Marktforscher: iPad-Touchscreen kostet im Einkauf rund 100 US-Dollar

Spezialisten einer Beratungsfirma haben Apples iPad zerlegt und schätzen die Herstellungskosten der 499-Dollar-Version auf rund 260 US-Dollar. Die Tear-Down-Analyse der Marktforscher ergab auch Hinweise auf den Hersteller des A4-Prozessors.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 466 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

Die Marktforscher und Gerätespezialisten von iSuppli schätzen die Herstellungskosten des Apple iPads nach einer Tear-Down-Analyse auf rund 260 US-Dollar (195 Euro). Beim iPad mit 16 GByte Flash-Speicher und WLAN – also ohne UMTS- und GPS-Modul – sollen die Materialkosten rund 243 US-Dollar betragen. Dazu rechnet iSuppli noch 7,50 US-Dollar für Zubehör wie Ladegerät und Adapterkabel sowie 9 US-Dollar an Fertigungs- beziehungsweise Montagekosten. Die gesamten Herstellungskosten liegen damit etwas höher als noch im Februar erwartet. Im Verhältnis zu den 499 US-Dollar Verkaufspreis ist das zudem ein durchaus üblicher Wert, denn es kommen ja noch zahlreiche weitere Kosten hinzu, etwa für Transport, Lagerung, Vertrieb, Support, Marketing, Werbung, Ersatzteilhaltung, Rückstellungen für Reklamationen, Zinsen und selbstverständlich auch die Gewinnmarge. Allerdings hat Apple wohl auch noch Luft für Preissenkungen.

iSuppli führt sogenannte Teardown-Analysen von IT-Produkten durch: Dabei werden Geräte in sämtliche Komponenten zerlegt und deren Preise eingeschätzt. Solche Untersuchungen sind für konkurrierende Hersteller gedacht, die für die vollständigen Ergebnisse einige tausend Euro bezahlen. iSuppli wirbt mit Auszügen aus Teardown-Analysen prominenter Geräte für den eigenen Service – die Ergebnisse sind also mit Vorsicht zu genießen, weil die Methodik der Preisermittlung und weitere Randbedingungen nicht offengelegt werden. Aus den kostenpflichtigen Studien darf wiederum nicht zitiert werden. iSuppli hat aber langjährige Erfahrung mit solchen Untersuchungen, und die aktuelle Analyse der Herstellungskosten von Apples iPad ist etwa im Vergleich zu Studien über Smartphones mit ähnlichen Prozessoren – wie dem Google Nexus One oder dem Motorola Droid/Milestone – interessant.

Obwohl Apple langfristige Lieferverträge mit den Zulieferern schließt, besteht insbesondere beim NAND-Flash-Speicher, der mehr als 10 Prozent der Herstellungskosten ausmacht, ein hohes Risiko von Preisschwankungen, das Apple in der Kalkulation abfangen muss. Andererseits wiederum ist die Preisdifferenz von 100 US-Dollar zum iPad mit 32 GByte Flash-Speicher sehr hoch im Vergleich zum Preis einer SDHC-Karte mit 16 GByte Kapazität.

Besonders interessant ist der hohe Einkaufspreis, den iSuppli für das LC-Display des iPad ansetzt, nämlich 65 US-Dollar alleine für das 9,7-Zoll-IPS-Panel (vermutlich inklusive LED-Hinterleuchtung) sowie weitere 30 US-Dollar für den kapazitiven Touchscreen-Sensor zuzüglich rund 5 US-Dollar für mehrere daran angeschlossene Controllerchips. Die simplen10,1-Zoll-TN-Panels, die in gängigen Netbooks stecken, kosten hingegen nach Schätzungen nur etwa ein Drittel des iPad-Bildschirms. Anders gesagt: Zum Einkaufspreis, den iSuppli für den kompletten iPad-Touchscreen schätzt, bekommt man im Einzelhandel zurzeit ein komplettes 16-Zoll-Billigdisplay mit 720p-Auflösung für Desktop-PCs.

Komponenten des iPad mit 16 GByte Flash und WLAN laut iSuppli
Komponente Zulieferer Schätzpreis
9,7-Zoll-IPS-Display LG Display 65,00 US-$
kapazitiver Touchscreen Wintek 30,00 US-$
Gehäuseteile (Metall u. Kunststoff), Platinen, Steckverbinder k. A. 32,50 US-$
16 GByte NAND-Flash-Speicher k. A. 29,50 US-$
Lithium-Polymer-Akkus, 24,75 Wh Amperex, Dynapack 21,00 US-$
diverse elektronische Bauteile diverse 20,20 US-$
System-on-Chip A4 im Multi-Chip Package Samsung 19,50 US-$
zwei Mobile SDRAMs mit je 1 GBit (im A4-MCP integriert) Samsung 7,30 US-$
Funkmodul (WLAN+ Bluetooth + UKW) Broadcom (Chips) 8,05 US-$
Touchscreen-Controller (3 Chips) Broadcom/TI 5,50 US-$
Energieverwaltung Dialog/Samsung 3,35 US-$
Audio-Chip Cirrus Logic 1,20 US-$
Zubehör in der Verpackung k. A. 7,50 US-$
Fertigungskosten 9,00 US-$
Summe Herstellungskosten 259,60 US-$
Quelle: iSuppli, April 2010

Ein weiterer interessanter Hinweis von iSuppli ist der Zulieferer des von Apple selbst entwickelten A4-Prozessors, eines System-on-Chip (SoC) mit ARM-Kern: Angeblich wird er von Samsung gefertigt. Samsung beliefert Apple auch bisher schon mit Prozessoren beziehungsweise SoCs für iPhone und iPod Touch und fertigt auch die beiden 1-GBit-Speicherchips, die laut einer Untersuchung von iFixit zusammen mit dem eigentlichen ARM-SoC im A4-Gehäuse, einem Multi-Chip Package (MCP), stecken. Samsung Electronics betätigt sich auch als Chip-Auftragsfertiger (mit IBM-Fertigungstechnik). Gegenüber dem Wall Street Journal äußerte David Carey von UBM TechInsights, die deutlich höhere Performance des A4 (mit 1 GHz) im Vergleich zum 600-MHz-Prozessors des iPhone 3GS könne unter anderem damit zusammenhängen, dass der A4 die beiden SDRAM-Speicherchips über mehr Datenleitungen anbinde und damit eine höhere Datentransferrate zum ebenfalls 256 MByte fassenden RAM nutzen könne.

Lesen Sie hierzu auch:

(ciw)