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Intel Core i7-965 Extreme Edition rennt an die x86-Leistungsspitze

Christof Windeck

Erste Benchmarks und Messungen zeigen das Performance-Potenzial der Prozessoren aus Intels neuer Nehalem-Generation.

Intel Nehalem: 731 Millionen Transistoren auf 263 Quadratmillimetern

Intel Nehalem: 731 Millionen Transistoren auf 263 Quadratmillimetern

Eigentlich sollen die ersten drei Prozessoren aus Intels neuer Nehalem-Generation erst Mitte November starten, doch offenbar will Intel unbedingt den ersten 45-Nanometer-Serverprozessoren von AMD [1] zuvorkommen, die bereits bei Online-Händlern auftauchen. Der Halbleiter-Marktführer hat jedenfalls der weltweiten Presse erlaubt, ab heute über die vor einigen Wochen verteilten Test-Kits zu berichten. Darin enthalten: Die unter dem Codenamen Bloomfield entwickelten 45-nm-Vierkernprozessoren Core i7-965 Extreme Edition (3,2 GHz) und Core i7-920 (2,66 GHz), das Mainboard DX58SO [2] (Codename: Smackover [3]) mit dem Chipsatz [4] X58 (Tylersburg-36S/ICH10R), LGA1366-Prozessorfassung und drei DDR3-1066/PC3-8500-Speicherkanälen, zwei Prozessorkühler und eine der bereits vor einiger Zeit vorgestellten Solid State Disks (SSD, X25-M [5]/80 GByte).

Bei den Prozessoren der Nehalem-Generation hat Intel (wie beim Atom [6]) das mit dem Pentium 4 eingeführte und zwischenzeitlich abgeschaffte Hyper-Threading (HT) wieder reaktiviert, Intels Implementierung von Simultaneous Multi-Threading (SMT). Jeder der vier Core-i7-Kerne meldet dem Betriebssystem also noch einen zweiten, "logischen" oder virtuellen Kern, um die vorhandenen Rechenwerke in bestimmten Fällen besser auszulasten. Hyper-Threading ist aber nur eine von zahlreichen Nehalem-Neuheiten; unter anderem vollzieht Intel nun die Abkehr von der Frontsidebus [7]-Architektur: Der Speichercontroller steckt nun im Prozessor selbst und nicht mehr in der Northbridge [8] des Chipsatzes. Das soll die Latenzzeiten beim Zugriff auf das RAM deutlich verkürzen. Wie auch bei der K10-Generation der AMD64-Prozessoren sind beim Core i7 nun alle vier Kerne (mit je 256 KByte L2-Cache [9]), ein Speichercontroller (mit drei DDR3-Kanälen [10]), ein von allen Kernen gemeinsam genutzter (shared) L3-Cache (8 MByte) sowie ein schnelles externes Interface (QPI, bis zu 25,6 GByte/s [11]) auf einem Chip untergebracht, bei dem sich 731 Millionen Transistoren auf 263 Quadratmillimetern Fläche drängen. Zum Vergleich: AMD bringt bei den Phenoms und Quad-Core-Opterons aus der Dresdner 65-nm-Fertigung zurzeit 450 Millionen Transistoren auf einem SOI-Die [12] mit 285 Quadratmillimetern [13] Fläche unter.

Auch wenn es sich bei den Testmustern um von Intel handverlesene Exemplare der neuen Prozessoren handelt, so zeigen die ersten Benchmark-Ergenbisse doch deren enormes Potenzial: Im SPEC CPU2006 [14] und mit hoch optimiertem Code dank Intels neuester C/C++- und Fortran-Compiler [15] in Version 11 Beta, die bereits SSE4.2-Befehle nutzen, erreicht ein Core i7-965 Extreme Edition beim Ganzzahl-Durchsatz 110 Punkte (int_rate_base_2006) und bei Gleitkommaoperationen 85,1 Punkte (fp_rate_base_2006, gemessen jeweils unter Windows Vista 32-Bit). Damit überholt der erste Nehalem-Vertreter nicht nur alle bisherigen x86 [16]- beziehungsweise x64 [17]-Prozessoren, sondern sogar die meisten Tandems aus zwei Quad-Core-Opterons (2360 SE: 92,7 [18]/84,7 [19] Punkte) und kommt beim Gleitkomma-Durchsatz an zwei 3,2-GHz-Xeons heran [20]. Die CPU2006-Tests mussten wir – anders als sonst – unter 32-Bit-Windows und nicht unter 64-Bit-Linux durchführen, weil der 64-Bit-Code der Benchmark-Suite 2 GByte RAM pro Kern verlangt, bei acht Kernen also insgesamt 16 GByte; die Core-i7-Prozessoren können mit 2-GByte-DIMM [21]s auf Boards mit sechs Steckplätzen aber maximal 12 GByte RAM [22] ansteuern. Ungepufferte DDR3-SDRAM-DIMMs mit 4 GByte Kapazität sind bisher noch nicht lieferbar.

