Pixel, Watt und Foldables: Die Smartphone-Trends des Jahres

Smartphones sind ausentwickelt, langweilig und sowieso auf dem absteigenden Ast? Mitnichten! Die Alleskönner werden beeindruckend weiterentwickelt.

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Smartphones aufgefachert, Blick auf die Kameras
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Smartphones haben immer mehr andere Geräte in sich vereint: Sie sind Kompaktkameras, Navis und Diktiergeräte in einem, obendrein noch MP3-Player, Terminplaner und Notizblock, Spielkonsole für unterwegs und allwissendes Nachschlagewerk. Die Zeit der großen technischen Sprünge zwischen Modellgenerationen ist zwar vorüber, selbst günstige Modelle schaffen die wichtigsten Aufgaben und reichen für den Alltag meist locker aus. Doch im Smartphone steckt nach wie vor viel Potenzial, das die Hersteller freisetzen wollen, indem sie ihre Geräte ständig weiter verfeinern und besser machen.

c't kompakt

  • Selbst günstige Smartphones beherrschen längst alle Grundfunktionen, doch die technische Weiterentwicklung geht ungebremst voran.
  • Neue Techniken machen es möglich, den leeren Akku in wenigen Minuten komplett zu laden.
  • Android und iOS werden sich bei den Funktionen immer ähnlicher, Apple und Google inspirieren sich offenbar gegenseitig.

Die technische Weiterentwicklung packen die Unternehmen nicht ohne Grund an: Die Märkte gelten als weitestgehend gesättigt, der Kampf um die Kundschaft tobt deshalb umso härter. Dass Newcomer es da schwer haben, ist eine Erfahrung, die unter anderem die Marken der chinesischen BBK-Gruppe in diesem Jahr machen mussten: Oppo und Vivo investieren hohe Summen als Sponsor von Fußball-Events – Oppo in der Champions League, Vivo bei der Welt- und Europameisterschaft –, kommen aber in Sachen Marktanteil kaum vom Fleck.

Auch Realme, eine weitere Marke von BBK, tut sich schwer, in Deutschland Fuß zu fassen. Oppo kämpft zudem mit einem gewaltigen Klotz am Bein, denn ein Patentstreit mit Nokia führte dazu, dass Oppo-Smartphones in Deutschland seit August nicht mehr verkauft oder beworben werden dürfen. Zum Redaktionsschluss dieses Artikels gab es in dem milliardenschweren Zwist zwischen beiden Unternehmen noch keine Einigung.

Ein anderes Unternehmen hat unterdessen mit seinem allerersten Smartphone überhaupt direkt für jede Menge Wirbel gesorgt, und das ganz ohne technische Bestmarken: Das Nothing Phone (1) hat es geschafft, mit einem individuellen Design und einer zwar teils ziemlich nervigen, aber unter dem Strich sehr erfolgreichen Marketingkampagne einen Fuß in die Tür zu bekommen.

Mit der transparenten Rückseite und den Leuchtelementen fällt das Nothing Phone (1) auf. Hinter der Marke steckt der OnePlus-Gründer Carl Pei.

Sogar die Telekom hat das Phone (1), eigentlich ein schnödes und für die Hardware zu teures Android-Smartphone der Mittelklasse ins eigene Sortiment aufgenommen. Das ist durchaus beachtlich und zumindest ein deutlicher Hinweis darauf, dass es nach wie vor Aspekte gibt, mit denen ein neuer Name aus dem Einheitsbrei hervorstechen kann.

Übrigens: Der starke Mann bei Nothing ist kein Unbekannter in der Technikbranche. Carl Pei, Gründer und ehemals Chef von OnePlus, hat es mit Nothing bereits zum zweiten Mal geschafft, einen Neuling in den Markt zu drücken. Ob der Erfolg von Dauer ist, wird sich noch zeigen müssen und ist alles andere als sicher.

