Reporter ohne Grenzen: Yahoo hilft chinesischen Strafverfolgern

Der Internetdienstleister soll nach Angaben der Menschenrechtsorganisation chinesischen Ermittlern bei der Suche nach einem Verdächtigen als Informant gedient haben.

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Die Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen wirft Yahoo Holdings vor, zur Verhaftung und Verurteilung eines chinesischen Journalisten beigetragen zu haben. Der Internetdienstleister habe auf Anfrage von Strafverfolgern eine IP-Adresse mitgeteilt, durch die eine missliebige Mitteilung auf den E-Mail-Account des Journalisten Shi Tao zurückverfolgt werden konnte. "Wir wissen seit einiger Zeit, dass Yahoo mit der chinesischen Regierung in Fragen der Zensur zusammenarbeitet", schreibt Reporter ohne Grenzen. Nun habe sich der Internetdienstleister als Informant betätigt. Der Organisation liegt nach eigenen Angaben das Urteil vor, aus dem die Rolle Yahoos in dem Verfahren gegen Shi hervorgehe.

Yahoo Holdings sei offiziell in Hongkong angesiedelt. Die Sonderverwaltungsregion hat eine von der Volksrepublik China unabhängige Gerichtsbarkeit. Dennoch sei das Unternehmen einer Anordnung aus China nachgekommen, schreibt Reporter ohne Grenzen. Die Organisation vermutet, dass die Yahoo.com.cn-Server, von denen die besagten Informationen stammen, in China stehen.

Shi Tao stand im März wegen angeblicher Enthüllung von Staatsgeheimnissen vor Gericht. Er wurde im April zu zehn Jahren Haft verurteilt, berichtet Reporter ohne Grenzen. Als Journalist der Wirtschaftszeitung Dangdai Shang Bao soll der Verurteilte eine Mitteilung der Behörden an ausländische Websites weitergeleitet haben, schreibt Reporter ohne Grenzen. In der Mitteilung sei angesichts des 15. Jahrestags des Massakers auf dem Platz des Himmlischen Friedens am 4. Juni vor "sozialen Risiken" gewarnt worden. Shi hatte die Weiterleitung der E-Mail eingeräumt, aber der Behauptung der Behörden widersprochen, die Mitteilung sei als "streng geheim" gekennzeichnet gewesen.

Yahoo China hatte vor drei Jahren eine freiwillige Erklärung unterzeichnet, nach der so genannte subversive Inhalte künftig gesperrt werden, und geriet damit in die Kritik von Menschenrechtlern. Im April vorigen Jahres hieß es aus dem Hause Yahoo, China stehe ganz oben auf der Liste der Länder, in denen das Unternehmen seine Aktivitäten aggressiv erweitern wolle. Ein Versprechen, das schon bald in die Tat umgesetzt wurde. Im August stieg Yahoo für eine Milliarde US-Dollar beim größten E-Commerce-Spezialisten Chinas, Alibaba.com, ein. (anw)