Verizon schluckt Web-Pionier Yahoo

Das Schicksal von Yahoo ist entschieden. In einem Schnäppchen-Deal verleibt sich der US-Telco Verizon den Internet-Pionier ein – für knapp fünf Milliarden Dollar. Für die Chefin von Yahoo könnte sich der Verkauf persönlich lohnen.

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Yahoo!

Yahoo-Chefin Marissa Mayer hatte einen Plan. Doch die Rechnung ging nicht auf.

(Bild: dpa, Britta Pedersen)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Andrej Sokolow
  • Christoph Dernbach
  • dpa
Inhaltsverzeichnis

Als Yahoo gegründet wurde, waren Google und Facebook noch nicht einmal in Planung. Das weltweite Web war 1994 so jung, dass man die Seiten wie in einem Telefonbuch nach Themen ordnen konnte. Die Stanford-Studenten Jerry Yang und David Filo machten genau das mit "Jerry und Davids Wegweiser für das World Wide Web". Wenig später änderten sie den Namen in Yahoo, eine augenzwinkernde Abkürzung für "Yet Another Hierarchically Organized Oracle" (Noch ein hierarchisch geordnetes Orakel). Die Idee kam an, Yahoo wurde für viele Nutzer zur Startseite auf ihrem Weg ins Netz.

Doch das Web wurde schnell zu groß für diese Art von Katalogisierung. Damit schlug die Stunde von Internet-Suchmaschinen wie Google, die Inhalte selbst erfassen und und nach einem Algorithmus sortieren. Yahoo versuchte sich auch in diesem Geschäft, konnte jedoch – wie allerdings alle anderen auch – nicht mit Google mithalten. Es war übrigens Yang gewesen, der den Google-Gründern Larry Page und Sergey Brin empfahl, ihre eigene Firma zu gründen, statt weiter zu versuchen, ihre Such-Formel für eine Million Dollar an damalige große Player wie Excite zu verkaufen.

Es war einer der vielen Momente, in denen Yahoo-Bosse den Lauf der Geschichte der Internet-Branche hätten verändern können. Jahre später machte der damalige Yahoo-Chef Terry Semel noch einen Anlauf, Google für bis zu drei Milliarden Dollar zu kaufen – doch die inzwischen reiferen Gründer ließen ihn abblitzen.

Der frühere Hollywood-Manager Semel, der das Geschäft von Yahoo nach dem Platzen der Internet-Börsenblase zur Jahrhundertwende stabilisieren sollte, bot 2006 auch einem jungen Mann Anfang 20 eine Milliarde US-Dollar für dessen aufstrebendes Online-Netzwerk. Doch Mark Zuckerberg überzeugte seine Investoren, dass Facebook mit ihm an der Spitze viel mehr erreichen kann. Heute ist Facebook rund 350 Milliarden US-Dollar wert, die Google-Mutter Alphabet über 500 Milliarden US-Dollar – und Yahoo geht für keine fünf Milliarden über den Ladentisch.

Denn der Web-Pionier hat zwar nach wie vor hunderte Millionen Nutzer in seinen Diensten wie E-Mail oder News – liegt aber weit abgeschlagen hinter Google und Facebook im Geschäft mit Online-Werbung. Die Frage "Was ist Yahoo?" ließ einen Chef nach dem anderen verzweifeln, das Tempo, mit dem angesehene Top-Manager verschlissen wurden, ist enorm. Yang, der Semel 2007 selbst an der Spitze ablöste, wird vor allem damit in Erinnerung bleiben, dass er ein rund 45 Milliarden US-Dollar schweres Übernahmeangebot von Microsoft ablehnte. Seine Nachfolgerin war Carol Bartz, die vom Chefposten beim Software-Spezialisten Autodesk kam und dort viel Respekt genossen hatte. Sie biss sich an Yahoo ebenfalls die Zähne aus. Auf sie folgte Scott Thompson, der binnen weniger Monaten wieder weg war, nachdem einem kritischen Investor auffiel, dass er seinen Lebenslauf geschönt hatte.

Dann kam vor vier Jahren Marissa Mayer, die einen klaren Plan für Yahoo zu haben schien: Mehr Nutzer mit einem üppigeren Medienangebot anlocken, damit das Werbegeschäft wächst. Dafür baute sie News-Portale aus, engagierte bekannte Gesichter wie TV-Moderatorin Katie Couric und ließ sogar die eingestellte Comedy-Serie "Community" im Netz wieder aufleben. Zusätzlich investierte sie in die Rückkehr zu einem eigenen Suchmaschinen-Geschäft: Unter ihren Vorgängern hatte Yahoo die eigenen Algorithmen eingestampft und die Arbeit an Microsoft ausgelagert. Und sie kaufte für eine Milliarde US-Dollar die Blogplattform Tumblr, um jüngere Nutzer zu gewinnen.

Doch Mayers Rechnung ging nicht auf. Die Online-Werbung wanderte weiterhin vor allem zu Google und Facebook, das Mediengeschäft wurde inzwischen wieder eingedampft, allein die TV-Inhalte brachten Kosten von gut 40 Millionen US-Dollar. Auch Tumblr zündete nicht und rund zwei Drittel des Kaufpreises in der Bilanz fielen Wertberichtigungen zum Opfer. Falls die 40-Jährige nach der Übernahme gefeuert werden sollte, steht ihr immerhin eine Vergütung von rund 55 Millionen US-Dollar zu. Neben einer Abfindung in Höhe von drei Millionen US-Dollar in bar besteht das dicke Paket fast ausschließlich aus Aktien. Auf Tumblr erklärte Mayer, dass sie bleiben möchte. Ob das die neuen Eigentümer aber überhaupt wollen, wird man erst noch sehen.

Was können der Telekom-Riese Verizon und seine Online-Tochter AOL nun mit Yahoo ausrichten? "Es wird eine harte Integration", schrieb das bei Yahoo sehr gut vernetzte Technologieblog Recode. Auch nach Mayers Stellenkürzungen hat der Internet-Pionier immer noch rund 8800 Mitarbeiter – und AOL gehört bereits ein eigenes kleines Online-Medienimperium von der Huffington Post bis zu den Technologieblog TechCrunch und Engadget. (mho)