Bei Faltsmartphones hat sich eine Menge getan, allerdings gibt es hier einen Haken: An einige der spannendsten Modelle kommen interessierte Käufer in Europa auf den offiziellen Verkaufswegen gar nicht, die Geräte werden ausschließlich in Asien verkauft. Zu diesen Foldables, die man nur mit einem gewissen Risiko über Importhändler bestellen kann, zählen etwa das Vivo X Fold+, das Xiaomi Mix Fold 2 oder das Oppo Find X. Auch Motorola brachte das neue Razr zunächst in China in die Läden, hat einige Zeit später aber in Deutschland nachgezogen. Zwar gehört Motorola zum chinesischen Lenovo-Konzern, hält dort aber anders als in den USA und Europa kaum relevante Marktanteile.

Dass einige Hersteller ihre Smartphones nicht oder nur arg verspätet hierzulande auf den Markt bringen, führt dazu, dass Samsung bei den Foldables in Deutschland quasi konkurrenzlos ist. Eine angenehme Situation für die Koreaner, die mit der vierten Generation von Fold und Flip nur sanfte Modellpflege betreiben mussten. Die Faltsmartphones sehen ihren Vorgängern zum Verwechseln ähnlich, halten dank größerer Akkus und höherer Energieeffizienz aber länger durch und nähern sich in diesem Punkt Smartphones herkömmlicher Bauart immer mehr an.

Samsung hat mit dem Galaxy Z Fold4 (links) und dem Galaxy Z Flip4 (rechts) den deutschen Markt fest im Griff. In China gibt es deutlich mehr Konkurrenz bei den Foldables.

Auch wenn die meisten Hersteller ihre Faltsmartphones hierzulande noch nicht anbieten, haben die Foldables eine Nische für sich geschaffen. Sie sind alltagstauglich geworden und haben sich von einem Experiment zu einer etablierten Produktkategorie entwickelt, die ihre Daseinsberechtigung hat. Zwei große Namen haben daran aber offenbar noch Zweifel: Apple und Google machen weiterhin einen Bogen um Foldables, auch im Jahr 2022 bekamen Fans keine offizielle Ankündigung über ein Pixel Fold oder ein faltbares iPhone zu hören.

Apples iPhone 14 mag derweil äußerlich kaum von seinem Vorgänger zu unterscheiden sein, geht aber anderswo neue Wege. Es kann alternativ zur klassischen Mobilfunkkommunikation auch Kontakt zu Satelliten aufnehmen. Diese Funktion, die auch Huawei dieses Jahr ankündigte, soll bei Notfällen im Funkloch noch die Möglichkeit schaffen, Notrufe abzusetzen. Das werden die allermeisten Menschen zwar nie benötigen, technisch spannend ist der Satellitenfunk jedoch allemal. Schade, dass Apple ihn zunächst nur in Nordamerika implementiert.

Vorerst ausschließlich in den USA und Kanada macht Apple einen Schnitt: Beim iPhone 14 hat Apple den SIM-Kartenschacht gestrichen und setzt komplett auf die programmierbare eSIM. Klar, ohne SIM-Schublade spart man Platz im engen Gehäuse und Kosten, opfert aber die Flexibilität, etwa im Ausland flugs eine lokale SIM zu kaufen und ins Handy zu stecken. Das geht einfacher als eine eSIM zu installieren oder von einem Gerät auf ein anderes zu übertragen.

Apples Argument, der SIM-Slot brauche zu viel Platz, erweist sich beim Auseinandernehmen des iPhone 14 zudem als vorgeschoben: Anstelle der SIM-Schublade steckt im amerikanischen Modell ein funktionsloser schwarzer Klotz aus Kunststoff. Die Beschränkung auf die eSIM als einzige Option ist ein radikaler Kurswechsel, bei dem es noch dauern dürfte, bis er von anderen Smartphoneherstellern aufgenommen wird – wenn überhaupt.