"Der Mensch ist nur da Mensch, wo er spielt"

Ein lehrreiches "Papier-Quiz" wurde im Rahmen einer feierlichen Preisverleihung auf der Games Convention als bestes PC-Spiel beim Nachwuchs-Spielentwicklungswettbewerb von lebensrausch.com prämiert.

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Auf der Games Convention wurden gestern die Preise in der diesjährigen Runde des von lebensrausch.com initiierten Nachwuchswettbewerbs für Spielentwicklung verliehen. Als beste PC-Entwicklung prämierte die Jury ein Lernquiz rund ums Papier.

Das Thema hieß "Die Welt, in der du lebst" – und gefragt waren Brett- und Kartenspielentwürfe, Computerspielkonzepte oder gern auch komplette Programme: Die diesjährige Runde des vom Projekt "lebensrausch.com" initiierten Spielentwicklungswettbewerbs für Kinder und Jugendliche fand gestern auf der Leipziger Games Convention unter der Moderation der sächsischen Radio-Energy-Queen Freddy ihren Abschluss mit der feierlichen Preisverleihung. Über 250 Teilnehmer aus den verschiedensten Gegenden von Norddeutschland bis Südtirol hatten schließlich insgesamt 25 Projekte eingesendet, wobei mehrere der Spielkonzepte von ganzen Schulklassen in Gemeinschaftsarbeit entwickelt wurden.

Die drei Hauptpreise (metallene "Spiele-Oscar"-Trophäen, dazu gesponserte Hard- und Software sowie diverse Aktionen) sollten ein PC-Spiel, ein Gesamtkonzept und ein Brettspiel auszeichnen. Den Hauptpreis in der Kategorie PC-Spiel erhielt der Schüler Friedemann Wulf-Woesten für sein Lernquiz "Das Papier-Spiel", das er mit zahlreichen Helfern entwickelte. Es ist als Gesellschaftsspiel für mehrere Leute am Bildschirm konzipiert und präsentiert Multiple-Choice-Fragen rund ums Thema Papier, Verpackung und Druck. Ein Glückselement tritt durch den simulierten Würfel hinzu. Die Spieler arbeiten sich mit möglichst vielen richtigen Antworten auf einer Treppe nach oben; wer sie zuerst erreicht, gewinnt.

Das "beste Gesamtkonzept" kam als Gemeinschaftsarbeit von der Bodelschwingh-Schule Sachsen-Anhalt aus Wolmirstedt: Eine dreidimensional modellierte Pyramide dient hier als Grundlage fĂĽr ein spannendes nichtdigitales Gesellschaftsspiel.

Den Preis fürs "beste Brettspiel" heimste die Schülerin Anne Schulze-Tilling für ihr "Flott und frech" ein – das Wissensbrettspiel mit verschiedenen Aktionskarten fragt unter anderem Zitate ab. Nach den Hauptpreisen wurden noch zahlreiche weitere Preise – vorrangig Brettspiele und Softwarepakete – an stolze Nachwuchs-Spielentwickler vergeben. Sie hatten größtenteils Brettspielentwürfe eingesandt.

Die Festredner, unter ihnen der SPD-Politiker und Fachmann für Neue Medien Jörg Tauss hoben die Bedeutung des Spielens als Gegengewicht gegen diejenigen Tendenzen hervor, die in Drogengefahr und -abhängigkeit führen – dies ist das Feld, auf dem das "Lebensrausch"-Projekt arbeitet. "Der Mensch ist nur da Mensch, wo er spielt", so der Jury-Vorsitzende Udo Schmitz.

Den hohen Wert von Geschichten und Spielideen betonte Jörg Tauss. Er wandte sich nachdrücklich dagegen, Computer- und Videospielen die Schuld für Vereinsamung von Jugendlichen, Gewalt und kulturelle Verarmung zuzuschieben. Vielmehr seien sie ein wichtiger kultureller und ökonomischer Faktor, und es gelte nicht zuletzt für Eltern und Lehrer, Medienkompetenz zu erlangen, um den Nachwuchs beim Umgang mit dem wichtigen Medium Computerspiel richtig begleiten zu können. Nach dem Schulmassaker von Erfurt, betonte Tauss, seien Politiker und Pädagogen viel zu kurzschlüssig mit dem Urteil bei der Hand gewesen, das gewaltorientierte Shooter-Spiel Counterstrike habe bei dem Amokschützen Robert Steinhäuser zur Verrohung geführt und die Tat begünstigt. Das sei falsch gewesen.

Schmunzelnd bekannte Tauss, er habe Counterstrike selbst gern gespielt – wenn auch mit nicht allzu großem Erfolg. "Kinder und Jugendliche gehen anders an Spiele heran als Erwachsene." Gefährdung sieht Tauss dort, wo für einen Computerspieler "nichts anderes mehr zählt", wo die Außenwelt zurücktritt und das Spiel zum einzigen Lebensinhalt wird. Das gelte aber nicht nur für Spiele, sondern auch für andere Neigungen, wenn sie die reale Welt im Leben eines Jugendlichen verdrängten.

Man dürfe Computerspiele aber nicht ächten, sondern müssen sie anspruchsvoller gestalten, meinte Tauss. "Wer Computer und Computerspiele lediglich für das Ende aller Pädagogik hält, wird zu dieser realen Welt der Jugendkultur und zu den Kindern und Jugendlichen selbst keinen Zugang finden", schrieb Tauss den Eltern und Pädagogen ins Stammbuch: Viele Erwachsene würden nicht wahrnehmen, dass Computerspiele heute ein bedeutender Teil der Jugendkultur seien. "Die Richtung dieser kulturellen Entwicklung hängt nicht nur stark von der Medienkompetenz der Kinder und Jugendlichen selbst ab, sondern auch von der Kompetenz der Eltern und der Lehrerinnen und Lehrer."

Der Wettbewerb wurde indessen ein weiteres Mal ausgeschrieben: Das Thema fürs nächste Jahr heißt "Zukunft", und wieder sucht man Ideen im Computer- und Brettspielbereich. Fragen können an die Mail-Adresse Team@lebensrausch.com gerichtet werden; Näheres zum Wettbewerb findet sich auf der Lebensrausch-Website.

Im Vorjahr hatte der Wettbewerb übrigens einen besonders interessanten Siegerbeitrag in der Kategorie PC-Spiel: "Fallen into Darkness" ist ein hochkomplexes und sehr aufwendig gestaltetes Adventure mit animierten Foto-Panoramen und gefilmten Zwischensequenzen. Die Schöpfer entwickeln es stetig weiter. Der momentane Stand des Spiels lässt sich kostenlos herunterladen; mit weit über 100 Megabyte empfiehlt sich der Download allerdings nur Nutzern einer breitbandigen Netzanbindung.

Zur Games Convention in Leipzig siehe auch: