Verbraucherschützer wettern gegen Mogelpackung bei Roaming-Gebühren
Die Initiative der EU-Kommission, die Aufschläge für Mobilkommunikation in anderen Mitgliedsstaaten nur für maximal 90 Tage pro Jahr zu streichen, kommt bei deutschen und europäischen Verbraucherschützern nicht gut an.
Klaus Müller, Vorstand des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv), hat sich entschieden gegen die neuen Roaming-Pläne der EU-Kommission gewandt. "Der Wegfall der Roaming-Gebühren für nur 90 Tage entspricht weder der Realität noch dem Alltag eines Verbrauchers mit Blick auf Urlaub und berufsbedingte Aufenthalte im EU-Ausland", betonte der Konsumentenfürsprecher. Eingegrenzt werde die Freigabe vor allem durch die Bedingungen, dass sich Nutzer schon nach 30 Tagen wieder in ihr Heimatnetz einloggen müssten.
Insgesamt werde das vielfach gegebene Versprechen der EU-Gremien, den teuren Aufschlägen für Mobilkommunikation in anderen Mitgliedsstaaten weitgehend den Garaus zu machen, mit dem Vorhaben nicht erfüllt, ärgerte sich Müller. Der eigentlich angestrebte gemeinsame Binnenmarkt im Telekommunikationsbereich könne so nicht erreicht werden. Generell führe "lebhafter Wettbewerb unter den Telefonanbietern in Europa zu einer höheren Angebotsvielfalt und niedrigeren Preisen". Die Bedenken der Kommission, dass eine freizügigere Regel mittelfristig die Verbraucher mehr koste, könne er daher nicht teilen.
Vorschlag nach "Interessen der Wirtschaft"?
Eigentlich sollten die Mobilfunknetzbetreiber vom 15. Juni 2017 an keine Aufschläge mehr berechnen dürfen, wenn Kunden im EU-Ausland mobil telefonieren oder Daten abrufen. Die Brüsseler Regierungseinrichtung will mit ihrem Entwurf für "Fair Use-"Bestimmungen aber einen Missbrauch der Verordnung verhindern. Die geplanten Vorgaben sollen bis Ende des Jahres stehen. Zunächst können Interessierte den Plan gegenüber der Kommission kommentieren. In dem Forum beschweren sich Nutzer etwa bereits darüber, dass derlei "nationalstaatliche Regularien" in einem vereinten Europa keinen Platz mehr haben dürften. Der Vorschlag entspreche "wieder einmal mehr den Interessen der Wirtschaft".
Auch der europäische Verbraucherschutz-Dachverband Beuc lässt kein gutes Haar an der Initiative, da das angekündigte Aus für Roaming-Gebühren für die meisten europäischen Nutzer nicht real werde. Erst im Juli hatte die Vereinigung beklagt, dass die Aufschläge in Europa für allgemeine Telefonanrufe noch immer bis zu 2 Euro pro Minute kosten könnten, obwohl die Kommission schon lange eine Trendwende versprochen habe. Auch für SMS in andere Mitgliedsstaaten würden ungerechtfertigte Preise abverlangt.
Die Kommission verteidigt ihre Linie dagegen. "Die EU-Gesetzgeber wollten das Roaming für die normale Nutzung auf Reisen abschaffen nicht für Nutzer, die sich auf Dauer im Ausland niederlassen und ihren Heimatvertrag von dort aus weiter nutzen wollen", heißt es in Brüssel. Im Durchschnitt verreisten die Bürger in der EU zwölf Tage ins europäische Ausland. Mit dem Vorschlag geht man also weit über den üblichen Reisezeitraum hinaus. Wenn Mobilfunk-Anbieter die Frist verlängern oder überhaupt keine zeitliche Begrenzung festsetzen wollen, dürften sie das natürlich tun. Einige hätten diese schon angekündigt. Bürger, die sich länger als drei Monate in einem anderen EU-Land aufhalten oder sich dort ganz niederlassen, bekämen sonst "sehr geringe" Roaming-Gebühren.
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(axk)