Elektromärkte im Test: Lange Wartezeiten – Mittelmäßiger Service

Im Kampf um das Geld der Kunden kennen die Flächenmärkte weder Freund noch Feind. Da wird mit harten Bandagen um Marktanteile gekämpft. Auf der Strecke bleiben häufig Kundenfreundlichkeit, Kompetenz und Service. Zu diesem Ergebnis kommt eine jetzt veröffentlichte Studie.

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Von
  • Matthias Parbel
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(Bild: Media Markt)

Der Mann ist Commedian, heißt Mario Barth und preist die Angebote von Media Markt an wie Sauerbier. Schnoddrig klärt er zu Waschmaschinen, Notebooks, Bügelautomaten oder LCD-Fernsehern schon mal auf: "Billiger geht so". Auch andere Komödianten wurden von anderen Auftraggebern schon bemüht. Otto, der Waalkes Otto zum Beispiel. Er zappelte durch Werbetrailer, lieh seine Stimme, ebenfalls für das breite Angebot der Consumer Electronic. Ohne geht’s offensichtlich nicht mehr.

Mit offensiven Werbekampagnen und Sonderaktionen kämpfen die Elektromarktketten um die Gunst der Kunden. Da sind die zum Metro-Konzern gehörenden Ingolstädter Flächenmarktspezialisten von Media Markt und Saturn längst keine Ausnahme mehr. Auch ProMarkt vom Rewe-Konzern buhlt sogar mit dem "Ende der Service-Wüste" um die Aufmerksamkeit des Publikums, wie die Verbundgruppen Electronic Partner in Düsseldorf, die in Ditzingen bei Stuttgart ansässige Euronics oder Expert aus Langenhagen bei Hannover. Immer mehr Standorte, immer mehr Fläche, das bescherte in Deutschland den Elektromarktketten und Verbundgruppen im vergangenen Jahr ein Umsatzvolumen von rund 22 Milliarden Euro und verdrießt manch einen Einzelhändler.

Verbundgruppen wie Electronic Partner, Euronics und Expert konnten die Servicestärke ihrer Fachhandelsbetriebe ausspielen. Die großen Ketten, allen voran Media Markt und ProMarkt, zeigten einmal mehr die Schwächen, die im System der Großflächen begründet sind.

Allerdings ist es mit lautstarkem Trommeln allein nicht getan, um die Umsatzkurve weiter nach oben zu treiben. Denn die heißbegehrte Kundschaft erwartet nicht nur den möglichst günstigsten Preis, sondern immer häufiger auch ein freundliches, hilfsbereites Gegenüber. Oder anders gesagt: serviceorientiertes, kundenfreundliches und flottes Verkaufspersonal. Wenn dann noch der Preis stimmt, ist eigentlich alles in Butter.

Aber genau beim Tempo, mit der Hilfsbereitschaft und beim Service hapert es häufig. Zu diesem Ergebnis ist das Deutsche Institut für Service Qualität in Hamburg gekommen. Im Auftrag des Fernsehsenders n-tv testete das Institut jeweils zwölf Filialen von acht Elektromarktketten und Verbundgruppen: Media Markt, Saturn, ProMarkt, EP Electronic Partner und die Großflächenmarke Medimax, Euronics und deren Großflächenmarke Euronics XXL sowie Expert. Dabei stellten die Tester schon mal fest, dass gerade die Hälfte der Märkte guten Service bieten. Oder anders gesagt, bei jedem zweiten Markt war der Service allenfalls befriedigend.

"Bei jedem dritten Gespräch war die Beratungsqualität nicht zufriedenstellend", Bianca Möller, Geschäftsführerin Deutsches Institut für Service-Qualität

(Bild: Deutsches Institut für Service-Qualität)

Dass Größe nicht alles ist, zeigte sich auch beim Thema Kompetenz und Freundlichkeit. Zwar konnten die großen Ketten vor allem mit einem umfangreichen Sortiment und attraktiven Aktionen punkten, mussten sich aber gegenüber den kleineren Handelsbetrieben, beispielsweise den Fachbetrieben von EP, Euronics und Expert, bei der Qualität des Personals geschlagen geben. "Bei der Beratung nahmen sich die Mitarbeiter viel Zeit für den Kunden und erklärten Themen wie HD-Fähigkeit von Fernsehgeräten oder Schonprogrammen von Waschmaschinen verständlich und umfassend", betont Bianca Möller, Geschäftsführerin des Marktforschungsinstituts.

"Nur keine Hektik, Kollege kommt gleich!" Dieser Hinweis, plakativ an den Regalen positioniert, dürfte sicherlich der Realität in den meisten Märkten entsprechen. Denn wie die Tester erfahren mussten, waren lange Wartezeiten zwischen vier und 25 Minuten auf eine Beratung, vor allem bei den größeren Märkten, eher die Regel denn die Ausnahme. So moniert das Institut, dass freie Mitarbeiter, soweit überhaupt zu sehen, nur zu etwa der Hälfte der Fälle aktiv auf den Kunden zugegangen sind. "Bei jedem dritten Gespräch war die Beratungsqualität dann nicht zufriedenstellen", kritisiert Serviceexpertin Möller und stellt weiter fest: "Die Mitarbeiter stellten keine Produktalternative vor, erfragten die Kundenbedürfnisse unzureichend, informierten nicht über alle relevanten Aspekte oder konnten Fragen nicht beantworten."

