Abkehr von Nord Stream: Gazprom legt Verdichterstationen angeblich still

Offenbar glaubt auch auf russischer Seite niemand mehr, dass die Ostsee-Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 bald repariert werden. Gazprom zieht Konsequenzen.

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Grafik der Verdichterstation Portowaja

Die Grafik zeigt die Verdichterstation Portowaja in Russland – von dort aus wurde das Gas in die Nord Stream 1-Pipeline nach Deutschland gepumpt.

(Bild: Nord Stream AG)

Lesezeit: 3 Min.

Der russische Energiekonzern Gazprom legt laut einem Medienbericht seine Gaspumpanlagen für die beiden Nord Stream-Pipelines still. Ob und wann die durch die Ostsee führenden Gasleitungen repariert werden, sei weiterhin unklar. Deshalb ziehe das Unternehmen jetzt die Konsequenzen. Allerdings sei derzeit kein kompletter Rückbau geplant.

Die Kompressorstation Portowaja hatte bereits im Sommer für Schlagzeilen gesorgt. Seinerzeit waren die Gaslieferungen über die 1200 Kilometer lange Pipeline Nord Stream 1, die in Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern) anlandet, gedrosselt worden – angeblich wegen Reparaturbedarfs in der russischen Station. Mehrere Wochen lang gab es öffentlich einen Streit darüber, dass Kanada und Deutschland angeblich eine in Reparatur befindliche Gasturbine wegen der Sanktionen gegen Russland zurückhalten. Die deutsche Seite versuchte zu vermitteln und brachte die Turbine von Kanada nach Deutschland. Dort steht sie heute noch.

Nach der Sabotage an den beiden Pipelines Ende September, bei denen mindestens drei der insgesamt vier Stränge nach der dänischen Insel Bornholm zerstört wurden, ist die Zukunft der Pipelines ungewisser denn je. Zuvor waren die Gastransporte über Nord Stream 1 von russischer Seite bereits Ende August komplett eingestellt worden. Zur Begründung hieß es, die Anlagen hätten wegen der Sanktionen nicht gewartet werden können. Die Betreibergesellschaft von Nord Stream 2, die der russischen Gazprom gehört, behauptete, ein Strang der fertiggestellten und zu Betriebszwecken mit Gas befüllten, aber nie in Betrieb gegangenen Pipeline sei nach den Sprengstoffanschlägen aber noch funktionstüchtig. Dies wird von deutscher Seite bezweifelt.

Die russische Zeitung Kommersant berichtet jetzt, dass die Verdichterstationen in Portowaja und Slawjanskaja stillgelegt werden. Gazprom äußerte sich nicht dazu. Die technischen Anlagen sollen aber vor Ort bleiben, da das Unternehmen andernorts keine Verwendung für sie hat. Die Stilllegung dauere drei bis fünf Monate und koste zwischen zwei und drei Milliarden Rubel (umgerechnet 31 bis 47 Millionen Euro). Eine Reaktivierung sei möglich.

Die Gasverdichterstation Portovaya, von der aus die Pipeline Nord Stream 1 in die Ostsee führt, habe neun Gasverdichtereinheiten. Diese werden mit sechs Siemens-A65 Gasturbinen betrieben, die auf Rolls-Royce-Flugzeugtriebwerken basieren. Zudem gebe es drei kleinere Turbinen des Typs SGT-A35. Für den Betrieb werden sechs der neun Turbinen eingesetzt, wobei eine im Stand-by sei, um im Bedarfsfall für eine der anderen fünf einzuspringen. In der Verdichterstation Slavyanskaya, die Nord Stream 2 mit Gas befüllt, sind elf Turbinen des russischen Typs Ladoga-32 GCUs installiert, die Erdgas mit einem Druck von 120 bar pumpen können. Die Pipeline Nord Stream 2 wurde mit einem Druck von 105 bar betrieben.

Eine Gasturbine vom Typ Siemens-A65 – sechs davon wurden bislang für die Pipeline Nord Stream 1 eingesetzt

(Bild: Siemens Energy)

Wer für die Sabotage an den Nord Stream-Pipeline verantwortlich ist, liegt weiter im Dunkeln. Zuletzt hatten die schwedischen Ermittlungsbehörden bekannt gegeben, dass sie bei ihren Ermittlungen Sprengstoffreste gefunden haben. Auch die Betreibergesellschaft Nord Stream äußerte sich zuletzt vor einigen Wochen, als sie mit Erkundungsarbeiten an der Schadstelle in dänischen Gewässern beginnen wollte. An der Pipeline Nord Stream 1 beteiligte europäische Energiekonzerne wie Eon haben die Leitungen bereits abgeschrieben.

(mki)