Das Ende der IT-Flaute -- auch eine Frage der Bilanzen

Die Bilanzen der IT-Schwergewichte sollen in den kommenenden drei Wochen Auskunft über den erwarteten Aufschwung geben -- und werden angesichts der jüngsten Skandale wohl genau unter die Lupe genommen.

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Von
  • Egbert Meyer

Wann geht die Flaute in der IT-Industrie zu Ende? Eine erste Antwort sollen die kommenden drei Woche bringen, in der mehr als ein Dutzend IT-Schwergewichte ihre Bilanzen vorlegen, darunter Sun Microsystems, Intel, Motorola, AMD, IBM, Nokia, Apple und Microsoft. Beobachter versprechen sich dadurch erste Hinweise auf den erwarteten Aufschwung. Nachdem die Börsenaufsicht (Securities and Exchange Commission) und US-Präsident Bush die Unternehmen zu einer sauberen Buchführung ermahnt haben, sind die Anleger und Analysten diesmal erpicht darauf, besonders genau auf die vorgelegten Zahlen zu schauen.

Beobachter rechnen deshalb mit einer zunehmenden Zahl an "Bilanz-Geständnissen". So erwartet etwa Brett Trueman von der Haas School of Business, dass Firmen den Wert von Akquisitionen berichtigen, die sie während der Hightech-Euphorie gemacht haben. Andere könnten ihre Praxis bei Leasing-Geschäften ändern, die häufig dazu diente, langfristige Verbindlichkeiten zu kaschieren.

Aufwärts oder tiefer ins Tal? Diese Frage beschäftigt auch die Wall Street, wo bereits die Sorge umgeht, dass die prognostizierten Gewinne der IT-Branche womöglich schwächer als erwartet ausfallen. Vor allem nach der Jahresmitte, so einige Analysten, könnte es zu spürbaren Einbrüchen kommen. Dabei hatte noch im April die Hoffnung überwogen. Die Mehrheit der Analysten ging da noch von einem realistischen Wachstum von 38 Prozent im zweiten Vierteljahr und stattlichen 132 Prozent im folgenden Quartal aus -- verglichen jeweils mit dem entsprechenden Vorjahrsquartal. Mittlerweile dämmert es aber den meisten, dass dieses Ziel zu hoch gesteckt war. Derzeit liegt die Erwartung niedriger, aber immer noch bei 26 Prozent -- wenn es gut läuft.

Davon gehen aber nur wenige aus, wenn Yahoo am Mittwoch die Zahlen präsentiert. Das Internet-Unternehmen leidet wie viele Medienhändler an einem deutlichen Rückgang bei den Werbeerlösen. Unterm Strich soll nach vielen dürren Jahren ein Quartalsgewinn von 2 Cents pro Aktie stehen. Im schwierigen Internet-Geschäft gilt das schon als unerwartet gute Nachricht. Anders sieht das bei den Chip- und Computerproduzenten aus, die in den kommenden Wochen ihre Bilanzen vorlegen wollen. So rechnet man bei Intel mit einem im Vergleich zum Vorjahr leicht rückläufigen Quartalsergebnis. Bei AMD ist sogar von einen erheblichen Verlust im operativen Geschäft die Rede. Einen Hoffnungsschimmer gibt es bei Sun Microsystems, wo man einen Rückgang der Bestellungen für Server beklagt. Die mögliche Rückkehr in die Gewinnzone, wird wohl nach den Verlusten zum Jahresanfang ein überwiegend positives Echo finden.

Zu den gedämpften Erwartungen trägt derzeit auch die Furcht vor neuen Terroranschlägen, der noch frische Schock des WorldCom-Skandals und die Erkenntnis bei, dass IT-Aktien allgemein zu teuer sind. Als Beispiel dafür dient Intel. Anfang der 90er Jahre wurden die Aktien des Chipgiganten zu einem Preis gehandelt, der 13 Mal höher als der Jahresgewinn war. Rund zehn Jahre später hatten sich die Anleger in der Hoffnung auf ungebrochenes Wachstum daran gewöhnt, das der Wert aller Intel-Aktien den Jahresgewinn bereits um das 31-fache überholt hatte.

Zurzeit weisen die Intel-Aktien vor dem Hintergrund der bisher größten Chipkrise einen Wert aus, der 44 Mal höher als der erwartete Gewinn des Unternehmens im 2. Quartal des laufenden Geschäftsjahres ist. Analysten wie Edward Yaren von Prudential Securities ernten deshalb viel Zustimmung, wenn sie von einer Überwertung fast aller IT-Aktien sprechen. Zwanzig Prozent Abschlag, so Yaren, wäre angemessen. (em)