Saubere Stromversorgung in den USA bis 2035? "Sehr lächerlich" laut Bill Gates

Auf der Klimakonferenz "Breakthrough Energy Summit" des Microsoft-Gründers in der vergangenen Woche sollte die Zukunft der Energieversorgung besprochen werden.

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Bill Gates.

(Bild: Shutterstock)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • James Temple
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Es war ein Treffen der ganz Großen: Bill Gates, aber auch US-Klima-Papst John Kerry und die US-Energieministerin Jennifer Granholm trafen sich in der vergangenen Woche auf der "Breakthrough Energy Conference", der Veranstaltung des gleichnamigen Fonds, den der Microsoft-Gründer aufgelegt hat. Das Event begann mit durchaus positiven Tönen – doch es gibt noch viel zu tun, wie sich schnell herausstellte.

Die US-Regierungspolitik – und die in vielen anderen Ländern des globalen Nordens – beschleunigt mittlerweile Projekte für saubere Energie. Die Kosten der Erneuerbaren sinken weiter. Und riesige Summen an privatem und öffentlichem Kapital fließen in Klimatechnologien. Dennoch haben sich diese Fortschritte noch nicht in einer deutlichen Verringerung der Treibhausgasemissionen niedergeschlagen. Unterdessen erschweren geopolitische Konflikte und ein weltweiter wirtschaftlicher Gegenwind die Bemühungen, den globalen Temperaturanstieg einzudämmen.

Gates konzentrierte sich bei seinem Vortrag hauptsächlich auf die vielversprechenden Investitions- und Industrietrends, die er beobachtet habe. Er sagte, dass er und andere Investoren seines ursprünglichen Fonds in Höhe von einer Milliarde US-Dollar, zu denen auch Amazon-Gründer Jeff Bezos und der Vorsitzende von Kleiner Perkins, John Doerr, gehören, bei der Auflegung im Jahr 2015 besorgt gewesen seien, dass sie nicht genügend vielversprechende Start-ups finden würden, die sie mit dem Geld finanzieren könnten. Doch inzwischen hat das Unternehmen mehr als 100 Unternehmen versorgt, die an langfristigen Energiespeichern, Alternativen für Fleisch, effizienten Gebäuden, sauberem Stahl und anderen Methoden zur Emissionssenkung arbeiten.

Gates sagt, er sei "erstaunt" über die Fortschritte, die er in den letzten sieben Jahren bei einigen der schwierigsten technischen Herausforderungen des Klimawandels beobachtet hat. Breakthrough Energy schloss 2021 einen Milliarden-Dollar-Fonds, und Gates sagte, das Unternehmen betonte, "noch einige weitere" aufzulegen. Breakthrough Energy hat seinen Auftrag auch über Investitionen hinaus erweitert, indem es politische Maßnahmen vorantreibt, Stipendien anbietet und andere Klimabemühungen unterstützt.

Gates wies darauf hin, dass die Risikokapitalinvestitionen in saubere Energie, die 2015 fast auf dem Tiefpunkt waren, wieder stark angestiegen seien und dass die Kosten für Windkraft, Solarenergie und Lithium-Ionen-Batterien weiter gesunken sind. In einer weiteren Session auf der Veranstaltung stellte die US-Energieministerin Jennifer Granholm drei neue US-Gesetze vor: den "Inflation Reduction Act", den "CHIPS and Science Act" und den "Infrastructure Investment and Jobs Act".

Sie bezeichnete sie als "bahnbrechende Neuerungen", die die Umstellung der Nation auf saubere Energie beschleunigen und die US-Wirtschaft ankurbeln werden – und fügte hinzu, dass sie bereits begonnen hätten, private Investitionen in Höhe von mehreren Milliarden Dollar in US-Produktionsanlagen anzustoßen.

Mehr rund um den Klimawandel

Granholm sagte, dass das Energieministerium jetzt daran arbeite, den Bau von Wasserstoffzentren, Energiespeicherprojekten und Anlagen, die Kohlendioxid aus der Luft absaugen können, in Gang zu bringen und so eine "Brücke der Verlässlichkeit" für diese aufstrebenden Industrien zu bauen. Doch trotz aller Fortschritte gibt es immer noch große Hindernisse, die Emissionen schnell genug zu senken, um die schlimmsten Gefahren durch den Klimawandel zu vermeiden. Gates sagte, dass ein realistischer Blick auf die Fortschritte der Länder bei der Erreichung der kurzfristigen Emissionsziele im Rahmen des Pariser Klimaabkommens die Menschen "sehr deprimiert" machen könne. In der Tat haben die weltweiten Emissionen im vergangenen Jahr einen neuen Rekord erreicht und sind bis 2022 weiter angestiegen.

