Neuer Trick mit Amazon-Bewertungen: US-Behörde schreitet ein

Neue Produkte, die sich schlecht verkauften, hat Nestlé kurzerhand mit etablierten Produkten vermischt. Deren gute Bewertungen förderten den Absatz enorm.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 181 Kommentare lesen
Eine grüne Plastiksode mit Aufschrift "Nature's Bounty" liegt auf einer Amazon-Versandschachtel

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 3 Min.

Das Kapern von Bewertungen anderer Produkte ist ein relativ neuer Trick, um Verbraucher in Online-Shops in die Irre zu führen. Zum ersten Mal setzt die FTC (Federal Trade Commission) Maßnahmen gegen diese Art des Betrugs. Die US-Handelsbehörde schöpft 600.000 US-Dollar bei der Nestlé-Tochter The Bountiful Company ab, um sie an Opfer auszuschütten (Az. C-4791). Die Firma hat 2020 und 2021 eine Funktion im Webshop Amazon.com missbraucht.

Amazon bietet die Möglichkeit, mehrere gleichartige Produkte unter einem Eintrag zusammenzufassen. Das ist beispielsweise dafür vorgesehen, ansonsten gleiche Hemden in verschiedenen Größen und Farben feilzubieten. Da sich dabei die Produkte im Wesentlichen gleichen (sollen), fasst Amazon die von Kunden eingegebenen Bewertungen ebenfalls zusammen.

Die Nestlé-Tochter vertreibt unter anderem Nahrungsergänzungsmittel unter der Marke Nature's Bounty. Manche Pillen verkaufen sich blendend und haben gute Bewertungen, andere sind Ladenhüter. Dem hat das Unternehmen auf unlautere Weise abgeholfen: Es hat auf Amazon.com schlecht laufende Produkte zu den Einträgen einzelner Renner hinzugefügt, obwohl Zusammensetzung und angedeutete Wirkweisen völlig unterschiedlich sind.

Mit durchschlagendem Erfolg. Die hohen Bewertungen der etablierten Pillen färbten auf die Ladenhüter ab, womit sich diese plötzlich hervorragend verkauften. "Leider haben die Leute unsere "Stress Comfort"-Produkte nicht geliebt", zitiert die FTC aus unternehmensinternen E-Mails, "in der Sekunde, in der wir die Produktseiten variiert haben, (ist der Absatz nach oben geschossen) und wachsen weiter."

Der Trick beschränkt sich nicht auf die Bewertungen: Im Versuch den Absatz "neuer Produkte, die sich NICHT verkaufen, zu fördern, wollten wir ihnen einen Schub bei den Bewertungen geben, um sie sichtbarer zu machen, und um ihnen zu ermöglichen, die Hervorhebung als 'Bestseller' und 'Amazon's Choice' auszuborgen", steht in einem anderen belastenden Dokument der Bountiful Company.

Die FTC erkannte in den Machenschaften falsche oder irreführende Werbung sowie unlauteren Wettbewerb. Sie erlässt eine Unterlassungsverfügung gegen die Firma und schöpft bei ihr 600.000 US-Dollar ab. Das Geld soll in die teilweise Wiedergutmachung geschädigter US-Verbraucher fließen.

Amazon.com verbittet sich irreführende oder manipulative Bewertungen.

(Bild: Amazon.com/Daniel AJ Sokolov)

Die Bountiful Company hingegen findet weiterhin nichts dabei: Die Firma habe die FTC-Maßnahmen lediglich akzeptiert, um eine lange und teure Berufung zu vermeiden. "Wir stehen zu unseren Produkten und Geschäftspraktiken und sind überzeugt, dass Verbraucher weder getäuscht noch geschädigt wurden", sagte die Nestlé-Tochter gegenüber US-Medien. Die Auflagen würden inzwischen aber eingehalten.

(ds)