Doppelfall

Die Grenzen zwischen privater und geschäftlicher Nutzung von Handys, Smartphones und Computern verschwimmen. Das birgt juristische Fallstricke und alle Beteiligten stehen vor einer Vielzahl juristischer Fragen – angefangen beim Arbeitsrecht bis hin zum Urheberrecht.

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Lesezeit: 23 Min.
Von
  • Matthias Parbel
Inhaltsverzeichnis

Mobiltelefone, Smartphones, Laptops und dergleichen gehören sowohl zur Geschäftswelt als auch zum Privatleben. In beiden Bereichen sind viele immer "auf Empfang". Da liegt es nahe, über die private Mitbenutzung des geschäftlichen Smartphones oder des Firmen-Laptops sowie den Gebrauch privater Geräte fürs Berufliche nachzudenken, um nicht immer mehrere Geräte dabeihaben zu müssen. Doch beides wirft eine Vielzahl rechtlicher Fragen auf. Nur selten sind alle Aspekte eindeutig vertraglich geregelt. Neben arbeits- und steuerrechtlichen Aspekten spielen insbesondere Lizenzfragen eine Rolle. Der überwiegende Teil der Gerichtsentscheidungen und Diskussionen beschäftigt sich mit Mobiltelefonen. Das liegt schlicht daran, dass die Geräte schon länger auf dem Markt sind und bereits etliche juristische Reibereien ausgelöst haben. Daraus lassen sich rechtliche Rahmenbedingungen für alle anderen mobilen Geräte ableiten, wobei jede Technik aber zusätzlich rechtliche Besonderheiten aufweist.

Viele Mitarbeiter, Geschäftsführer und Vorstände von Unternehmen sind mobil erreichbar. Der Siegeszug der Smartphones in den vergangenen Jahren hat zu einer Konvergenz von Mobiltelefonie und mobilen Datengeräten geführt. BlackBerry, iPhone & Co. gehören selbst verständlich zum Handwerkszeug von Geschäftsleuten. Die private Mitnutzung der Geräte ist in den meisten Fällen scheinbar selbstverständlich, solange der Arbeitgeber sie nicht ausdrücklich untersagt. Damit stellt sich aber die Frage, wem das Gerät gehört, wer für die Gebühren aufkommen muss und wer bei Missbrauch oder Verlust in Rechenschaft zu ziehen ist. Häufig gibt es vor allem (juristische) Auseinandersetzungen, wenn ein Mitarbeiter das Unternehmen verlässt oder gar zur Konkurrenz wechselt. Darf er das Gerät behalten? Darf er die Rufnummer "mitnehmen"? Was geschieht mit den Daten auf dem Gerät?

Klar ist die Rechtslage nur, wenn der Arbeitgeber jede Form der privaten Mitnutzung solcher Kommunikationsgeräte ausdrücklich untersagt hat. Steht im Arbeitsvertrag, dass Mobilfunkgeräte ausschließlich der Erfüllung geschäftlicher Zwecke zu dienen haben, kann eine vertragswidrige Mitnutzung für private Zwecke arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen – von einer Abmahnung bis hin zur fristlosen Kündigung. Als Ausnahme gilt nur, wenn ein privater Anruf ausnahmsweise dienstlich veranlasst ist. Rechtliche Schritte muss man nicht fürchten, wenn man etwa seinem Ehepartner mitteilt, dass man aus beruflichen Gründen ungeplant später nach Hause kommt.

Ist eine private Nutzung nicht gestattet, spielt es zunächst keine Rolle, ob dem Arbeitgeber ein finanzieller Schaden entstanden ist. Führt jemand beispielsweise ein privates Telefongespräch vom geschäftlichen Handy aus, ohne dass dies zu Mehrkosten führt (etwa weil eine Flatrate greift), kann darin dennoch eine Verletzung des Vertrauens des Arbeitgebers in seinen Arbeitnehmer liegen. Jüngste Gerichtsverfahren zu "kleinen" Vergehen, wie unerlaubtem Aufladen eines privaten Handys auf Kosten des Arbeitgebers mit einem Schaden im Centbereich und einer daraufhin erfolgten fristlosen Kündigung des Mitarbeiters haben zu Schlagzeilen geführt.

Entsteht dem Arbeitgeber kein finanzieller Schaden, gilt rechtlich in den meisten Fällen allenfalls eine Abmahnung als angemessen und gerechtfertigt. Anders sieht es aus, wenn sich der Mitarbeiter schon zuvor etwas hat zu Schulden kommen lassen. Ist ein finanzieller Schaden entstanden, liegt schnell eine Kündigung auf dem Tisch.

Gulp-Umfrage: Private Internetnutzung im Projekt (3 Bilder)

Recht und Freiheit

In der von Gulp (www.gulp.de) durchgeführten Befragung von Freelancern zur privaten Nutzung des Internet im Rahmen eines geschäftlichen Projekts lassen sich drei Trends ablesen: 1. Privates Surfen ist fast eine Selbstverständlichkeit… (Bild: Gulp)

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Will ein Arbeitgeber die Einhaltung eines Verbots privater Telefonate überwachen, ist Vorsicht geboten. Soll die Überwachung mit technischen Einrichtungen geschehen, ist der Betriebsrat unbedingt vorab einzubeziehen. Nach § 87 Absatz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes unterliegt unter anderem die "Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen" der Mitbestimmung. Das Protokollieren von Zeit und Dauer von Telefonaten und der jeweiligen Rufnummer fällt ohne Weiteres unter diese Vorschrift.

Selbst dort, wo kein Betriebsrat existiert, sind einer Mitarbeiterüberwachung rechtlich enge Grenzen gesetzt. Das Bundesarbeitsgericht hat 2004 ein wegweisendes Urteil dazu gefällt (Az. 1 ABR 34/03). Zwar ging es dort um die Frage der Zulässigkeit einer verdeckten Videoüberwachung einer Mitarbeiterin, aber pauschal führten die Karlsruher Richter aus, dass jede Überwachungsmaßnahme eines Arbeitgebers am allgemeinen Persönlichkeitsrecht eines Mitarbeiters zu messen ist.

Nur wenn die schutzwürdigen Interessen des Arbeitgebers diejenigen des Arbeitnehmers im konkreten Einzelfall überwiegen, kann eine verdeckte Überwachungsmaßnahme gerechtfertigt sein. Hat der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter vor Einrichtung einer solchen Maßnahme ausreichend darüber informiert und ist die private Nutzung von firmeneigenen Geräten ausdrücklich verboten, ist die Überwachung zwar zunächst einmal zulässig, muss sich aber an Regeln halten. Zum Beispiel kann die lückenlose Überwachung sämtlicher Telefonate eines Mitarbeiters das zulässige Maß überschreiten.

Soll die private Mitnutzung von Mobilfunkgeräten gestattet sein, ist zur rechtlichen Absicherung eine klare und eindeutige Vereinbarung notwendig. Das kann entweder individuell für einen Mitarbeiter im Rahmen des Arbeitsvertrages oder durch den Abschluss von Betriebsvereinbarungen für sämtliche Mitarbeiter oder nur bestimmte Gruppen erfolgen, beispielsweise bei Mitarbeitern im Außendienst. Wichtig ist, dass es sich um klare und präzise Vereinbarungen handelt. Zu regeln sind der private Gebrauch auch im Ausland oder für Anrufe in das Ausland, die private Datennutzung bei Smartphones sowie die Verwendung von Sonderrufnummern wie 0900er.