Computex

Mobile Internet Devices: Nvidia und ARM kontra Intel und Asus

Mit zwei neuen Chips will sich Nvidia ein Scheibchen von Intels MID-Kuchen abschneiden.

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Von
  • Benjamin Benz

ARM bemühte sich zu widerlegen, dass ARM-CPUs Webseiten schlechter darstellen als x86-Prozessoren...

Auf der Computex hat Nvidia sich bemüht, Intels MID-Marketing-Lok vor den eigenen Zug zu spannen: Die zwei neu vorgestellten Tegra-Chips für Mobile Internet Devices (MID) bestehen aus je einem ARM11-Kern, der sich um die generellen Aufgaben kümmert, sowie einem GeForce-Grafikkern für die Grafikausgabe und das Abspielen von Videos. Dazu kommen noch Speicher und einige Peripherie-Baugruppen für HDMI, USB und Co. Tegra 600 und Tegra 650 unterscheiden sich dabei im Wesentlichen beim Takt der Kerne und ihren Video-Fähigkeiten. So zeigt der Tegra 650 ein 1080p-Video mit 24 Bildern pro Sekunde an, wohingegen sein kleiner Bruder nur 720p schafft. Allzu viele technische Details – wie die Taktfrequenz des GeForce-Kerns – gab es allerdings in Taipeh noch nicht; dafür allerdings eine neue Runde in der Schlammschlacht zwischen ARM und Intel.

... und revanchierte sich bei Intel unter anderem mit einer Aufstellung über Akkulaufzeiten.

ARM-Chef Warren East nutzte seinen Gastauftritt bei Nvidias Tegra-Vorstellung auf der Computex, um sich für Intels Attacken vom IDF in Shanghai zu revanchieren. Dort hatte der Chef von Intels Ultra Mobility Group, Anand Chandrasekher, eine Statistik darüber gezeigt, wie viele Darstellungsfehler Geräte mit ARM-CPUs bei verschiedenen Internet-Seiten liefern würden. In Taipeh zeigte diesmal eine Folie, dass ARM-Geräte das auch ohne Fehler können. Als Retourkutsche gab es eine Aufstellung über Akkulaufzeiten von Geräten mit Intel-Atom- und ARM-CPUs. Um Objektivität war ARM dabei wohl ebenso (wenig) bemüht wie Intel bei seiner Studie. Jedenfalls gehen auf der Folie geschätzte und gemessene Ergebnisse munter durcheinander und die Kapazität eines 1,4-Ah-Akkus wird nur durch den Leistungsbedarf des Kerns geteilt – just so, als würde der Rest des Systems keinen Strom brauchen. Am Ende solcher Rechnungen stehen freilich eingängige Zahlen: Hält ARM den Average-Modus 10,6 Tage durch, so schafft Intel das nur acht Stunden.

Den Flächenbedarf der drei großen Chips auf dieser Hauptplatine eines Eee PC verglichen ARM und Nvidia mit dem ....

Ein zweites, ähnlich irreführendes Scheinargument lieferte die Gegenüberstellung der Hauptplatine eines Asus Eee PC mit einem Tegra-Prozessor. Belegt Letzterer gerade einmal 144 mm² auf einer Platine, so brauchen CPU, North- und Southbridge des Eee PC – laut Nvidia – zusammen 1250 bis 1850 mm². Dabei wurde geflissentlich ignoriert, dass im Eee PC kein Atom-Prozessor, sondern ein mehrfach größerer Celeron M steckt. Zudem besteht der Atom-Chipsatz Poulsbo für MIDs nur aus einem Chip, der die Funktionen von North- und Southbridge kombiniert. Aber auch nüchtern betrachtet können sich Tegra-Chips sehen lassen: So soll sich ein Tegra-Chip im Leerlauf mit 100 mW begnügen und selbst beim Dekodieren eines HD-Videos nicht mehr als 3 Watt verheizen.

... eines Tegra-Chips und ignorierten dabei geflissentlich einige Details.

Anders als Intel stellt sich Nvidia beim Betriebssystem für die MIDs deutlich auf die Seite von Microsoft. So sollen Tegra-600- und -650-Systeme unter Windows Mobile laufen. Intel favorisiert indes für – die eigenen, Atom-getriebenen – MIDs Linux als Betriebssystem und hat Moblin aus der Taufe gehoben. Erst vor wenigen Tagen hatte Intel-CEO Paul Otellini in einem Interview betont, dass sich die MID-Revolution auf Linux fokussieren würde.

MIDs als Geräteklasse hat Intel erfunden und investiert derzeit viel Marketing-Geld, um Kunden und Hersteller zu überzeugen, dass sie überall und immer Internetzugang brauchen. Die MIDs sollen größer als Smartphones sein und mehr Funktionen bieten, aber dennoch kleiner als Subnotebooks bleiben. In ein solches Format passen größere Akkus als in Telefone und so sieht Intel gerade bei den MIDs Potenzial für die erste Generation der Atom-Prozessoren. Den Smartphone-Markt dominieren derzeit Prozessoren mit ARM-Core(s). Passende Grafikkerne bieten verschiedene Hersteller – teils als Intellectual Property (IP) – an. Auch AMD/ATI (Imageon) und Nvidia (GeForce Go) sind stark vertreten. Intel stellt den Atom-Prozessoren (erst einmal) einen PowerVR-Grafikkern zur Seite. Für Smartphones soll sich allerdings erst die zweite Generation der Atom-Prozessoren von Intel eignen, die dann auch den Chipsatz mit auf dem Prozessor-Die unterbringen. Fast gleichzeitig mit der Präsentation in Taipeh ließ es sich Paul Otellini nicht nehmen, in einem Interview mit der Financial Times über einen Wiedereinstieg in den Markt für Handy-CPUs zu spekulieren. Bisher ist Atom für solch sparsame Geräte in puncto Leistungsaufnahme und Bauform noch nicht mit ARM konkurrenzfähig.

Tegra: Nvidia und die MIDs (6 Bilder)

Bereits auf dem Mobile World Congress 2008 hatte Nvidia einen Smartphone-Prozessor namens APX 2500 angekündigt. Mittlerweile hat Nvidia auch diesem für Smartphones gedachten Prozessor den Familiennamen Tegra vorangestellt. Die Nvidia-Homepage verlinkt auch auf zwei Videos, die erste Einblicke in das Bedienkonzept geben.

Für die Tegra-Familie dürfte das Team der Firma PortalPlayer verantwortlich zeichnen, die Nvidia im November 2006 PortalPlayer übernommen hat. PortalPlayer hat System-on-Chips für portable Multimedia-Player wie einige iPods entwickelt.

Eine weitere Anti-Atom-Mission verfolgt Nvidia zusammen mit VIA: So will Nvidia einen grafikfähigen Chipsatz für VIAs neue CN-CPU anbieten, mit dem sich billige PCs bauen lassen, die dennoch das Vista Premium Logo tragen dürfen.

Tegra-Chips

Chip Tegra APX 2500 Tegra 600 Tegra 650
Zielmarkt Smartphone MID MID
CPU-Takt 600 MHz 700 MHz 800 MHz
Display-Auflösung FWVGA (854×458) SXGA (1280×1024) WSXGA+ (1680×1050)
Video 720p, 30 fps 720p, 30 fps 1080p, 24 fps
Speicher DDR-333 DDR-333 DDR-400

(bbe)