Gamescom

"Game over" für Leipzig oder zweites Leben?

Die Entscheidung, im kommenden Jahr eine neue Spielemesse in Köln zu etablieren, ist längst gefallen. Doch Leipzig hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben.

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Von
  • Erik Nebel
  • dpa

Am liebsten würden sie die Frage zur Zukunft der Games Convention (GC) ganz verdrängen. "Jetzt zählt erstmal nur die GC in diesem August", sagt der Leipziger Messe-Chef Wolfgang Marzin und gibt damit die offizielle Sprachregelung vor. Hinter den Kulissen und in zahlreichen Internetforen allerdings bleibt die Frage zur Zukunft von Europas größter Messe für interaktive Unterhaltung weiter ein heiß diskutiertes Thema. Wird die siebte Auflage der GC von 21. bis 24. August tatsächlich die letzte in Leipzig sein?

Derzeit scheint alles möglich. Die Leipziger Messe jedenfalls will ihr Zugpferd unbedingt behalten. Dabei hat der Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) im Februar nach monatelangen Verhandlungen bekanntgegeben, künftig nicht mehr mit den Sachsen kooperieren zu wollen, sondern von 2009 an in Köln eine neue Messe unter den Namen GAMESCom auszurichten. An dieser Entscheidung ist aus Sicht des BIU nicht mehr zu rütteln. Das hieße also: "Game over" für Leipzig.

In Sachsen wollen sie die Hoffnung auf ein zweites Leben aber noch nicht aufgegeben. Messe-Chef Marzin wirbt aller Orten um die Gunst der Industrie – insbesondere im Ausland und bei den kleineren Unternehmen. Denn die sind bei der Entscheidung des BIU für Köln nicht gefragt worden. Der Branchenverband ist ein exklusiver Club mit gerade zwölf Mitgliedern, die aber nach eigenen Angaben einen Marktanteil von 80 Prozent in Deutschland haben.

Immer wieder wird gemunkelt, dass auch nicht alle Mitglieder des BIU hinter der Köln-Entscheidung stehen. Der Verband weist diesen Eindruck zurück. "Wir gehen davon aus, dass alle BIU-Mitglieder die GAMESCom in Köln unterstützen", erklärt BIU-Sprecher Arjan Dhupia.

Für zusätzliche Beunruhigung sorgt unterdessen, dass mit Nintendo eines der größten Unternehmen ein neues Marketingkonzept ausprobiert und in diesem Jahr nicht auf der GC vertreten ist. Manch einer in der Branche befürchtet schon, dass sich andere künftig daran ein Beispiel nehmen.

Der Markenname Games Convention gehört der Leipziger Messe – und sie denkt nicht daran, ihn abzugeben. Im Gegenteil: Marzin treibt trotz der düsteren Aussichten für Leipzig die Internationalisierung voran. Im September gibt es die zweite Auflage der GC Asia in Singapur, auch einen Ableger in Kanada hat der Messe-Chef ins Gespräch gebracht. Für Deutschland schlug Marzin kürzlich jährlich wechselnde Standorte vor. In der Schublade liegen aber auch Pläne für eine Konkurrenzveranstaltung zur Kölner GAMESCom. Ob sie herausgeholt werden, soll später entschieden werden.

Dafür aber müsste die GC 2008 zu einem riesigen Erfolg werden. Der Anspruch ist groß: "Ich erwarte die größte GC aller Zeiten", sagt Marzin. 2007 hatte die Messe mit offiziell 185.000 Besuchern das selbst gesteckte Ziel von 200.000 allerdings klar verfehlt. Mit einem deutlichen Wachstum in diesem Jahr soll der Branche der Umzug nach Köln so schwer wie möglich gemacht werden. "Wir wissen, was die Branche braucht und haben das Know-how", sagt Marzin. Insgeheim hoffen sie in Leipzig sogar, dass der BIU das Wagnis einer neuen Messe in Köln aufgibt.

Der BIU sieht kaum noch Wachstumsaussichten für die Branchenmesse in der sächsischen Metropole. Zum Beleg führt der BIU geringere Hotelkapazitäten sowie die "unterdurchschnittliche Anbindung" an das internationale Luftverkehrsnetz an. In Köln sei zudem das Einzugsgebiet größer.

Noch ist wenig zu den Plänen für die GAMESCom bekannt, lediglich das Datum vom 9. bis 13. September steht fest. "Zu gegebener Zeit", nach der GC, solle das Konzept präsentiert werden, heißt es beim BIU. In Internetforen fragen sich derweil viele, ob die Spielemesse überhaupt unbegrenzt wachsen kann und sollte. Eines der Hauptprobleme in den vergangenen Jahren war, dass die Aussteller nicht genügend Spielgeräte zur Verfügung stellen konnten, um langes Schlangestehen zu vermeiden. Diese Situation, so schreiben Internetuser, dürfte sich in Köln bei dem erwarteten größeren Besucheransturm nicht verbessern. (Erik Nebel, dpa) / (vbr)