Mondkamera mit Heizdecke und Canonsteuer – die Fotonews der Woche 9/2024

Die NASA will Nikons Z 9 auf den Mond schießen, Pentax' analoge Kamera soll im Sommer erscheinen und Sigma plagt sich mit RF-Objektiven ab.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 13 Kommentare lesen

NASA-Astronaut Walter Schirra (Mitte) prüft ein Hasselblad-Kamera (ca. 1967)

(Bild: NASA)

Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Nico Ernst
Inhaltsverzeichnis

Eine alte Mittelformat-Hasselblad steht auf dem Wunschzettel vieler Fans klassischer Fototechnik. Nur sind die Dinger aus der Mitte des 20. Jahrhunderts heute kaum bezahlbar. Wie gut, dass ein paar davon herrenlos herumliegen und einfach mitgenommen werden könnten – wenn man den hinkäme. Die Rede ist natürlich von den legendären Kameras der Apollo-Missionen, die auf dem Mond zurückgelassen wurden, um mehr Gesteinsproben mitnehmen zu können.

Dazu könnten sich bald auch einige Nikon Z 9 gesellen, falls die NASA dem Mondgestein erneut mehr Wert zuordnet als den Kameras. Denn in dieser Woche hat Nikon bekannt gegeben, dass umgebaute Versionen ihres Flaggschiffs bald an Bord eines Raumschiffs abheben sollen. Bei der ersten bemannten Mondmission seit 1972 sollen unter dem Namen Artemis III frühestens im September 2025 wieder Menschen auf dem Erdtrabanten landen. Wie schon bei den Hasselblads wurden dafür frühzeitig Kameras gesucht, die sich für die rauen Bedingungen im All eignen.

Dass die Wahl der Z 9 schon jetzt bekannt gegeben wurde, dürfte vor allem an zwei Dingen liegen: Zum einen müssen die Umbauten noch entwickelt werden, zum anderen müssen die Astronauten den Umgang mit den Kameras im Schlaf beherrschen. Letzteres ist, neben der Technik, auch der Grund, warum die Aufnahmen von Apollo so perfekt aussehen: Die Astronauten hatten lange mit den Hasselblads geübt. Die bei den Mondspaziergängen meist an der Brust montierten Kameras mussten ohne einen Blick darauf bedient werden, auch ein Blick von oben in den Sucher war nicht möglich – da war nämlich der Rand des Helms im Weg. Damit das Training mit den neuen Kameras auch heute klappt, entwickelt die NASA derzeit die Modifikationen der Z 9.

Allzu viele Details hat Nikon dazu noch nicht verraten, insbesondere, wie die empfindliche Elektronik gegen die Strahlung im All – und bei der Aufnahme auch direkt auf den Sensor – abgeschirmt werden soll. Der Kamerahersteller deutet jedoch an, dass auch einige Objektive modifiziert werden sollen, das könnten fest verbaute Filter sein. Auch veränderte Schaltungen in der Kamera soll es geben, ebenso wie eine Art Heizdecke um die Nikon. Ja, wirklich, das Unternehmen schreibt in seiner englischen Mitteilung zur Mondkamera von einer "thermal blanket". Für die Astronauten am wichtigsten dürfte ein neuer Griff sein, welcher die Bedienung auch mit den dicken Handschuhen ermöglicht, der wird bereits gestaltet.

Und natürlich wird die Firmware angepasst, unter anderem, um bessere Rauschfilter – siehe: kosmische Strahlung –, mehr HDR-Funktionen und kürzere Verschlusszeiten zu ermöglichen. Auch einige Aufnahmevorgaben für verschiedene Szenarien werden geschaffen, zudem nennt Nikon noch "modifizierte Standardeinstellungen für Menüeinstellungen". Es scheint fast so, als hätten sich die Astronauten über die zahllosen Optionen und verschachtelten Menüs beschwert, die nicht nur bei Nikon fröhlich vor sich hin wuchern.

Das sind immerhin so viele Detailangaben, dass davon auszugehen ist, dass NASA und Nikon schon lange an der umgebauten Z 9 arbeiten. Dennoch gibt es von den Geräten noch keine Bilder. Die Entwicklung lief übrigens unter dem Projektnamen "Handheld Universal Lunar Camera", alias HULC. Grün, wie der wütende Superheld Hulk, werden die Nikons wohl nicht werden, wegen besserem Albedo ist Raumfahrt-Equipment für Außenmissionen in der Regel weiß. Und universell sind die Z 9 im Gegensatz zu den Hasselblads deswegen, weil sie auf dem Mond sowohl filmen als auch fotografieren sollen, bei den Apollo-Missionen gab es dafür noch getrennte Geräte.

Ein weiterer Blick in die analoge Vergangenheit nach vorn: Die bereits Ende 2022 angekündigte neue Kamera für Kleinbildfilm von Pentax soll im Sommer 2024 erscheinen. Dies teilte das Unternehmen nun in einer Pressemitteilung mit, leider ohne Bilder oder allzu viele Details wie etwa einen ungefähren Preis. Immerhin: Der 2023 versprochene, und aufwendig entwickelte, Handaufzug und manuelles Fokussieren sollen wie bereits bekannt erhalten bleiben.

