Intel Core i7-965 Extreme Edition rennt an die x86-Leistungsspitze

Erste Benchmarks und Messungen zeigen das Performance-Potenzial der Prozessoren aus Intels neuer Nehalem-Generation.

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Intel Nehalem: 731 Millionen Transistoren auf 263 Quadratmillimetern

Eigentlich sollen die ersten drei Prozessoren aus Intels neuer Nehalem-Generation erst Mitte November starten, doch offenbar will Intel unbedingt den ersten 45-Nanometer-Serverprozessoren von AMD zuvorkommen, die bereits bei Online-Händlern auftauchen. Der Halbleiter-Marktführer hat jedenfalls der weltweiten Presse erlaubt, ab heute über die vor einigen Wochen verteilten Test-Kits zu berichten. Darin enthalten: Die unter dem Codenamen Bloomfield entwickelten 45-nm-Vierkernprozessoren Core i7-965 Extreme Edition (3,2 GHz) und Core i7-920 (2,66 GHz), das Mainboard DX58SO (Codename: Smackover) mit dem Chipsatz X58 (Tylersburg-36S/ICH10R), LGA1366-Prozessorfassung und drei DDR3-1066/PC3-8500-Speicherkanälen, zwei Prozessorkühler und eine der bereits vor einiger Zeit vorgestellten Solid State Disks (SSD, X25-M/80 GByte).

Bei den Prozessoren der Nehalem-Generation hat Intel (wie beim Atom) das mit dem Pentium 4 eingeführte und zwischenzeitlich abgeschaffte Hyper-Threading (HT) wieder reaktiviert, Intels Implementierung von Simultaneous Multi-Threading (SMT). Jeder der vier Core-i7-Kerne meldet dem Betriebssystem also noch einen zweiten, "logischen" oder virtuellen Kern, um die vorhandenen Rechenwerke in bestimmten Fällen besser auszulasten. Hyper-Threading ist aber nur eine von zahlreichen Nehalem-Neuheiten; unter anderem vollzieht Intel nun die Abkehr von der Frontsidebus-Architektur: Der Speichercontroller steckt nun im Prozessor selbst und nicht mehr in der Northbridge des Chipsatzes. Das soll die Latenzzeiten beim Zugriff auf das RAM deutlich verkürzen. Wie auch bei der K10-Generation der AMD64-Prozessoren sind beim Core i7 nun alle vier Kerne (mit je 256 KByte L2-Cache), ein Speichercontroller (mit drei DDR3-Kanälen), ein von allen Kernen gemeinsam genutzter (shared) L3-Cache (8 MByte) sowie ein schnelles externes Interface (QPI, bis zu 25,6 GByte/s) auf einem Chip untergebracht, bei dem sich 731 Millionen Transistoren auf 263 Quadratmillimetern Fläche drängen. Zum Vergleich: AMD bringt bei den Phenoms und Quad-Core-Opterons aus der Dresdner 65-nm-Fertigung zurzeit 450 Millionen Transistoren auf einem SOI-Die mit 285 Quadratmillimetern Fläche unter.

Auch wenn es sich bei den Testmustern um von Intel handverlesene Exemplare der neuen Prozessoren handelt, so zeigen die ersten Benchmark-Ergenbisse doch deren enormes Potenzial: Im SPEC CPU2006 und mit hoch optimiertem Code dank Intels neuester C/C++- und Fortran-Compiler in Version 11 Beta, die bereits SSE4.2-Befehle nutzen, erreicht ein Core i7-965 Extreme Edition beim Ganzzahl-Durchsatz 110 Punkte (int_rate_base_2006) und bei Gleitkommaoperationen 85,1 Punkte (fp_rate_base_2006, gemessen jeweils unter Windows Vista 32-Bit). Damit überholt der erste Nehalem-Vertreter nicht nur alle bisherigen x86- beziehungsweise x64-Prozessoren, sondern sogar die meisten Tandems aus zwei Quad-Core-Opterons (2360 SE: 92,7/84,7 Punkte) und kommt beim Gleitkomma-Durchsatz an zwei 3,2-GHz-Xeons heran. Die CPU2006-Tests mussten wir – anders als sonst – unter 32-Bit-Windows und nicht unter 64-Bit-Linux durchführen, weil der 64-Bit-Code der Benchmark-Suite 2 GByte RAM pro Kern verlangt, bei acht Kernen also insgesamt 16 GByte; die Core-i7-Prozessoren können mit 2-GByte-DIMMs auf Boards mit sechs Steckplätzen aber maximal 12 GByte RAM ansteuern. Ungepufferte DDR3-SDRAM-DIMMs mit 4 GByte Kapazität sind bisher noch nicht lieferbar.

