Massachusetts macht Microsoft Hoffnung
Nachdem Microsoft angekündigt hat, sein Dokumentenformat für das kommende Office 12 als offenen Standard bei der Organisation ECMA International anzumelden, kommt Software aus Redmond für Massachusetts nun vielleicht doch wieder in Betracht.
Thomas Trimarco, Finanzminister des US-Bundesstaates Massachusetts, hat sich zuversichtlich darüber geäußert, dass Microsoft die ab Anfang 2007 in dem Staat geltenden Vorschriften über die Verwendung bestimmter Dokumentenformate doch noch erfüllen kann. Nach dem kürzlich verabschiedeten Enterprise Technical Reference Model gelten die bisherigen Redmonder Formate als proprietär und scheiden damit für die Arbeit in den Behörden des Bundesstaates aus. Stattdessen sollten ab 1. Januar 2007 nur noch das OpenDocument Format (ODF) für Office-Anwendungen und PDFs für elektronischen Dokumente genutzt werden. Seitdem Microsoft kürzlich angekündigt hat, das XML-Format für Office 12 (Office Open XML) als offenen Standard bei der europäischen Organisation ECMA International anzumelden, hat sich laut Medienberichten in Massachusetts für den Softwarekonzern der Wind gedreht. Falls Microsoft seine Pläne umsetze, könne Office Open XML den Auflagen des Bundesstaates entsprechen, wird Trimarco zitiert.
Massachusetts' Chief Information Officer (CIO) Peter Quinn hatte die neuen Vorschriften im September damit begründet, dass alle von der Regierung veröffentlichten Schriftstücke jetzt und in Zukunft für jedermann zugänglich sein müssten, ohne dass man gezwungen sei, die Software einer bestimmten Firma einzusetzen. Fast als exakt passende Antwort darauf hatte Microsoft-Manager Jean Paoli vorige Woche formuliert, sein Unternehmen wolle ein Dokumentenformat etablieren, das standardisiert, stabil und offen ist, so dass die Nutzer es zu jedem Zeitpunkt und auf jede gewünschte Weise nutzen können. Allerdings betonte Paoli auch, Office Open XML sei kein eigenständiges Format, sondern baue auf den bisher für Office-Anwendungen verwendeten Formaten auf.
Nicht wenige Beobachter haben die Diskussionen in Massachusetts schon zum Stellvertreter-Konflikt zwischen Microsoft und den Befürwortern alternativer Software hochstilisiert. Um in diesem Bild zu bleiben könnte man von einem "Nebenkriegsschauplatz" sprechen, der nun anscheinend rund um den CIO Peter Quinn installiert wird. Diesem werden zwölf Reisen zu Konferenzen außerhalb von Massachusetts vorgehalten und insbesondere, dass er sich für sechs von diesen keine schriftlichen Genehmigungen erteilen ließ, obwohl er diese eigentlich benötigt hätte, berichtet der Boston Globe aus "eingeweihten Kreisen". Diese Konferenzreisen sollen teilweise von Unternehmen bezahlt worden sein, die von einem Wechsel der IT-Politik in Massachusetts profitieren würden, heißt es. Andere Medien bezweifeln allerdings, dass Quinn beeinflusst worden sein könnte. Er sei lediglich zu den Tagungen gefahren, um über die Debatte zu berichten. Der größte Teil dieser Veranstaltungen habe stattgefunden nachdem sich Massachusetts für das ODF entschieden habe. Quinn selbst sagte laut Boston Globe, Trimarcos Vorgänger Eric Kriss habe ihm mündliche Genehmigungen erteilt und zugesichert, er benötige keine schriftliche. (anw)