Auflösungserscheinungen und Preisverdoppelung – die Fotonews der Woche 11/2024

Der PIV löst sich auf, die SD-Karte vielleicht auch bald. Fuji wagt sich an eine andere Sofortbildkamera und einer wichtiger Fotowettbewerb ist entschieden.

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Das Siegerbild in der offenen Kategorie der Sony World Photography Awards zeigt einen Brand am Titicacasee im Kontrast zu einem schwimmenden Dorf.

(Bild: Yan Li, China Mainland, Sony World Photography Awards 2024)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Nico Ernst
Inhaltsverzeichnis

Der König ist tot, es lebe der König – der Ruf des Herolds, durch den einst der Fortbestand der französischen Monarchie verkündet wurde, wirkt nur, wenn es einen Nachfolger gibt. Das ist beim Photoindustrie-Verbands (PIV) jedoch nicht der Fall. Das Gremium löst sich Ende 2024 schlicht auf, wer es beerben könnte, ist nicht abzusehen.

c't Fotografie 2/24

Seit 1948 kümmerte sich der Verband vorwiegend um die Gerätehersteller und den Handel, eben ganz im Stil eines klassischen Wirtschaftsverbandes. Aushängeschild war stets die Riesenmesse Photokina in Köln, die von 1950 bis 2018 stattfand. Mit dem Ende dieser zeitweise wichtigsten Fotomesse der Welt war auch das Ende des PIV abzusehen. Denn es geht um Geld, der Verband geht aus Finanzgründen auseinander. Offenbar waren die Einnahmen durch die Photokina recht wichtig, auch wenn die Kölnmesse GmbH der offizielle Träger war.

Um den Quasi-Nachfolger, die Photopia in Hamburg, muss man sich indessen keine großen Sorgen machen, denn dafür gab es bei der Presseveranstaltung 2023 eine deutliche Aussage zur Verlängerung – wenn dann auf drei Jahre. Dies ist mit der Photopia 2024 nun der Fall. Zwar dient der PIV dort noch als ideeller Träger, aber er war schon im Vorjahr kaum sichtbar. Da das Messegeschäft sich generell stark verändert, und durch die Pandemie auch je nach Veranstaltung zwei bis drei Jahre völlig zum Erliegen kam, darf man sich auf solche Zusagen aber nicht blind verlassen. Zwar an gänzlich anderen Problemen erstickt, sei dennoch an die Cebit erinnert: Da gab es auch das Versprechen, das neue Eventkonzept von 2018 mindestens drei Jahre durchzuziehen, dennoch wurde die Messe nach nur einem Versuch endgültig eingestellt.

Noch etwas länger dürften sich SD-Karten als ein wichtiges Speichermedium in Kameras halten, auch wenn unser Autor Matthias Proske in dieser Woche schon den "stillen Tod" der Kärtchen voraussah. Seine detaillierte Analyse zeichnet nach, wie die einst mächtige "SD Card Association" – noch so ein Industriegremium – sich langsam aber sicher von der "Compact Flash Association" die Butter vom Brot nehmen lässt. Denn neue Standards wie UHS-III und SD Express kommen im Vergleich zu den CFExpress-Karten nicht in Schwung.

Ohne diese, schon existierenden, und sehr schnellen Karten wären Geschwindigkeitsmonster wie die Sony A9 III gar nicht denkbar. Deren umfangreichen Test konnten wir Anfang der Woche auch endlich vorlegen. An ihr ist zudem sichtbar, wie leicht CFExpress neben all der konkurrierenden Standards und Geschwindigkeiten SD-Karten verdrängen könnte, denn sie besitzt zwei Kombi-Slots für beide Typen von Karten, wie auch schon andere Alphas.

Für die Kamerahersteller ist es also kein großer Aufwand, beide Formate zu unterstützen, und da setzt sich erfahrungsgemäß immer der modernere Standard durch. Ja, die Geschichte vom Sieg der VHS-Kassetten über das technisch überlegene Betamax ist auch in dieser Kolumne bekannt, aber das ist eher eine Ausnahme in der Geschichte der Technik. Und vor allem Sonys anfangs rigider Lizenzpolitik geschuldet.

