Kleine Zugeständnisse bei Richtlinien zum Jugendmedienschutz

Kein Entgegenkommen der Kommission fĂĽr Jugendmedienschutz gab es bislang bei der Neufassung der Richtlinien unter anderem bei der "Face-to-Face"-Kontrolle, die Erotikanbieter durchfĂĽhren sollen, und bei der Filtersoftware fĂĽr den Jugendschutz.

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Von
  • Monika Ermert

Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) hat in ihrer Sitzung am 1. März offenbar nur einzelne Kritikpunkte der Verbände an den Jugendmedienschutzrichtlinien aufgegriffen. Der in der Sitzung diskutierte Neuentwurf enthält Zugeständnisse im Bereich der Werbung, bei Trailern für Fernsehsendungen, beim Pornographiebegriff und bei der Nennung des Jugendschutzbeauftragten. Letzerer muss zwar nach wie vor grundsätzlich genannt sein, verzichtet wurde aber auf eine persönliche Namensnennung. Unter anderem der IT-Branchenverband Bitkom, die Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia (FSM), der Verband der privaten Rundunk- und Telekommunikationsanbieter (VPRT) und die Verbände der Erotikbranche hatten die Richtlinien in schriftlichen Stellungnahmen zum Teil massiv kritisiert.

Die neuen Bestimmungen zum Jugendmedienschutz  (Jugendschutzgesetz,  JuSCHG, und Jugendmedienschutzstaatsvertrag,  JMStV) traten am 1. April 2003 in Kraft. Nach dem Jugendschutzgesetz müssen beispielsweise auch Computerspiele wie zuvor Kino- und Videofilme mit einer Altersfreigabe gekennzeichnet sein; alle neuen Medien, auch Internet-Seiten, können zudem künftig auf den Index gesetzt werden und damit Sperrungsverfügungen unterliegen. Erweitert und verschärft wurden außerdem die Verbote für schwer jugendgefährdende Medien. Der Jugendmedienschutzstaatsvertrag verpflichtet Anbieter von "Telemedien" unter anderem, Jugendschutzbeauftragte zu bestellen oder sich an eine Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle anzuschließen und lizenzierte Filterprogramme einzusetzen, um Kindern und Jugendlichen den Zugang zu pornographischen, aber auch allgemein "entwicklungsbeeinträchtigenden" Inhalten zu verwehren.

Kein Entgegenkommen gab es nun für die der Neufassung der Richtilinien zum Jugendmedienschutz bei den Kontrollen, die Erotik-Anbieter durchführen sollen. Die KJM will "die persönliche Identifizierung von natürlichen Personen" verlangen; dazu erforderlich sein soll "ein persönlicher Kontakt ("face-to-face-Kontrolle") mit Vergleich von amtlichen Ausweisdaten". Auch bei den Anforderungen an Jugendschutzprogramme will die KJM nicht zurückrudern. Nach wie vor soll in deren abschließende Beurteilung die "Akzeptanz durch die Eltern" eingehen. Schon jetzt tut sich die KJM mit der Zulassung anerkannter Jugendschutzprogramme überaus schwer. Nach immerhin zwei Arbeitsjahren hat man noch kein System anerkannt. Dem Konzept der Internet-Filtersoftware ICRA wurde bislang lediglich Pilotstatus zuerkannt. Ob es dem im Hause Deutsche Telekom geplanten Jugendschutzprogramm besser ergehen wird, lässt sich bislang nicht beurteilen.

Eine eindeutige Klarstellung der abgestuften Verantwortlichkeit von Zugangs-, Host- und Contentprovidern ist zumindest in dem am Dienstag vorgelegten Entwurfstext nicht zu finden. Diese gehe ja schon aus dem Jugendmedienschutzstaatsvertrag selbst hervor, hieß es bei der KJM kurz vor der Sitzung. Ob die KJM-Direktoren den Bedenken der Online-Wirtschaft in diesem kritischen Punkt doch noch Rechnung getragen haben, darüber mochte man bei der KJM bis jetzt keine Auskunft geben. Der neu verabschiedete Text soll in der kommenden Woche erneut den Gremienvorsitzenden der Landesmedienanstalten und dann den Medienanstalten direkt zur abschließenden Würdigung vorgelegt werden. Erst dann sollen die Richtlinien neben den vor kurzem veröffentlichten "Kriterien für die Aufsicht im Rundfunk und in den Telemedien" veröffentlicht werden.

Die Aufsichtskriterien definieren noch ausführlicher, was unter Jugendgefährdung durch Rundfunk und Internet zu verstehen ist. Eine Beeinträchtigung der Entwicklung ist danach etwa dann gegeben, "wenn Kinder oder Jugendliche auf Grund ihres Alters abweichende Darstellungen im Bereich Menschenwürde, Toleranzgebot, Schutz von Ehe und Familie und Demokratieprinzip nicht mit ausreichender Differenziertheit und Distanz verarbeiten können". Anders als die Richtlinien sind die Kriterien nicht bindend, dienen aber als Leitfaden für die Spruchpraxis der KJM beispielsweise gegenüber inkriminierten Webseiten. (Monika Ermert) / (jk)