Führt die gute Positionierung auf das Qualifizierungsprogramm der Gruppe zurück, Benedict Kober, Vorstandssprecher Euronics

(Bild: Euronics)

Bei aller Kritik, es gibt aber auch gute Gesamtnoten. So schneiden die Großflächen von EP, Medimax, unter allen getesteten Marken am besten ab. Begründet wird die Auszeichnung "Bester Elektronikmarkt 2010" mit kompetenter Beratung im Test sowie motivierten Mitarbeitern, guten Orientierungsmöglichkeiten und einem großen Angebot. Euronics auf Platz zwei, zeichnet sich durch freundliches Personal aus, das sehr professionell auf Kundenbeschwerden reagierte. Als Drittplatzierten machten die Tester EP Electronic Partner aus. Die Gruppe punktete unter anderem durch kurze Wartezeiten und kostenlose Zusatzservices wie Lieferung und Altgeräteentsorgung. Insgesamt flossen in die Bewertung 96 Servicekontakte ein. Die Studie erfasste das Erscheinungsbild der Filialen, deren Sauberkeit, das Produktangebot und dessen Präsentation, Warte- und Öffnungszeiten, die Kompetenz und Freundlichkeit der Mitarbeiter sowie kostenlose Zusatzservices.

Natürlich hat heise resale bei den getesteten Unternehmen um ein Statement zu den Ergebnissen nachgefragt. Während sich Electronic Partner bereits am Tag der Veröffentlichung der Studie in Form einer Pressemitteilung äußerte, ließen sich Euronics und die Media-Saturn-Holding zwar etwas mehr Zeit, waren aber zu einer Stellungnahme bereit.

Sieht die Beratungsstärke der Fachmärkte bestätigt: Martin C. Rusterholz, Geschäftsführender Direktor Medimax

(Bild: EP)

"Wir freuen uns sehr über die Auszeichnung 'Bester Elektronikmarkt 2010' – vor allem, dass wir neben dem Gesamtsieg mit der besten Beratung überzeugen konnten. Denn das bestätigt unsere Philosophie: Wir sind der beratungsstärkste Fachmarkt in Deutschland", kommentiert Martin C. Rusterholz, Geschäftsführender Direktor der Marke Medimax, das Resultat. Deshalb sei "die qualifizierte, professionelle und individuelle Beratung jedes einzelnen Kunden die Regel und keine Glückssache". Zudem sieht er im Platz drei für EP die Bestätigung für die "außerordentliche Servicestärke" der Düsseldorfer Verbundgruppe.

Und für Benedict Kober, Vorstandssprecher Euronics Deutschland, zeige die Studie, dass sich "unsere Anstrengungen in punkto Service und Beratung" ausgezahlt haben. "Das umfassende Euronics-Qualifizierungsprogramm wird von unseren Mitgliedern sehr gut angenommen und kontinuierlich ausgebaut. Denn unser 'claim of electronics' ist für uns und unsere Mitglieder kein Lippenbekenntnis, sondern wird täglich durch beste Produkte, kompetente Beratung und umfassende Service gelebt". Weiter legt Kober Wert auf die Feststellung, dass sich Euronics-Händler "viel Zeit für die Kunden" nehmen würden, um auf komplexe Themen eingehen und verständlich erklären zu können. "Das können große Elektronikketten häufig nicht bieten."

Für Media Markt und Saturn betont eine Sprecherin des Unternehmens, dass man sich zunächst freue, "dass unsere Sortimentstiefe und Warenpräsentation bei dem Test sehr gut abgeschnitten haben". Beim Thema Service hingegen würden eigene Analysen zeigen, dass die Kunden mit diesem Service zufrieden seien. "Service steht auf unserer Agenda weit oben. Wir haben in den letzten Jahren unser Serviceangebot stark und umfassend nach den Bedürfnissen unserer Kunden ausgebaut und bieten neben der fundierten Beratung durch kontinuierlich geschulte Mitarbeiter ein sehr breites Spektrum an Serviceleistungen, von der einfachen und schnellen Lieferung über die komplette Installation und Montage von Geräten bis ihn zur Computer-Hilfe vor Ort oder sogar Datenrettung". Gleichwohl, so die Unternehmenssprecherin, nehme man solche Untersuchungen immer zum Ansporn noch besser zu werden, "um unsere Kunden optimal zu bedienen". (map)

Willy Fischel, Geschäftsführer Bundesverband Technik des Einzelhandels (BVT)

(Bild: BVT)

Handel investiert in Qualifikation und Service

Der Facheinzelhandel jedenfalls investiere viel Zeit und Geld in Qualifizierung und Services. Davon ist Willy Fischel überzeugt. Der Geschäftsführer des Bundesverband Technik des Einzelhandels in Köln gegenüber heise resale: "Die Händler investieren so viel wie nie zuvor." Ein Indiz dafür sei das Qualifizierungskonzept PluralMedia, das anwendungsorientiertes Wissen für alle Fachkräfte der Branchen IT, TK und UE vermittle, um die aktuellen und zukünftigen Technologien für Konvergenz, Multimedia und Heimvernetzung aktiv vermarkten zu können. "Mit mittlerweile über 1.000 Anmeldungen sind unsere Erwartungen mehr als übertroffen", freut sich der Verbandsgeschäftsführer über das Interesse an den Qualifizierungsmaßnahmen zum "PluralMedia Fachbetrieb".