Kabelnetzbetreiber kritisieren österreichische DVB-Förderung

Die ORF-Tochter ORS hatte als einziger Bewerber die Zulassung für ein DVB-T-Netz erhalten. Ein Dorn im Auge ist den Kabelnetzbetreibern etwa der Digitalisierungsfonds, der den Rundfunkveranstaltern den Umstieg auf digitale Übertragung erleichtern soll.

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Die Förderung der TV-Digitalisierung aus Steuergeldern sowie der Vergabeprozess zum Betrieb des österreichischen DVB-T-Netzes wurde am heutigen Donnerstag von Thomas Hintze heftig kritisiert. Hintze ist Vorsitzender der Geschäftsführung von Österreichs größtem Kabelnetzbetreiber UPC Austria ("Telekabel") sowie Präsident des Branchenverbandes Multimedia Austria. Die ORF-Tochter ORS hatte im Februar als einziger Bewerber die Zulassung zum Betrieb eines DVB-T-Netzes erhalten. Am 27. September soll der Sendebetrieb auf kostenlos zugeteilten Frequenzen gestartet werden.

Ein Dorn im Auge ist den Kabelnetzbetreibern etwa der Digitalisierungsfonds, der den Rundfunkveranstaltern den Umstieg auf digitale Übertragung erleichtern soll. Außerdem sollen Konsumenten bei der Anschaffung von Empfangsgeräten finanziell unterstützt werden. Der Fonds wird seit 2004 "jährlich mit 7,5 Millionen Euro dotiert, die aus den Rundfunkgebühren (und zwar aus jenen Teilen, die gemeinsam mit dem ORF-Programmentgelt eingehoben werden, jedoch grundsätzlich dem Bundesbudget zukommen) gespeist werden", wie dem ersten Tätigkeitsbericht zu entnehmen ist.

Aus Hintzes Sicht sind diese Subventionen als "überteuertes Minderheitenprogramm" nicht gerechtfertigt, da 89 Prozent der österreichischen Haushalte bereits jetzt über Satellit und/oder Kabel fernsehen. "Wir sind nicht gegen die Digitalisierung, wir sind auch nicht gegen DVB-T. Wir sind gegen die Art und Weise, wie das mit Steuergeldern eingeführt und gegen die kommerziellen Dienste von Kabel- und Satellitenanbietern gestellt wird", betonte Hintze. Er verglich die Situation mit "einem Mobilfunkbetreiber, dem man zuerst die Frequenzen schenkt, dann den Netzausbau finanziert und schließlich auch noch die Handys schenkt."

In Deutschland habe die EU im Fall Berlin/Brandenburg ein ähnliches Modell bereits als illegale staatliche Beihilfe bezeichnet. Und auch der österreichische Pilotversuch in Graz (150 Nutzer) sei 2004 "mit aus unserer Sicht illegalen Beihilfen" finanziert worden. Die als Rechtsgrundlage bemühte Regionalförderung sei für kleinere und mittlere Unternehmen in einer bestimmten Region vorgesehen. Tatsächlich wären die Förderungen in Höhe von 4,85 Millionen Euro aber Siemens, Telekom Austria, ORF und der Regulierungsbehörde RTR zugeflossen.

Beim Digitalisierungsfonds wäre aus europarechtlichen Gründen zwar theoretisch auch die Förderung von Decodern für andere Übertragungstechnologien (DVB-C über Kabel oder DVB-S über Satellit) vorgesehen. Doch in der Praxis sei dies nutzlos, weil die Regulierungsbehörde nur Settop-Boxen mit MHP (Multimedia Home Platform) fördern wolle. "Boxen mit MHP sind 40 bis 50 Euro teurer", sagte Hintze, "und 40 Euro sind die Förderung."

Tatsächlich verhandelt die Behörde mit der Wirtschaftskammer über eine Förderaktion für den Frühherbst 2007. Dabei könnten 100.000 Kabelnutzer eine Gutschrift von 40 Euro beim Kauf einer Settop-Box erhalten. Diese müssten jedoch aus europarechtlichen Gründen einen offenen Middleware-Standard unterstützen – was im Endeffekt auf MHP hinausläuft, weil der in Großbritannien eingesetzte Alternativstandard MHEG-5 von den österreichischen TV-Sendern nicht unterstützt wird. Die Kabelnetzbetreiber setzen für ihre digitalen Programmangebote großteils einfache Decoder ohne MHP ein. Nur in Linz gab es bisher einen mit 1,5 Millionen Euro geförderten DVB-C-Pilotversuch mit MHP.

Wenig Verständnis bringt Hintze auch der kostenlosen Vergabe der Übertragungsfrequenzen entgegen. Die Mobilfunkbetreiber hätten für ihre Frequenzen viel Geld zahlen müssen, auch sein Unternehmen habe die Wimax-Frequenzen nicht kostenfrei erhalten. Aus Sicht des Geschäftsführers der Regulierungsbehörde, Alfred Grinschgl, ist Rundfunk aber nicht mit Mobilfunk zu vergleichen: "Bei der Vergabe von Rundfunkfrequenzen geht es nicht nur ums Geld." Aus Gründen der Meinungsvielfalt, sei eine Zuteilung an den Meistbietenden "ein denkbar ungünstiger Weg (...). Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber für die Vergabe von Rundfunkfrequenzen einen 'Beauty Contest' mit gesetzlich festgelegten Auswahlkriterien vorgesehen." (Daniel AJ Sokolov) / (jk)