Mit Titan-Atomen und Tunnel-Mikroskop zum Quantencomputer

Ein internationales Forschungsteam hat Quantenberechnungen mit einzelnen Atomen auf einer Oberfläche durchgeführt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 5 Kommentare lesen

(Bild: Bartlomiej K. Wroblewski/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Andreas Heinrich vom Institute for Basic Science in Seoul und sein Team haben aus einzelnen Titan-Atomen auf einem Manganoxid-Film mithilfe eines modifizierten Rastertunnelmikroskops einen rudimentären Quantencomputer gebaut. Mit diesem Ansatz lässt sich zwar keine neuartige Quanten-Hardware bauen, die eine ernsthafte Konkurrenz zu existierenden Quantenchips – etwa von Google oder IBM – darstellt. Technisch ist die Methode allerdings ziemlich beeindruckend – und könnte dazu dienen, die Quanteneigenschaften von Molekülen zu untersuchen. Die technischen Einzelheiten beschreiben die Forschenden in einem aktuellen Paper in "Science".

Um Qubits zu erzeugen, braucht man quantenmechanische Systeme mit zwei Zuständen. Als Qubits dienten Heinrich und seinen Kollegen die Spins der Titan-Elektronen. Spins oder quantenmechanische Eigendrehimpulse von Elektronen können zwei verschiedene Orientierungen einnehmen. In einem Magnetfeld spalten sich die Energieniveaus der Spins auf. Strahlt man Mikrowellen einer geeigneten Frequenz ein, kann man einen Quantenübergang zwischen den beiden Zuständen bewirken. Für das Magnetfeld sorgte in diesem Fall einerseits ein winziger Magnet an der Spitze eines Rastertunnelmikroskops (STM) sowie Eisen-Atome, die nah genug an den Titan-Atomen positioniert wurden.

Die Forschenden schoben nun drei Titan-Atome mithilfe der Spitze des STM zu einem Dreieck auf der Oberfläche so nahe zusammen, dass die Spins sich gegenseitig beeinflussten. Neben zwei der Titan-Atome befanden sich Eisen-Atome als winzige Magnete. Über dem dritten Titan-Atom, das als "Sensor-Qubit" diente, wurde die STM-Spitze mit magnetischem Material positioniert.

Mithilfe von Mikrowellenpulsen, die von der STM-Spitze ausgesendet wurden, konnten die Forscher den Spin eines einzelnen Elektrons in einem der Titanatome steuern. Indem sie die Frequenzen der Pulse entsprechend abstimmten, konnten sie seinen Spin auch mit den Spins der anderen beiden Titan-Atome in Wechselwirkung bringen. Wie die Spin-Energieniveaus besetzt sind, lässt sich am Tunnel-Strom über die STM-Spitze ablesen. Die Technik Spin-Resonanz mit STMs wird auch von deutschen Forschungsteams verwendet.

Heinrich und seine Kollegen konnten nun damit unter anderem erstmals ein sogenanntes CNOT-Gate demonstrieren. Dabei ändert sich der Spin-Zustand des Auslese-Qubits dann, wenn das auszulesende Qubit im Zustand 1 ist.

Prinzipiell lassen sich natürlich noch mehr Atome auf solch einer Oberfläche anordnen – die Reichweite der Mikrowellenpulse sollte ausreichen, damit sich auch deutlich mehr als zwei Qubits miteinander verschränken lassen. Heinrich und seine Kollegen glauben, dass es "relativ einfach" sein dürfte, die Technik auf bis 100 Qubits zu erweitern. Um mehrere Quantenoperationen hintereinander – und damit komplexe Quantenalgorithmen – auszuführen, müsste jedoch auch die Stabilität der Qubits verbessert werden.

(wst)