IT-Verband hält Handy-Störsender in Gefängnissen nicht für realisierbar

Der Bitkom hat die Bundesratsinitiative Baden-Württembergs zur Unterbindung des Mobilfunkverkehrs in Justizvollzugsanstalten als rechtlich und technisch nicht machbar kritisiert.

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Der IT-Branchenverband Bitkom hat die Bundesratsinitiative Baden-Württembergs zur Unterbindung des unerlaubten Mobilfunkverkehrs in Justizvollzugsanstalten scharf kritisiert. Die Pläne aus dem Ländle zum Einsatz von Handy-Störsendern in Gefängnissen "sind rechtlich und technisch nicht realisierbar", interveniert Volker Kitz, Rechtsexperte bei dem Branchenverband. Der entsprechende Entwurf (Bundesrats-Drucksache 720/05, PDF-Datei) zu einer weiteren Änderung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) sehe einen generellen Einsatz technischer Geräte zur Störung von Frequenzen auf dem Gelände von Justizvollzugsanstalten vor. In dieser Pauschalität sei die Ermächtigung aber "viel zu weit gehend".

Konkret stößt sich der Bitkom etwa daran, dass die in der Begründung erwähnten Hausrechte der Anstaltsleiter sowie Verhaltensvorschriften zum Besitz bestimmter Gegenstände des Strafvollzugsgesetzes und zur allgemeinen Kontaktaufnahme mit Gefangenen zwar dazu berechtigen könnten, den Besitz von Gegenständen oder bestimmte Handlungen einzuschränken. Die zitierten Vorschriften seien aber keineswegs als Vollmacht zu interpretieren, um durch Störsender in Frequenznutzungsrechte einzugreifen. Die dadurch zu erreichende Arbeitserleichterung der Anstalten gehe zu Lasten der Privatwirtschaft und stelle somit einen "verfassungswidriger Eingriff in deren Rechtspositionen" dar. Die gegebenen Möglichkeiten zur Verhinderung der verbotenen Handykommunikation in Gefängnissen seien auch ausreichend, um das Problem in den Griff zu bekommen und weitere kriminelle Tätigkeiten via Mobiltelefon zu verhindern.

Allenfalls erforderlich wäre laut dem Branchenverband zumindest eine Präzisierung, welche die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme sicherstellt. Darüber hinaus müsste die Bundesnetzagentur die Rahmenbedingungen für derartige Störaktionen im Einvernehmen mit den betroffenen Unternehmen festlegen. Generell warnt der Bitkom aber davor, dass ein Störsender zur Abdeckung einer kompletten Justizvollzugsanstalt eine vergleichsweise hohe Sendeleistung erfordern würde. Die Auswirkungen könnten folglich nicht auf ein Gefängnisgelände begrenzt werden. Vielmehr sei die Beeinträchtigung der Funkversorgung auch in der Umgebung zu befürchten. Völlig ungeklärt sei auch, welche Effekte Störsender auf die gesamte Netzstabilität und ­qualität – selbst in weiter entfernten Funkzellen – hätten. Ein unvermeidliches "Überschwappen" und mögliche noch weiter gehende Störungen würden in rechtswidriger Weise den Geschäftsbetrieb der Netzbetreiber beeinträchtigen. Selbst die Frequenzen der Sicherheitskräfte, die in direkter Nachbarschaft zu GSM- und UMTS-Funkbereichen liegen, könnten beeinträchtigt werden.

Der Bitkom gibt noch zu bedenken, dass Notrufe über Mobiltelefon unmöglich gemacht würden. Nicht auszuschließen sei ferner ein unerwünschter Einfluss auf andere via Funk übertragene Notrufmechanismen innerhalb der Justizvollzugsanstalt, die etwa ein Angestellter bei einem Übergriff auslösen müsste. Die vermeintliche Lösung eines Sicherheitsproblems verursache damit nur ein weiteres. Darüber hinaus wäre auch die "erlaubte Kommunikation" der Gefängnismitarbeiter betroffen. Den sich aus diesen Nebenwirkungen möglicherweise ergebenden zivilrechtlichen oder strafrechtlichen Konsequenzen wären die Netzbetreiber "schutzlos ausgeliefert". (Stefan Krempl) / (jk)