Richard Branson hat kein frisches Geld für Virgin Galactic

Nach sechs kommerziellen Flügen nahe ans All ist Pause bei Virgin Galactic. Ein neuer, größerer Raumgleiter soll 2026 abheben, und dann Cashflow bringen.​

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Ein Virgin-Galactic-Raumgleiter steht vor einem Hangar

Ein Virgin-Galactric-Raumgleiter steht auf dem Spaceport America in New Mexico

(Bild: Virgin Galactic)

Lesezeit: 4 Min.

Ab 2007 wollte Richard Branson kommerzielle Flüge anbieten, die für wenige Minuten ins Weltall führen sollen. Doch erst dieses Jahr hat das von ihm gegründete Raumfahrtunternehmen Virgin Galactic seine ersten kommerziellen Flüge absolviert, fünf an der Zahl. Einer folgt noch Anfang 2024, dann ist vorerst Pause. Denn das Unternehmen ist defizitär, und von Branson kommt kein frisches Geld.

Das hat der britische Sir der Financial Times (FT) bestätigt. Er und seine Virgin Group seien nicht mehr die Finanzstärksten. Allerdings glaubt Branson, dass sich Virgin Galactic selbst neu aufstellen kann. Ende September hatte das Unternehmen rund eine Milliarde US-Dollar im Geldspeicher. Im November hat es 185 Mitarbeitern oder rund 18 Prozent der Belegschaft gekündigt, um Geld zu sparen.

Offenbar sieht das Management keine Möglichkeit, mit den vorhandenen Raumgleitern in die schwarzen Zahlen zu fliegen – obwohl eine Fahrkarte für wenige Minuten Schwerelosigkeit nicht weniger als 450.000 US-Dollar kostet. Der operative Cashflow im dritten Quartal war 91 Millionen Dollar negativ, das laufende Quartal wird noch deutlich roter.

Da setzt das Management auf neue Vehikel, die es als "Delta-Class" bezeichnet. Statt bislang vier Passagiere sollen dort sechs einsteigen können. In Phoenix, Arizona, entsteht derzeit eine Fertigungsstätte für die neuen Raumfahrzeuge; sie soll Mitte 2024 den Betrieb aufnehmen. Die ersten beiden Delta-Gleiter sollen 2026 in Betrieb gehen und dann bereits positiven Cashflow bringen, verbreitet Virgin Galactic Optimismus.

Auf dem Kapitalmarkt kann Virgin Galactic derzeit offenbar keine frischen Mittel aufstellen, und auch beim größten Aktionär, Branson, ist nichts zu holen: "(Meine Virgin Group) hat nach COVID nicht mehr die tiefsten Taschen, und Virgin Galactic hat eine Milliarde Dollar, oder fast. Das sollten, so meine ich, ausreichende Mittel sein, um den Job alleine zu erledigen", sagte er zur FT.

Nicht alle sind überzeugt, dass sich das ausgeht. Der Kurs der Virgin Galactic Aktien ist am Montag, nach Veröffentlichung des Interviews, um 17,5 Prozent abgestürzt, auf nur noch 1,93 US-Dollar. Zum Börsengang im Herbst 2019 wurden die Papiere zu 12,34 Dollar das Stück gehandelt. Virgin Galactic wurde damit zur ersten Firma für Weltraumtourismus an der Börse.

Allerdings handelte es sich nicht um einen klassischen Börsengang mit Feilbietung neuer Aktien (IPO, Initial Public Offering), sondern um eine Abkürzung mittels SPAC (Special Purpose Acquisition Company). So eine Firma wird nur dazu gegründet, Geld von Investoren einzusammeln, dann ohne eigentliche Geschäftstätigkeit an der Börse zu notieren, um schließlich mit einer noch nicht börsennotierten Firma – hier: Virgin Galactic – zu verschmelzen. Das war um das Jahr 2020 en vogue; für den übernommenen Betrieb ist das ein schneller und günstigerer Weg an die Börse. Allerdings haben viele solcher SPAC-Konstrukte den Anlegern wenig Freude bereitet, prominentes Beispiel ist Wework.

Der von Bransons Virgin Group gehaltene Anteil an Virgin Galactic ist laut FT inzwischen auf 7,7 Prozent abgeschmolzen. Die Virgin Group brauchte Geld für andere Unternehmungen; das Konglomerat ist vor allem in den Branchen Unterhaltung, Telekommunikation und Personenverkehr tätig. Bei Virgin Galactic sind Branson und der Finanzinvestor The Vanguard Group nun etwa gleichauf die beiden größten Aktionäre.

Ende 2021 ist auch die Virgin-Galactic-Abspaltung Virgin Orbit über eine SPAC an die Börse gegangen – mit Mühe. Dieses Unternehmen konzentrierte sich auf den Start kleiner, erdnaher Satelliten. Nach einem Fehlstart in Großbritannien schlitterte Virgin Orbit dieses Jahr in die Insolvenz. Das noch vorhandene Inventar wurde konkursrechtlich versteigert.

(ds)