Nach Raketenexplosion: ISS-Vorräte reichen noch 4 Monate

Zum zweiten Mal in Folge ist ein Versorgungsflug zur ISS gescheitert. Die Versorgung der Besatzung sei aber noch bis Oktober gewährleistet, betont die NASA. SpaceX versichert, künftig könnten Astronauten bei solchen Unfällen in Sicherheit gebracht werden.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 194 Kommentare lesen
Astronautennahrung

Vorerst gibt es noch genug Nahrung an Bord der ISS.

(Bild: NASA)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Gut zwei Minuten nach dem Start ist am Sonntag eine Falcon-9-Rakete der Firma Space Exploration Technologies (SpaceX) explodiert. Mit ihr ging auch der Raumfrachter Dragon verloren. Er sollte technische Ausrüstung, Material für Experimente und Lebensmittel zur Internationalen Raumstation (ISS) bringen. Es war der zweite fehlgeschlagene Versorgungsflug in Folge und der dritte seit Herbst.

Nun müssen nicht nur manche Forscher schon zum zweiten Mal ihr Experiment abschreiben. Auch die ISS-Besatzung muss sich anpassen. Es gilt, mit den Essensreserven zu haushalten. Normalerweise sollen Vorräte für ein halbes Jahr an Bord sein. Derzeit reichen sie noch bis in den Oktober hinein, wie Mike Suffredini nach dem Fehlschlag angab. Suffredini managt das ISS-Programm der NASA.

Das Protokoll für die Rückholung der Menschen an Bord werde aber erst aktiviert, wenn die Vorräte nur noch für 45 Tage reichen sollten, erklärte die NASA. Die russische Raumfahrtagentur Roskosmos soll am Freitag ein Progress-Modul mit Vorräten zur ISS schicken. Geht das nicht schief, wie beim jüngsten Progress-Flug Ende April, bringt das einen weiteren Monat Spielraum.

Dummerweise sind die Filter des Wasseraufbereitungssystems der ISS fast voll. Dieses System recycelt nicht nur Brauchwasser sondern auch den von Menschen und Tieren auf der Station abgesonderten Urin. Sogar der beim Ausatmen verlorene Wasserdampf wird zurückgewonnen. Am Ende kommt Wasser heraus, das sauberer sein soll, als irdisches Trinkwasser aus der Wasserleitung.

Nun überlegt die NASA, die Kriterien an Bord zu lockern. Damit könnte das aufbereitete Wasser noch länger verwendet werden. Sobald das nicht mehr möglich ist, muss die Crew auf Konservenwasser zurückgreifen, welches sich nicht durch besonderen Wohlgeschmack auszeichnet. Die entsprechenden Vorräte sollen etwas länger vorhalten als das Essen – nämlich bis Ende Oktober.

Der übernächste Versorgungsflug ist für Mitte August geplant. Dabei ist die japanische Raumfahrtagentur JAXA an der Reihe. Doch auch dann wird es noch kein neues Filterbett geben. Weil nun zwei hintereinander verloren gegangen sind, hat die NASA keinen Ersatz parat. Die Herstellung dauert, zumal solche Dinge nicht in Serie produziert werden.

Arbeit gibt es auf der ISS nun mehr als genug. Nachdem schon im Herbst eine Lieferung durch Orbital Sciences ATK explodiert war, müssen die Raumfahrer mehr Zeit für Tests und Reparaturen aufwenden, anstatt Dinge auszutauschen. Dabei sollten sie vor allem wissenschaftliche Experimente durchführen. Und zur Zeit sind überhaupt nur drei Männer an Bord.

Derzeit kann einzig Roskosmos Menschen zur ISS transportieren. Diese Abhängigkeit ist technisch riskant und berührt die US-Amerikaner auch in ihrem Nationalstolz. Ob die bei Boeing und SpaceX bestellten Crewtransporte von US-Boden aus wie geplant ab 2017 stattfinden, bleibt abzuwarten. SpaceX betont, dass eine Besatzung die jüngste Explosion überlebt hätte.

Die Sitze in einer Dragon v2

Die nächste Generation der Dragon-Kapsel, die Dragon v2, ist für Mannschaftstransporte konzipiert. Sie verfügt über ein Fluchtsystem in Form von Raketentriebwerken. Sollte, wie am Sonntag, die Trägerrakete in Schwierigkeiten geraten, sollen die Rettungstriebwerke zünden und die Crew aus dem Gefahrenbereich befördern.

Wie SpaceX-Managerin Gwynne Shotwell in einer Pressekonferenz nach der Explosion betonte, ist dieses Rettungssystem für noch "wesentlich energiereichere Ereignisse" als den aktuellen Unfall ausgerichtet. Denn am Sonntag habe es keine Fehlfunktion der ersten Stufe der Rakete gegeben. Deren Explosion wäre wohl heftiger ausgefallen. Dragon habe außerdem nach der Explosion noch für einige Zeit Telemetriedaten übermittelt, dürfte also nicht sofort mitexplodiert sein, berichtete Shotwell. (ds)