1&1: Viertes Mobilfunknetz soll im September live gehen

Während 1&1 mit Problemen beim Netzaufbau kämpft, freut sich Mutterkonzern United Internet über gute Geschäfte. Das neue Netz soll in wenigen Wochen starten.

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(Bild: TPROduction / Shutterstock.com)

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1&1 hat einen Termin für den Start des eigenen Mobilfunknetzes: Derzeit plane das Unternehmen für den 26. September, sagte United-Internet-Chef Ralph Dommermuth bei der Bekanntgabe der Halbjahreszahlen. Dabei will 1&1 zunächst Verträge mit LTE anbieten und erst später auch 5G vermarkten.

Hintergrund ist der kürzlich erfolgte Abschluss eines neuen Roaming-Abkommens mit Vodafone. Während der Vertrag mit Vodafone auch 5G-Mobilfunk umfasst, kann 1&1 bei dem noch bis Mitte 2025 bestehenden Roamingvertrag für das O2-Netz derzeit nur LTE anbieten. Zuletzt hatte Dommermuth auch eine Roaming-Pflicht ins Spiel gebracht.

Das Roaming greift überall da, wo 1&1 keine eigene Netzabdeckung bereitstellt. Nach Verzögerungen beim Netzaufbau dürfte das zum Start im September noch den überaus größten Teil des Landes betreffen. "Wie viele Antennenstandorte wir dann im Betrieb haben werden, kann ich noch nicht sagen", erklärte Dommermuth. Derzeit sind es nur 40.

"Bis Ende des Jahres rechnen wir mit rund 1000 Standorten", gibt der CEO nun als Ziel aus. Zuvor war von 1200 Standorten die Rede. 1&1 könne einig hundert Standorte nicht wie geplant übernehmen, weil der Ausbaupartner sie zurückgezogen habe. "Wir haben keine Erklärung bekommen, woran das genau liegt", sagte Dommermuth.

Dommermuth räumt ein, dass die Zusammenarbeit mit Infrastrukturanbieter Vantage Towers weiterhin nicht problemfrei läuft. Seit dem Einstieg von Investor KKR sei aber Besserung in Sicht. "Ich habe aber das Gefühl, dass sich bei dem Partner einiges bewegt, dass man sich bemüht, den Output zu erhöhen und die Verträge einzuhalten", sagte der CEO.

Im laufenden Quartal will 1&1 nun 300 weitere Standorte übernehmen, dazu sollen neue Mietverträge für weitere 200 Standorte abgeschlossen werden. Wenn 1&1 einen Standort übernimmt, sind alle baulichen Fragen und die Netzanbindung bereits geklärt. Das Unternehmen installiert dann die Antennentechnik in Eigenregie und bindet die Standorte ins eigene Netz ein.

Ziel ist, in jedem Quartal rund 500 neue Standorte zu erschließen. "Das ist die Schlagzahl, die wir brauchen, um bis Ende 2030 fünfzig Prozent Haushaltsabdeckung zu erreichen", sagte Dommermuth. Dafür seien insgesamt etwa 12.500 aktive Antennenstandorte nötig. 1&1 baut sein Netz mit dem offenen System Open RAN, das stark auf Virtualisierung setzt.

Im vierten Quartal will 1&1 dann auch beginnen, seine Bestandskunden auf das eigene Netz zu migrieren. Als einer der großen Mobilfunkprovider (MVNO) verkauft 1&1 seine Mobilfunktarife auf Basis von Netzkapazität, die von Telefónica Deutschland und Vodafone eingekauft wird. Mit dem Start des eigenen Netzes werden die SIM-Karten sukzessive auf das eigene Netz übertragen.

Zuerst sollen die 1&1-Kunden sowie die Schwestermarken (u.a. Yourfone, Smartmobil) mit reinen LTE-Tarifen migriert werden. Sobald das Roaming mit Vodafone steht, folgen auch die 5G-Kunden. Das dauert etwas, weil die Migration über das Portierungssystem der Netzbetreiber erfolgt, das 1&1 nicht mit seinen knapp 12 Millionen Mobilfunkkunden fluten kann.

1&1 hat dafür bei der Bundesnetzagentur beantragt, noch etwas länger Mobilfunkprovider und Netzbetreiber zugleich sein zu dürfen. Mit dem Beginn des eigenen Netzbetriebs muss 1&1 seine Aktivitäten als Mobilfunkprovider zum Jahresende einstellen. 1&1 möchte das nun bis Ende September 2024 verlängern. Damit könnte das Unternehmen auch weiter 5G-Tarife vermarkten, bevor das Roaming mit Vodafone steht. Ob die Bundesnetzagentur dem zustimmt, ist noch offen.

1&1-Mutter United Internet verzeichnet unterdessen für das erste Halbjahr ein deutliches Plus bei den Neukunden. Insgesamt konnte das Unternehmen 490.000 neue Kundenverträge schließen und hat davon jetzt knapp 28 Millionen, wie United Internet mitteilte.

Im Zugangsgeschäft verzeichnet der Konzern insgesamt ein Plus von 180.000 neuen Verträgen. Während im Mobilfunk 230.000 Neuverträge in der Bilanz stehen, hat der Festnetzbereich 50.000 verloren. Mit 1&1 Versatel erschließt der Konzern inzwischen knapp 25.000 Standorte für Gewerbe und Behörden in 350 Städten.

Im Hosting-Bereich (Ionos) stieg die Zahl der Kundenverträge um 210.000 auf 9,25 Millionen. Bei den Portalmarken Web.de, GMX und Mail.com sank die Zahl der Accounts um 690.000 auf 42,2 Millionen Nutzerkonten. Bei den bezahlten Accounts konnte United Internet um 100.000 auf 2,7 Millionen zulegen.

Auf Konzernebene kletterte der Umsatz von United Internet im ersten Halbjahr um 4,4 Prozent auf rund 3 Milliarden Euro. Davon blieben 343 Millionen Euro vor Steuern übrig – 10 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum. Um Sondereffekte bereinigt (EBITDA) gibt die Firma 670 Millionen Euro an, ein minimal 1,9-Prozent-Plus.

1&1 steigerte den Erlös zwischen Januar und Juni um 2,1 Prozent auf knapp zwei Milliarden Euro, während das bereinigte operative Ergebnis um 2,2 Prozent auf knapp 393 Millionen Euro wuchs.

Die Börse reagierte freundlich. Im Nebenwerteindex SDax notieren die Papiere von United Internet und 1&1 mit Kursanstiegen von gut sechs beziehungsweise sieben Prozent.

(vbr)