Gates nannte es zudem "sehr lächerlich", dass man glaube, dass die USA schon bis 2035 ein Netz für sauberen Strom aufbauen könnten. Da helfen auch die vielen Milliarden für Wind- und Solarprojekte nichts – oder die Tatsache, dass dies ein erklärtes Ziel der Regierung Biden ist. Er machte dafür vor allem die erheblichen Schwierigkeiten bei der Genehmigung von Stromleitungen durch das ganze Land verantwortlich, die laut Studien für den Aufbau eines modernen, zuverlässigen und überwiegend mit erneuerbaren Energien betriebenen nationalen Stromnetzes unerlässlich sind – ein Problem, das man nur allzu gut auch aus Europa kennt.

Die Genehmigung solcher Projekte kann in den USA derzeit leicht mehr als ein Jahrzehnt in Anspruch nehmen, da sie die Zuständigkeiten mehrerer Städte, Landkreise und Bundesstaaten betreffen. Viele werden von vorne herein abgelehnt, selbst wenn sie helfen könnten, die Emissionen deutlich zu senken oder den Haushalten günstigeren Strom zu liefern. Ein kürzlich auf US-Bundesebene eingebrachter Gesetzentwurf, der Bestimmungen zur Vereinfachung solcher Genehmigungen enthielt, scheiterte im amerikanischen Kongress.

John Kerry, der Sonderbeauftragte des US-Präsidenten für Klimafragen, wiederholte diese Bedenken bei einer Pressekonferenz letzte Woche und betonte die Notwendigkeit, eine echte Reform der Genehmigungsverfahren zu verabschieden, wenn die Abgeordneten wieder zusammentreten. "Es gibt keine Möglichkeit, unsere Ziele zu erreichen, wenn es zehn Jahre dauert, bis solche Projekte genehmigt werden", sagte er.

Auf die Frage, wie die steigende Inflation, die schwächelnde Weltwirtschaft und die durch die russische Invasion in der Ukraine ausgelöste Energiekrise in Europa die Bemühungen der Länder um die Einhaltung der Emissionsziele im Vorfeld der UN-Klimakonferenz im nächsten Monat in Ägypten erschweren, antwortete Kerry: "Putins illegale Invasion in der Ukraine ist ein weiterer Grund, warum wir uns nicht auf die Klimaziele konzentrieren können." Sie habe sich auf die allgemeine Wirtschaftslage weltweit ausgewirkt. "Dies hat die Energiepreise in die Höhe getrieben und die steigende Inflation verschärft, was die Länder in eine schwierige Lage gebracht hat", sagte er.

So hat der Konflikt die Erdgaslieferungen eingeschränkt und die Nachfrage nach Kohle auf ein Allzeithoch im Zehnjahresvergleich steigen lassen. Es gibt wachsende Bedenken, wie es den Europäern in den kommenden Wintermonaten ergehen wird, wenn die Temperaturen fallen. Experten befürchten, dass steigende Kosten und eine Verknappung des Angebots die Fortschritte bei den ehrgeizigen Klimazielen der EU verlangsamen werden.

Kerry gab sich jedoch nicht nur negativ. Er glaube, dass die Krise vorüber gehen werde. Auch die jüngsten politischen Maßnahmen und die Menge an Risikokapital, das in saubere Energie fließt, seien ermutigend. Wie andere äußerte sich auch Kerry insgesamt optimistisch, wenn auch mit (deutlichen) Einschränkungen. "Ich bin davon überzeugt, dass wir zu einer kohlendioxidarmen oder kohlendioxidfreien Wirtschaft, einer Wirtschaft mit sauberer Energie, gelangen werden", sagte er "Aber ich bin nicht davon überzeugt, dass wir es rechtzeitig schaffen werden, um die schlimmsten Folgen der Klimakrise auf unserem Planeten zu verhindern."

Gates schloss mit einer deutlich positiveren Note. Er sei nach wie vor zuversichtlich, dass die Welt in den kommenden Jahren die Emissionsreduzierung deutlich beschleunigen werde, da die Arbeit des privaten Sektor und der Regierung die Kosten für saubere Technologien weiter senken würden. Er fügte hinzu, dass es für Aktivisten, Unternehmer, Forscher und andere, die sich für die Lösung großer Probleme engagieren, von "entscheidender Bedeutung" sei, die Fortschritte aufzuzeigen, die wir in Bereichen erzielen, die sich wirklich für das Klima auszahlen werden. "Die Menschen dürfen nicht aufgeben", sagte Gates.

(jle)