Wenn man heute schon ein neues, proprietäres Format etablieren will, muss man von Anfang an ein breites Ökosystem rund darum anbieten. Das hat Fujifilm mit den kleinen Instax-Sofortbildfilmen getan und seitdem neben den kleinen, bunten und günstigen Knips-Kameras auch anspruchsvolleres Gerät im Angebot. So wie jetzt die neue Instax Mini 99, die nur äußerlich auf Retro getrimmt ist. Im Inneren besitzt sie jedoch eine Art analoge Bildbearbeitung: Vier LEDs können dank passender Software die Farbstimmungen mit den schicken Marketingnamen Warm Tone, Faded Green, Sepia, Light Leak, Soft Magenta und Light Blue direkt auf das Sofortbild bringen.

Angenehmer Nebeneffekt für den Hersteller: Wenn man die zusammen mit der ebenfalls neuen Vignettensteuerung alle durchprobiert hat, ist eine der Filmkassetten mit zehn Bildern schon fast aufgebraucht. So ist es auch möglich, ein weiteres Format zu bieten, Stichwort Ökosystem. Unter dem Namen "Photo Slide" soll das an die Haptik von Diafilmen erinnern, auch wenn die Mini 99 weiterhin nur Chemiebildchen belichten kann. Die bisherigen Instax-Kassetten passen weiter. Mit steuerbarer Vignette und etwas Belichtungsregelung verlangt Fuji für die Kamera mit 200 Euro mehr als das Doppelte der kleinen Instax-Modelle und mehr als für die hybride Instax Mini Evo, die Bilder auch digital speichern kann. Immerhin: Durch die LEDs und die ebenfalls neue Belichtungssteuerung hat das schon deutlich mehr von kreativem Fotografieren als bisherige Instaxe.

In ganz neue kreative Felder wagt sich demnächst Nikon nach der Übernahme von Red vor. Wie beide Unternehmen technisch zusammenpassen könnten, wurde ja schon ausführlich beleuchtet, und natürlich sind nun die Gerüchteküchen fleißig. Wenn sogar das sich selbst als Gerüchteseite bezeichnende Nikonrumours ausdrücklich auf den Status des Folgenden als, nun ja, Gerücht, hinweist, ist mit Halbgarem zu rechnen. Am plausibelsten scheint noch, dass Nikon sich zur Zukunft von Red auf der Broadcast-Messe NAB im April 2024 äußern will.

Aber dass die schon länger erwartete Kamera Z 6 III bereits mit Red-Technik versehen sein soll, ist reichlich spekulativ. Allenfalls würden wir da mit den Redraw-Codecs in der Kamera rechnen. Das wirkt glaubhaft, weil Adobe offiziell die Weiterentwicklung seiner Tools für Nikons N-Raw vorerst eingestellt hat. Ob es jedoch so bald Red-Kameras mit Z-Mount und passende Cine-Objektive geben wird, darf bezweifelt werden – der Entwicklungsaufwand dafür ist groß. Zudem sind professionelle Filmer an die Adaptierung von anderen Bajonetten als dem der Kamera gewohnt.

Unsere Empfehlung für einen Long Read zum Wochenende ist diesmal eher ein "Long Click", nämlich durch die Galerie der Gewinner des Sony World Photo Award. Die zeigt nicht nur die Siegerbilder, sondern auch viel von den Shortlists der einzelnen Kategorien. Und natürlich die zugehörigen Geschichten, denn um die geht es neben der optischen und technischen Brillanz der Bilder eben auch. So zeigt auch der Gesamtsieger, der hier auch als Titelbild dient, eindrücklich die Widersprüchlichkeit der Natur: Ganz friedlich liegt ein schwimmendes Dorf im Titicacasee, während am Horizont ein Flächenbrand naht.

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