklung des SLS wurde von unzähligen Verspätungen geplagt und es gibt keine Garantie, dass Orion oder SLS bis November fertiggestellt sein werden. Sollte das aber der Fall sein, darf man einen wahnsinnigen Start erwarten.

Erfolgswahrscheinlichkeit: 1/10. Das einzige NASA-Projekt, das mehr Verspätungen auf dem Buckel hat als das JWST, ist SLS. Diese Mission wird so gut wie sicher nicht zum geplanten Zeitpunkt starten.

Die nächste Phase von Chinas Tiangong-Programm ist eine modulare Raumstation im Orbit, die etwa dem Fünftel der Größe der ISS entspricht. China will den ersten Teil 2021 starten – ein zentrales Service-Modul namens Tinahe. Dies wird die erste von elf geplanten Missionen in den nächsten zwei Jahren, die das Ziel haben, eine vollständige Station aufzubauen, die Trios von Taikonaut-Crews mindestens ein Jahrzehnt dienen soll.

Erfolgswahrscheinlichkeit: 5/10. Auch China ist nicht gerade gut darin, Deadlines einzuhalten, aber die chinesische Weltraumagentur hadert mit weniger bürokratischen Unwägbarkeiten als die NASA.

Bei Virgin Orbit stehen die Kunden für 2021 schon Schlange für kleine Nutzlast-Missionen, obwohl das Unternehmen noch keinen erfolgreichen Testflug seines Flagship-Raumschiffs LauncherOne demonstriert hat. Virgin Orbit versucht, wie auch die Schwesterfirma Virgin Galactic, die Mission durch Air Launch Technology zu realisieren, bei der ein Flugzeug eine Rakete hoch in die Luft befördert und sie dann freisetzt. Den Rest des Weges übernimmt die dann selbst. Der erste Versuch eines solchen Starts im letzten Mai wurde aufgrund einer fehlerhaften Treibstoffleitung abgebrochen.

Virgin Orbit wollte den nächsten Versuch im Dezember unternehmen, doch die Corona-Situation hat das nicht zugelassen. Sobald wie möglich wird das Unternehmen wohl versuchen, sein Flugzeug zu starten. Sollte diese Mission wieder missglücken, würde das die gesamte Planung der Firma gefährden.

Erfolgswahrscheinlichkeit: 8/10. Wenn es Virgin Galactic gelingt, Menschen ins All zu befördern, dann wird Virgin Orbit das Gleiche doch sicher mit einem Satelliten schaffen – oder?

Das von Jeff Bezos geführte Weltraumunternehmen hat für 2021 gleich zwei große Missionen auf dem Zettel. So will es Menschen an Bord seiner Trägerrakete New Shephard auf einen suborbitalen Flug schicken. New Shephard ist bisher dreizehnmal gestartet, und der Booster hat seine Wiederverwendbarkeit durch vertikale Landungen nach dem Start demonstriert, ganz ähnlich dem Vorgehen bei der SpaceX Falcon 9. Die Firma hofft, dass die New Shephard Personen für einige Minuten im Rahmen touristischer Reisen nach oben schicken kann – aber nicht sehr weit, versteht sich.

Währenddessen wird ein weiteres, noch größeres Projekt möglicherweise 2021 abheben. Es nennt sich New Glenn und meint eine schwere Trägerrakete, die sogar stärker sein soll als die SpaceX Falcon Heavy. Obwohl von der Hardware noch nicht viel bekannt ist, hat Blue Origin Hoffnung, die New Glenn noch im laufenden Jahr zu starten.

Erfolgswahrscheinlichkeit: 2/10. Das Unternehmen will noch einige New-Shephard-Missionen durchführen, bevor Menschen sich in der Rakete anschnallen dürfen – 2021 wäre hierfür also ein allzu sportliches Ziel. Und die Entwicklung der New Glenn erfolgt sogar noch langsamer. (bsc)