Google I/O: Bard zieht überall ein und halluziniert sich nach Deutschland

Googles Konversations-KI Bard kann mehr und kommt in mehr Länder und Sprachen – doch Deutschland und Europa bleiben aus, aus Gründen?

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Inhaltsverzeichnis

Bard soll der gute Freund und Helfer in so ziemlich allen Google-Produkten werden. Die auf der neuen Version des Sprachmodells PaLM 2 aufgesetzte Konversations-KI kann mit OpenAIs ChatGPT verglichen werden. Mit dem Unterschied, dass ChatGPT nur Informationen bis 2021 auswerten kann, Bard hingegen das gesamte Internet kennt. Entsprechend liegt ein Vergleich mit Microsofts neuem Bing nahe, die Suche, in der eine Version von GPT-4 steckt. Doch Google trennt Bard und die KI-Suche in einer anderen Art als der Konkurrent. Bard soll als Chatbot wie Microsofts Copilot in Dienste einziehen, darunter die Suche. Diese bekommt einen abgeschlossenen KI-Informationsbereich, der über Bard hinausgeht.

Bereits seit März ist Bard für einzelne Menschen über eine Warteliste in den USA und Großbritannien verfügbar. Mit der I/O am gestrigen Mittwoch hat Google die Warteliste abgeschafft. Auf Englisch, Koreanisch und Japanisch ist Bard zudem in 180 Ländern verfügbar. Deutschland und auch der Rest der EU müssen warten. Zu befürchten ist, dass es am AI Act liegt, der aktuell von der EU-Kommission ausgehandelt wird. Dieser soll KI regulieren, Warnungen gibt es, er würde überregulieren, was dazu führen könnte, dass die EU abgehängt werde. Auf Nachfrage von heise online sagt Google: "Bard wird bald die 40 wichtigsten Sprachen der Welt unterstützen, einen genauen Zeitplan gibt es dafür noch nicht. Wir machen Bard stufenweise und verantwortungsvoll verfügbar, und werden weiterhin ein hilfsbereiter Partner für Regulierungsbehörden sein, um diese neue Technologie zu voranzubringen."

Google spricht davon, Bard werde bald auch in Deutschland verfügbar sein. Auf was sie genau warten und was bald ist, haben wir gefragt, aber noch keine Antwort bekommen. Manche Kollegen haben allerdings dennoch über den regulären Anmeldeweg Zugang bekommen, andere blieben auch mit VPN und separatem Google-Konto ausgeschlossen. So hatten wir immerhin die Möglichkeit, Bard ein paar Fragen zu stellen.

Erstaunlich ist, dass Bard behauptet, in Deutschland verfügbar zu sein. Die Google-Suche hingegen führt auf eine Übersichtsseite mit den richtigen Informationen – ohne Deutschland. "Wie wir von Anfang an gesagt haben, sind große Sprachmodelle immer noch eine aufkeimende Technologie mit bekannten Einschränkungen", heißt es denn passend im Blogbeitrag von Google zur Bard-Vorstellung auf der I/O. Google betont tatsächlich immer wieder, dass die eigenen Ansprüche und Standards Grund sind, die Technologie nicht großflächig verfügbar zu machen. Auch weist man stetig auf den Experiment-Status der KI hin. Bard, Bing und Co halluzinieren, was das Zeug hält.

Bard meint, in Deutschland verfügbar zu sein. Das stimmt leider nicht.

(Bild: Wolfgang Stieler)

Was Bard offenbar auch kann: Auf die Frage nach den Argumenten eines Artikels hinter der Bezahlschranke, konnte Bard antworten. Etwas, womit sich Konkurrent Bing zunächst eher schwertat, zumindest mit der Richtigkeit. In beiden Fällen kann man wohl davon ausgehen, dass die Suchmaschinen beziehungsweise Chatbots den Artikel für ihre Antworten nutzen können, allerdings können sie genauso gut völlig falsche Informationen einschleusen, ohne dass es direkt auffällt. Plausibel klingt es nahezu immer.

Bard schaut hinter Bezahlschranken.

(Bild: Wolfgang Stieler)

Bard wird auch multimodal, heißt, der Chatbot kann Text und Bilder – sowohl verstehen als auch erzeugen. Fragt man nach Sehenswürdigkeiten in New Orleans, antwortet Bard mit Fotos und Erklärungen zu den Orten. Das ist zwar nicht sonderlich weit weg von den Ergebnissen der bisherigen Suche, dafür aber deutlich übersichtlicher, als beispielsweise die Bildersuche und die Suche über Links. Zudem wird Google Lens in den Chatbot integriert. Dadurch versteht Bard Bilder, also was auf Bildern zu sehen ist, und kann, wie in der Demo auf der I/O gezeigt, beispielsweise passende Bildunterschriften erzeugen.

Bard generiert eine lustige Bildunterschrift.

(Bild: Screenshot Google I/O Keynote)

Eine weitere neue Funktion ist Bards Programmierkompetenz. Es gibt einen Dunkelmodus und einen Export-Button, beides hätten sich Entwickler gewünscht. Außerdem soll Bard bald bessere Quellenangaben machen. Bei der Ankündigung von Bards Code-Fähigkeit klang das noch wie folgt: "Quellen werden angegeben, sobald längere Teile übernommen wurden." Das klang im Umkehrschluss danach, als ob beim Kopieren von kurzen Passagen keine Quellenangabe gemacht wird.

Zu guter Letzt, wie Google schreibt, soll Bard bald in alle Apps und Dienste einziehen, "die wir bereits nutzen – Docs, Drive, Gmail, Maps und weitere". Alle Privatsphäre-Einstellungen entsprächen den vorherigen. Entscheidend dürfte dabei sein, ob die Konversationen mit Bard gespeichert und sogar ins Training des Sprachmodells zurückgespielt werden. OpenAI unterlag kurzzeitig einer Sperre in Italien, da die dortige Datenschutzbehörde unter anderem eine nicht ausreichende Aufklärung der Menschen über die Nutzung der Daten sah.

Wie auch bei ChatGPT gibt es künftig für Bard Erweiterungen. Adobe hat bereits angekündigt, den eigenen Bildgenerator Firefly anbinden zu wollen. Auch Spotify und Walmart sind dabei. Was die Erweiterungen dann konkret können, ist abzuwarten. Die Liste klingt mindestens ebenso spannend wie jene bei der Konkurrenz, es gibt einige Überschneidungen, darunter OpenTable und Wolfram.

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Update

Statement von Google ergänzt.

(emw)