In praxisnäheren Benchmarks kann der Core i7-965 Extreme Edition seinem Vorgänger Core 2 Extreme QX9770 mit ebenfalls 3,2 GHz Taktfrequenz nicht so deutlich enteilen, insbesondere nicht bei Applikationen, die nur mit einem oder wenigen Threads parallel rechnen. Im BAPCo SYSmark 2007 war der Core i7-965 jedenfalls um bloß 8 Prozent schneller als der Core 2 Extreme QX9770 auf einem X48-Mainboard mit PC3-12800-Speicher (DDR3-1600), bei 3D-Spielen war der Nehalem-Vorsprung meistens gering. Lediglich World in Conflict lastet offenbar mehrere Kerne aus und lief auf dem Core i7-965 etwas schneller; bei einigen anderen Spielen lag sogar ein Core 2 Duo E8600 (3,33 GHz) vorn.

Doch Multi-Threading-Applikationen wie das Kompilieren eines Linux-Kernels liefen um 26 Prozent schneller und der Rendering-Benchmark Cinebench R10 um 34 Prozent schneller. Beim Kompilieren (22 Prozent) und Rendern (11 Prozent) brachte Hyper-Threading deutliche Vorteile, den BAPCo SYSmark 2007 bremste HT jedoch sogar minimal.

Das Core-i7-Gehäuse mit 1366 Kontakten ist größer als bei den bisherigen LGA775-Prozessoren

Bei unseren Benchmarks hatten wir den neuen Turbo-Modus (Turbo Boost) aktiviert, sodass sich der Prozessor selbst übertaktet, wenn nicht alle Kerne voll ausgelastet sind; je nach CPU-Version steigert Turbo Boost die Taktfrequenz um eine oder mehrere Stufen, die jeweils 133 MHz betragen – das ist die Basisfrequenz des Prozessors, von dem die höheren Taktfrequenzen seiner Rechenwerke, des L3-Caches, des Speichercontrollers, der Speichermodule und des QPI abhängen. Bei unseren Messungen durften sich sowohl Core i7-965 als auch Core i7-920 um jeweils eine Stufe übertakten, was bestenfalls 5 Prozent Performance-Plus brachte – aber die Leistungsaufnahme des Rechners unter Volllast deutlich anschwellen ließ. Mit 194 Watt unter CPU-Volllast und 82 Watt im Leerlauf war das System mit Core i7-965 aber dann trotzdem noch etwas sparsamer als das möglichst identisch bestückte Vergleichssystem mit Core 2 Extreme QX9770 (Grafikkarte: jeweils Radeon HD 4550). Für unsere Messungen haben wir statt der Intel-SSD übrigens eine gewöhnliche, aber recht flotte SATA-Festplatte verwendet.

Mit einem sehr leistungsfähigen Kühler kann man auf Mainboards mit Übertaktungsfunktionen dem Core i7 eine höhere Thermal Design Power (TDP) vorgeben, als er nominell hat (130 Watt). Wenn man dann noch höhere Turbo-Boost-Multiplikatoren freischaltet, errreicht die Übertaktungs-Automatik beim teuren Core i7-965 Extreme Edition die 4-GHz-Marke.

Außer Core i7-965 Extreme Edition (Listenpreis: 999 US-Dollar) und Core i7-920 (284 US-Dollar) will Intel auch noch einen Core i7-940 (2,83 GHz/562 US-Dollar) herausbringen; die für Mittelklasse-Boards mit LGA1160-Fassung vorgesehenen Nehalem-Versionen Lynnfield (Quad-Core, möglicherweise ohne HT) und Havendale (Dual-Core plus Grafik) kommen erst im dritten oder vierten Quartal 2009. LGA1366-Boards mit X58-Chipsatz wollen außer Intel selbst mindestens noch Asus, EVGA, Gigabyte, Foxconn und MSI herausbringen, teilweise mit SLI-Funktion; solche Boards werden durchweg über 200 Euro kosten. Jetzt muss Intel freilich noch unter Beweis stellen, den Core i7 und den X58-Chipsatz auch wie geplant ausliefern zu können. Datenblätter zu den Neuheiten werden erst ab Mitte November erwartet. (ciw)