In praxisnäheren Benchmarks kann der Core i7-965 Extreme Edition seinem Vorgänger Core 2 Extreme QX9770 mit ebenfalls 3,2 GHz Taktfrequenz nicht so deutlich enteilen, insbesondere nicht bei Applikationen, die nur mit einem oder wenigen Threads parallel rechnen. Im BAPCo SYSmark 2007 [23] war der Core i7-965 jedenfalls um bloß 8 Prozent schneller als der Core 2 Extreme QX9770 auf einem X48-Mainboard [24] mit PC3-12800-Speicher (DDR3-1600), bei 3D-Spielen war der Nehalem-Vorsprung meistens gering. Lediglich World in Conflict [25] lastet offenbar mehrere Kerne aus und lief auf dem Core i7-965 etwas schneller; bei einigen anderen Spielen lag sogar ein Core 2 Duo E8600 (3,33 GHz) vorn.

Doch Multi-Threading-Applikationen wie das Kompilieren eines Linux-Kernels liefen um 26 Prozent schneller und der Rendering-Benchmark Cinebench R10 [26] um 34 Prozent schneller. Beim Kompilieren (22 Prozent) und Rendern (11 Prozent) brachte Hyper-Threading deutliche Vorteile, den BAPCo SYSmark 2007 bremste HT jedoch sogar minimal.

Das Core-i7-Gehäuse mit 1366 Kontakten ist größer als bei den bisherigen LGA775-Prozessoren

Das Core-i7-Gehäuse mit 1366 Kontakten ist größer als bei den bisherigen LGA775-Prozessoren

Bei unseren Benchmarks hatten wir den neuen Turbo-Modus [27] (Turbo Boost) aktiviert, sodass sich der Prozessor selbst übertaktet, wenn nicht alle Kerne voll ausgelastet sind; je nach CPU-Version steigert Turbo Boost die Taktfrequenz um eine oder mehrere Stufen, die jeweils 133 MHz betragen – das ist die Basisfrequenz des Prozessors, von dem die höheren Taktfrequenzen seiner Rechenwerke, des L3-Caches, des Speichercontrollers, der Speichermodule und des QPI abhängen. Bei unseren Messungen durften sich sowohl Core i7-965 als auch Core i7-920 um jeweils eine Stufe übertakten, was bestenfalls 5 Prozent Performance-Plus brachte – aber die Leistungsaufnahme des Rechners unter Volllast deutlich anschwellen ließ. Mit 194 Watt unter CPU-Volllast und 82 Watt im Leerlauf war das System mit Core i7-965 aber dann trotzdem noch etwas sparsamer als das möglichst identisch bestückte Vergleichssystem mit Core 2 Extreme QX9770 (Grafikkarte: jeweils Radeon HD 4550). Für unsere Messungen haben wir statt der Intel-SSD übrigens eine gewöhnliche, aber recht flotte SATA-Festplatte verwendet.

Mit einem sehr leistungsfähigen Kühler kann man auf Mainboards mit Übertaktungsfunktionen dem Core i7 eine höhere Thermal Design Power (TDP [28]) vorgeben, als er nominell hat (130 Watt). Wenn man dann noch höhere Turbo-Boost-Multiplikatoren freischaltet, errreicht die Übertaktungs-Automatik beim teuren Core i7-965 Extreme Edition die 4-GHz-Marke.

