EU-Parlament für besseren Schutz von Online-Käufern
Die Bürgervertretung hat sich für eine Reihe von Änderungen am Vorstoß der EU-Kommission für eine einheitliche Verbraucherschutz-Richtlinie ausgesprochen. Software-Entwickler kritisieren das Vorhaben.
Das EU-Parlament hat sich für eine Reihe von Änderungen am Vorstoß der EU-Kommission für eine einheitliche Verbraucherschutz-Richtlinie ausgesprochen. Die neuen Vorschriften über Verbraucherrechte sollen nach Ansicht der Bürgervertretung fast alle Verträge abdecken, unabhängig davon, ob sie im Einzelhandel, per Telefon, per Postanweisung oder übers Internet abgeschlossen werden. Damit wollen die Abgeordneten erreichen, dass die Zunahme des Online-Vertriebs berücksichtigt und der Verbraucherschutz von Käufer im Netz gestärkt wird.
Insbesondere soll die Transparenz rund um Bedingungen von Verträgen wie Lieferung und Rücktrittsrechte beim Online-Shopping erhöht werden. Für Verbraucher muss demnach einfach erkennbar sein, von wem sie welche Ware kaufen und wie viel eine Bestellung im Endeffekt kosten wird. Die neuen Informationsrechte sollen so verdeckten Kosten und Abofallen etwa über das unscheinbare Anklicken von Kästchen auf Anbieterseiten ein Ende setzen. Der Käufer müsste laut den geplanten Vorgaben zudem willentlich und wissentlich den Gesamtpreis akzeptieren, bevor ein Vertrag abgeschlossen wird. Verkäufer wollen die Abgeordneten verpflichten, ihre Identität und ihre Anschrift klar hervorzuheben.
Probleme bei der Lieferung von Paketen vor allem aus anderen Mitgliedsstaaten will das Parlament eingrenzen und so den grenzüberschreitenden Online-Einkauf beflügeln. Künftig soll der Kunde das Recht haben, einen Vertrag zu stornieren, wenn die bei einem Fernkauf bestellte Ware nicht innerhalb von 30 Tagen geliefert oder eine entsprechende Dienstleistung nicht ausgeführt wird. Die Parlamentarier wollen die Händler für Schäden oder den Verlust der Ware während der Lieferung verantwortlich machen.
Vorgesehen ist zudem ein allgemeines 14-tägiges Rückgaberecht in der gesamten EU bei Fernabsatzverträgen. Eine gesonderte Angabe von Gründen soll dafür nicht nötig sein. Liegt der Warenwert über 40 Euro, müsste der Anbieter die Kosten für die Rücksendung übernehmen. Ein Kontoausgleich hätte zwei Wochen nach Rücktritt vom Kaufvertrag zu erfolgen. Verbraucher müssten aber selbst den Nachweis erbringen, dass sie die Ware zurückgegeben haben. Hat der Verkäufer den Kunden über das Widerrufsrecht nicht informiert, soll die entsprechende Frist dem Parlament zufolge bis zu einem Jahr verlängert werden. Länder wie Deutschland könnten aufgrund Ausnahmebestimmungen in diesem Fall aber auch bei einem unbegrenzt geltenden Anspruch bleiben.
Die Widerrufsmöglichkeiten wollen die Abgeordneten erstmals auch auf Online-Auktionen und Verkaufsveranstaltungen in den eigenen vier Wänden von Verbrauchern ausdehnen. Allerdings sollen ersteigerte Waren nur zurückgegeben werden können, wenn sie nicht von einer Privatperson gekauft wurden. Digitale Güter wie Musik, Filme oder Software-Programme sind nach Ansicht des Parlaments vom Widerrufsrecht auszunehmen. Der Verkauf soll mit Beginn des Herunterladens als abgeschlossen gelten.
Der Parlaments-Berichterstatter, der CDU-Abgeordnete Andreas Schwab, freute sich im Vorfeld der 1. Lesung des Richtlinienentwurfs, dass die Abgeordneten den "unrealistische Kommissionsansatz einer europaweiten Vereinheitlichung aller Verbraucherrechte-Bestimmungen auf ein vernünftiges Maß korrigieren" wollten. Das frustrierende Suchen etwa nach einer Kontakttelefonnummer auf den Webseiten so mancher Billigfluglinie entfalle mit den geplanten Nachbesserungen. Auch "die gefährliche Internetbetrügerei", bei der nur scheinbar gratis Dienstleistungen wie Horoskope oder Klingeltöne angeboten und der Verbraucher später mit Rechnungen und Klagen bedroht werde, solle ein Ende haben.
In der IT-Branche stößt die Initiative aber auch auf Kritik. So monierte der Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur (FFII) im Rahmen der Abstimmung, dass die Volksvertreter Anbieter von Software und Webservices unter dem Aufhänger des Verbraucherschutzes für Schäden haftbar machen wollten. Physikalische und digitale Güter dürften nicht weitgehend gleichgestellt werden, sonst werde die Entwicklung von Computerprogrammen ein noch gefährlicheres Geschäft als schon bislang. Andererseits lösten die Empfehlungen des Parlaments, die nun in Abstimmung mit dem EU-Rat ohne 2. Lesung gleich festgezurrt werden sollen, Verbraucherprobleme wie die Durchsetzbarkeit von Interoperabilität, die Übertragbarkeit von Daten sowie den Schutz der Privatheit und vor Patentbedrohungen nicht. (jk)