Apples geheimer KI-Gipfel: Viele Fragen, kaum Antworten

Mit ChatGPT & Co. steigen die Erwartungen an Apple, sich bei KI zu profilieren. Ein interner "KI-Gipfel" sollte Antworten liefern, aber es bleiben Fragen.

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Steve Jobs Theater

Apples interner KI-Gipfel fand im Steve Jobs Theater statt.

(Bild: Apple)

Lesezeit: 5 Min.

In Apples Hardware steckt nach Ansicht des Herstellers einiges an Potenzial für Anwendungen mit Künstlicher Intelligenz und Maschinenlernen. Das Unternehmen wirbt regelmäßig mit der Leistungsfähigkeit seiner Neural Engine, die in den eigenen Apple-Silicon-Chips eingebaut ist. Doch um das Potenzial der Hardware zu heben, bedarf es Software, die davon Gebrauch macht. Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen rund um die Text-KI ChatGPT und Kunst-KIs wie Midjourney waren die Erwartungen hoch, als Medienberichte über einen internen KI-Gipfel in Cupertino kursierten. Die Veranstaltung hat laut aktuellen Erkenntnissen aber wohl eher neue Fragen aufgeworfen und noch keine Antwort Apples auf den derzeitigen Hype aufgezeigt.

Der sogenannte AI Summit, den Apple jährlich abhalte, fand zum ersten Mal seit Beginn der Coronapandemie wieder in Präsenz statt. Bloomberg-Journalist Mark Gurman berichtet in der aktuellen Ausgabe seines Power-on-Newsletters über die Ergebnisse der Mitarbeiter-Messe im Steve-Jobs-Theater am Apple-Stammsitz. Für Mitarbeiter an anderen Standorten gab es einen Livestream. Apple nutzt das Theater häufig für Medienveranstaltungen und Keynotes.

Auch wenn Apple manchem in Sachen KI eher unscheinbar erscheint, sind die Kalifornier mit dem Thema schon eng befasst und Ergebnisse der Arbeit sind längst im Alltag der Nutzer angekommen. John Giannandrea, Senior Vice President für Machine Learning und KI-Strategien, gab dem US-Techblog Ars Technica bereits vor drei Jahren einen Einblick, in wie vielen Anwendungen KI und Machine Learning stecken. Beim Zeichnen auf mit dem Apple Pencil auf dem iPad unterscheidet die Software etwa per ML, ob eine Berührung des Bildschirms mit der Hand eine gewollte Eingabe oder ein Versehen ist. Auch das Ladeverhalten der Apple-Geräte werde von maschinellem Lernen beeinflusst, damit die Akkus länger halten. In der Fotos-App sorgt KI im Hintergrund dafür, Gesichter Personen zuzuordnen und Landschaften oder Tiere per Suche auffindbar zu machen. Schon vorher unterstützt die künstliche Intelligenz beim Fotografieren, indem sie aus Serienbildern die beste Aufnahme heraussucht. Und nicht zuletzt spielen KI und ML auch bei der Gesichtserkennung Face ID eine große Rolle.

Die hardwareseitige Grundlage hierfür bildet die Neural Engine, die Apple im Jahr 2017 mit dem A11-Chip im iPhone X einführte. Laut Apple Machine-Learning-Blog ist ihre Leistung seither erheblich gesteigert worden, wenngleich dies in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit meist hinter den Leistungsdaten von CPU und GPU zurückgetreten ist. Während der Spitzendurchsatz bei der ersten Auflage der Neural Engine noch bei 0,6 Teraflops lag, steigerte er sich bis zum Jahr 2021 und der fünften Generation des Chips auf die 26-fache Rechenleistung mit 15,8 Teraflops. Das iPad verfügt seit dem A12-Chip über eine Neural Engine, beim Mac erfolgte die Einführung mit dem M1. Die Neural Engine im iPhone 14 Pro und iPhone 14 Pro Max wurde mit ihren 16 Kernen laut Apple noch einmal leistungsfähiger. Sie schaffe inzwischen fast 17 Billionen Rechenoperationen pro Sekunde.

Tim Cook macht in Fragerunden mit Analysten keinen Hehl daraus, dass KI und ML einen Schwerpunkt Apples bilden und dass er ein enormes Potenzial sehe. Doch Cook schwärmt immer wieder mal auch von Augmented Reality – einem weiteren Feld, in dem momentan die Gerüchteküche das Sagen hat und wo unklar ist, ob und wie das einmal in konkrete Produkte mündet. Auf dem Wunschzettel vieler Nutzer dürfte vermutlich Sprachassistentin Siri für einen deutlichen KI-Schub ganz vorn stehen, da ihre Dialog- und sonstigen Fähigkeiten immer wieder mal in der Kritik stehen.

Der Druck auf Apple, so wie Google schnellstmöglich auf Microsofts KI-Offensive mit ChatGPT zu reagieren, dürfte durch die jüngsten Ereignisse aber wohl eher wieder etwas abgenommen haben. Microsoft hat die Nutzung limitiert, nachdem die KI ein unangemessenes Verhalten gezeigt hatte. Bloomberg zitiert aus einer Broschüre, in der Apples KI-Chef davon schwärmt, dass das Unternehmen mit seinen Talenten an der Spitze stehe. Ob diese Fähigkeiten eher unter der Haube des Betriebssystems für einen weiteren Schub sorgen sollen oder ob Apple im Laufe des Jahres vielleicht doch noch eine große KI-Überraschung bereithält, war zumindest durch die Versammlung in Cupertino wohl nicht zu klären.

(mki)