Außer Core i7-965 Extreme Edition (Listenpreis: 999 US-Dollar) und Core i7-920 (284 US-Dollar) will Intel auch noch einen Core i7-940 (2,83 GHz/562 US-Dollar) herausbringen; die für Mittelklasse-Boards mit LGA1160-Fassung vorgesehenen Nehalem-Versionen Lynnfield [29] (Quad-Core, möglicherweise ohne HT) und Havendale [30] (Dual-Core plus Grafik) kommen erst im dritten oder vierten Quartal 2009. LGA1366-Boards [31] mit X58-Chipsatz wollen außer Intel selbst mindestens noch Asus [32], EVGA, Gigabyte [33], Foxconn [34] und MSI [35] herausbringen, teilweise mit SLI-Funktion [36]; solche Boards werden durchweg über 200 Euro kosten. Jetzt muss Intel freilich noch unter Beweis stellen, den Core i7 und den X58-Chipsatz auch wie geplant ausliefern zu können. Datenblätter zu den Neuheiten werden erst ab Mitte November erwartet. (ciw [37])


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[1] https://www.heise.de/news/Erste-Online-Haendler-offerieren-45-nm-Opterons-214580.html
[2] http://www.heise.de/preisvergleich/a377294.html?cs_id=1206858352&ccpid=hocid-newsticker
[3] http://en.wikipedia.org/wiki/Smackover
[4] http://www.heise.de/glossar/entry/Chipsatz-399501.html
[5] https://www.heise.de/news/Intel-kuendigt-Auslieferung-schneller-Mainstream-SSDs-an-204269.html
[6] https://www.heise.de/news/Intel-stellt-Atom-230-und-Atom-N270-vor-211720.html
[7] http://www.heise.de/glossar/entry/Frontsidebus-395514.html
[8] http://www.heise.de/glossar/entry/Northbridge-399573.html
[9] http://www.heise.de/glossar/entry/Cache-395216.html
[10] https://www.heise.de/news/Speicherriegel-Dreierpacks-fuer-Intels-Core-i7-212869.html
[11] https://www.heise.de/news/HyperTransport-wird-noch-schneller-197157.html
[12] http://www.heise.de/glossar/entry/Die-398061.html
[13] http://www.amd.com/us-en/Processors/ProductInformation/0,,30_118_15331_15332%5E15347,00.html
[14] http://www.spec.org/cpu2006/
[15] http://www.intel.com/cd/software/products/asmo-na/eng/compilers/284527.htm
[16] http://www.heise.de/glossar/entry/x86-399507.html
[17] http://www.heise.de/glossar/entry/x64-397663.html
[18] http://www.spec.org/cpu2006/results/res2008q3/cpu2006-20080801-04850.html
[19] http://www.spec.org/cpu2006/results/res2008q3/cpu2006-20080801-04851.html
[20] http://www.spec.org/cpu2006/results/res2008q4/cpu2006-20081013-05587.html
[21] http://www.heise.de/glossar/entry/Dual-Inline-Memory-Module-395512.html
[22] https://www.heise.de/news/IDF-Core-i7-mit-8-MByte-L3-Cache-QPI-und-bis-zu-24-GByte-DDR3-1066-Speicher-198756.html
[23] http://www.heise.de/kiosk/archiv/ct/08/16/192_Messkoffer
[24] https://www.heise.de/news/X48-Mainboards-fuer-Core-2-Extreme-angekuendigt-Update-174178.html
[25] http://www.worldinconflict.com/de/
[26] http://www.maxon.net/pages/download/cinebench_e.html
[27] https://www.heise.de/news/IDF-Nehalem-mit-Turbo-Modus-748337.html
[28] http://www.heise.de/glossar/entry/Thermal-Design-Power-397869.html
[29] https://www.heise.de/news/IDF-Intel-konkretisiert-Nehalem-Plaene-197498.html
[30] https://www.heise.de/news/Potente-CPU-GPU-Kombiprozessoren-erst-2010-203585.html
[31] https://www.heise.de/news/Intel-rasselt-mit-dem-Nehalem-Saebel-753813.html
[32] http://www.heise.de/preisvergleich/a365753.html?cs_id=1206858352&ccpid=hocid-newsticker
[33] http://www.heise.de/preisvergleich/a377293.html?cs_id=1206858352&ccpid=hocid-newsticker
[34] http://www.heise.de/preisvergleich/a378149.html?cs_id=1206858352&ccpid=hocid-newsticker
[35] http://www.heise.de/preisvergleich/a372224.html?cs_id=1206858352&ccpid=hocid-newsticker
[36] https://www.heise.de/news/Nvidia-ermoeglicht-SLI-mit-Intel-Chipsatz-fuer-Core-i7-212843.html
[37] mailto:ciw@ct.de