Bereits zuvor hatte Pentax erklärt, dass die Kamera sich an junge Menschen richten soll und dazu auch Zielgruppenbefragungen durchgeführt worden seien. Und dabei kam wohl heraus, dass die Kamera ganz auf hochkante Bilder ausgelegt sein soll – TikTok lässt grüßen. So soll die noch namenlose Pentax auf einem Kleinbildfilm zwei Bilder nebeneinander belichten, ob und wie das zu getrennten Zeiten erfolgen kann, hat das Unternehmen noch nicht verraten.

Eine Möglichkeit wäre nur das Transportieren um ein halbes Bild oder eine Mechanik, die einen Teil des Strahlenweges mal links, mal rechts abdeckt. Falls man mit der Pentax immer nur die halbe Auflösung eines Kleinbilds bekommt und formatfüllende Fotos im Querformat gar nicht möglich sind, würde das die Einsatzbereiche arg einschränken und viele Fans analoger Fotografie womöglich vergraulen. Noch etwas deutlicher: Wünschenswert wäre eine Kamera, die beides kann: Normale Kleinbilder im Hoch- oder Querformat und die reine Hochkantfunktion mit zwei Aufnahmen auf einem Bild.

Noch weiter weg als die Pentax dürften auch die seit Jahren immer wieder durch die Gerüchteküchen gejagten RF-Objektive von Sigma sein. Wie schon bei Nikon gibt es dem Vernehmen nach auch bei Canon eine recht rigide Lizenzpolitik für Optiken von Drittherstellern. Und folglich auch keine RF-Sigmas zur Messe CP+, die in der vergangenen Woche stattfand. Bereits im Vorfeld hatte sich Sigmas CEO Kazuto Yamaki da recht schmallippig gezeigt, und Canon fiel durch widersprüchliche Aussagen auf: Mal gäbe es keine Einschränkungen, dann wieder werde im Einzelfall entschieden, ob ein Hersteller ein Objektiv an das RF-Bajonett anpassen kann – eine klare Linie ist hier nicht zu erkennen.

Das ist also vor allem ein Kommunikationskuddelemuddel. Die Kollegen von Photografix haben die aktuelle Lage zusammengefasst, und auch da zeigt sich kein klares Bild. Was bei Nikon, die immerhin inzwischen einige Fremdobjektive zulassen, schon länger spricht man hier von der Nikonsteuer, hat sich die Konkurrenz jetzt die Canonsteuer redlich verdient. Beide Begriffe beziehen sich auf die mutmaßlichen Lizenzkosten, welche die Dritthersteller für Mechanik, Elektronik und Softwareprotokolle offenbar an die Kamerahersteller entrichten müssen.

Wie man sein geistiges Eigentum auf vernünftige Weise schützt, dürften sich wohl derzeit auch die leicht selbstironisch genannten Entwickler der "Dutch Drone Gods" (DDG) überlegen. Das niederländische Unternehmen hat nämlich in Zusammenarbeit mit Red Bull Racing die schnellste Kameradrohne der Welt entwickelt. Natürlich nicht nur "weil ich´s kann", sondern um neue Perspektiven von Formel-1-Rennen zu ermöglichen. Und so hat die maximal 350 km/h schnelle Drohne Max Verstappen bei einer vollständigen Runde auf dem Kurs von Silverstone in Renngeschwindigkeit gefilmt.

Die technischen Details der Drohne beschreibt ein ausführlicher Artikel – unsere Empfehlung für einen Long Watch zum Wochenende ist das YouTube-Video von Red Bull. Darin ist auch zu sehen, wie der Prototyp gebaut und von Red Bull dann das finale Gerät mit mehr Leichtbau und besserer Aerodynamik optimiert wurde. Rund um das Video wird fleißig spekuliert, was denn daran echt sei und was nicht. Das liegt wohl daran, dass das analoge Bild der FPV-Brille und die Aufnahme aus der Speicherkarte in der Drohne zusammengeschnitten wurden, aber so gestaltet man eben ein spannendes und nicht trocken dokumentarisches Video.

Um den Effekt an sich geht es Formel-Eins-Teams wohl auch nicht, vielmehr um eine bessere Vermarktbarkeit des Sports. In der kompletten Runde ist nämlich auch zu sehen, dass Verstappen auf der nassen Strecke öfter ins Rutschen kommt, als man das bisher im Fernsehen beobachten konnte. Die Teams wissen das durch Telemetrie schon lange, nur konnten es bisher nicht alle sehen. Neben der technischen Leistung spielt dabei auch der Pilot eine entscheidende Rolle, das ist bei einer Kameradrohne nicht anders als bei einem Fotografen und seinem Werkzeug. Apropos: Eine andere sehr schnelle Kamera, wenn auch in fps und nicht km/h gemessen, zeigt sich in der nächsten Woche endlich auch bei heise online. Unsere Tests der Sony A9 III in Labor und Praxis sind nahezu abgeschlossen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externer Podcast (Podigee GmbH) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Podigee GmbH) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

(nie)