Bundeskanzler Scholz gegen Auslieferung Julian Assanges an USA

Spät aber doch spricht sich Olaf Scholz gegen die Auslieferung von Wikileaks-Sprecher Julian Assange an die USA aus.​

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Transparent "FREE ASSANGE - no US extradition" mit Bild Julian Assanges; seinen Mund überklebt eine US-Fahne

Demonstration für Julian Assange (London, 5. Januar 2019). Assanges Gesundheitszustand hat sich seither offenbar sehr verschlechtert.

(Bild: Londisland / shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

"Ich hoffe, dass Julian Assange nicht an die USA ausgeliefert wird. Die drohende Gefängnisstrafe von bis zu 175 Jahren ist wie ein Tod auf Raten", hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei dem Besuch einer Schule in Sindelfingen gesagt. "Endlich ist das Schicksal von Julian Assange an der Spitze der Regierung angekommen", reagierte Mika Beuster, Bundesvorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV).

Der DJV, der auch Journalisten-Gewerkschaft ist, begrüßt Scholz' Einsatz für Wikileaks-Sprecher Julian Assange. Die USA haben vor rund fünf Jahren, unter US-Präsident Donald Trump, eine Anklage wegen Spionage gegen Assange veröffentlicht. Darin wird dem Australier nicht vorgeworfen, selbst spioniert zu haben. Die Anklage stößt sich vor allem daran, dass Assange geheime Informationen entgegengenommen und veröffentlicht habe. Teile davon waren geheime Informationen, die US-Behörden selbst von Bürgern anderer Staaten entgegengenommen hatten.

Mit der Anklage betritt die US-Staatsanwaltschaft juristisches Neuland; das inkriminierte Verhalten gehört nämlich zu den Kernaufgaben von Journalisten. US-Medienberichten zufolge hat die frühere Regierung unter Barack Obama abgelehnt, Assange nach dem Spionagegesetz anzuklagen, gerade weil das ein Angriff auf die Pressefreiheit wäre.

Assange sitzt seit April 2019 im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in London. Zuvor hatte er sich jahrelang in der Botschaft Ecuadors verschanzt, um einer Auslieferung an Schweden zu entgehen. Dort wurde wegen Vergewaltigung gegen ihn ermittelt. Assange betonte stets, die Vorwürfe in Schweden seien nur ein Vorwand, um ihn festnehmen und an die USA ausliefern zu können. Tatsächlich hat Schweden die Ermittlungen gegen Assange längst eingestellt.

Doch als eine neue Regierung in Ecuador an die Macht kam, setzte sie Assange in London vor die Türe, wo er prompt verhaftet wurde, weil er sich der britischen Justiz entzogen hatte. Wenig später veröffentlichten die USA ihre Anklage gegen Assange und beantragten dessen Auslieferung. Großbritannien ließ den Antrag auf Auslieferung Assanges bald zu.

Seither wehrt sich Assange gerichtlich gegen die Auslieferung, hat bislang aber keinen Durchbruch erzielt. Eine Anhörung im Februar sollte klären, ob der Mann noch einmal Berufung erheben darf. Die Entscheidung darüber steht aus.

Im Bundestagswahlkampfs 2021 hat sich Annalena Baerbock (Grüne) für Assanges Freilassung ausgesprochen. Seit sie Außenministerin der Bundesrepublik Deutschland ist, "verhallten alle Appelle an sie folgenlos", kritisiert Beuster, "Umso besser, dass sich der Regierungschef jetzt klar positioniert hat."

Der Kanzler hat bei seinem Schulbesuch als gut bezeichnet, "wenn die britischen Gerichte ihm den notwendigen Schutz gewähren, weil er ja mit Verfolgung in den USA rechnen muss, angesichts der Tatsache, dass er amerikanische Staatsgeheimnisse verraten hat", berichtet der DJV. Die Vertreter der Vereinigten Staaten hätten den britischen Richtern in der letzten Verhandlung nicht zusichern können, dass sich die mögliche Bestrafung in einem aus britischer Sicht vertretbaren Rahmen bewege, so Scholz.

Das US-Strafverfahren heißt USA v Julian Paul Assange und ist am US-Bundesbezirksgericht für das östliche Virginia unter dem Az. 1:18-cr-00111 anhängig.

(ds)