Versandkosten bei Widerruf im Fernabsatzhandel

Wer trägt die Hin- und Rücksendekosten? In jedem Fall der Händler oder auch mal der Verbraucher? Antworten auf die wichtigsten Fragen finden Sie im folgenden Beitrag.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Ein Kunde, der seine Bestellung im Fernabsatzhandel widerruft, hat nicht nur Anspruch auf Erstattung des Kaufpreises, sondern in aller Regel auch auf die der Versandkosten. Allerdings kommt es zwischen Kunden und Händlern immer wieder zu Missverständnissen darüber, welche Beträge und Zuschläge nun genau zu erstatten sind. Rechtsanwalt Nicolai Amereller von der IT-Recht-Kanzlei in München beantwortet die wichtigsten Fragen zu diesem Thema.

Muss der Online-Händler dem Verbraucher nach einem Widerruf die Hinsendekosten erstatten?

Ja. Grundsätzlich hat der Händler im Widerrufsfall die Versandkosten für die Lieferung der Ware an den Kunden zu tragen und ihm auch diesen Betrag zu erstatten.

Hinsendekosten können aber Zuschläge für eine Nachnahme oder eine Express-Lieferung beinhalten. Muss ein Online-Händler das Geld für diese Zusatzservices bei Widerruf ebenfalls zurückzahlen?

Im Falle der Express-Lieferung ist der Händler tatsächlich auf jeden Fall dazu verpflichtet, auch den Zuschlag für diesen Service zu erstatten und nicht nur die Kosten für den Standardversand. Bei der Nachnahme könnte man sich theoretisch darüber streiten, ob diese tatsächlich den Versandkosten oder nicht doch der Zahlungsmethode zuzuordnen sind. Das Amtsgericht Köpenick hat in so einem Fall aber schon mal zu Gunsten des Verbrauchers entschieden (Az.: 6 C 369/09).

Welche Regeln gelten, wenn der Kunde mehrere Waren bestellt und nur bei einem Teil der Bestellung von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht?

Werden die Hinsendekosten abhängig von Größe, Menge und Gewicht der Waren erhoben, muss der Händler unter Umständen den Betrag, der für den Hinversand der nun zurückgeschickten Ware angefallen ist, anteilig erstatten. Handelt es sich um pauschale Versandkosten (z.B. eine Versandpauschale von 7 Euro für die gesamte Bestellung), muss er dem Kunden nichts davon zurückzahlen. Denn diese Kosten hätte der Kunde auch gehabt, wenn er nur die anderen Waren – also ohne das zurückgeschickte Produkt – bestellt hätte.

Wer trägt im Falle eines Widerrufs die Rücksendekosten?

Grundsätzlich ebenfalls der Händler. Allerdings gibt es durchaus Fälle, in denen auch der Verbraucher zahlen muss. Beispielsweise kann der Händler vertraglich vereinbaren, dass der Verbraucher die Rücksendekosten tragen muss, wenn der Preis der zurückgeschickten Ware nicht mehr als 40 Euro beträgt oder bei einem höheren Preis der Kunde den Kaufpreis oder eine vereinbarte Teilzahlungsrate noch nicht geleistet hat..

Weitere Voraussetzung dieser Kostenauferlegung ist, dass die gelieferte Ware auch der bestellten entspricht. Mit anderen Worten: Wird dem Kunden ein anderer Artikel als bestellt geliefert oder ist die Ware sonst mangelhaft, muss er trotz entsprechender Vereinbarung die Kosten für deren Rücksendung nicht zahlen.

Kommt es hinsichtlich der 40-Euro-Grenze der Rücksendekosten auf den Gesamtwert der Waren oder auf die Einzelpreise an?

Diese Frage ist zwar in der Praxis durchaus umstritten, doch das Gesetz ist auf der Seite des Händlers, wenn man es wörtlich nimmt. In § 357 Absatz 2 Satz 3 BGB ist nämlich vom “Preis der zurückzusendenden Sache“, also vom Singular die Rede. Die Summe der Preise ist also unerheblich. Schickt der Kunde drei Artikel im Wert von jeweils 20 Euro zurück, muss er demnach die Kosten selbst tragen, sofern der Händler ihm die Kosten der Rücksendung auch vertraglich auferlegt hatte. Kostet einer der Artikel aber z.B. 40,10 Euro muss der Händler die Rücksendekosten übernehmen. Fallen die Rücksendekosten durch das Mitschicken des oder der Artikel, deren Preis 40€ nicht übersteigt höher aus (z.B aus Gewichtsgründen), muss der Verbraucher den Betrag, um den sich die Rücksendekosten erhöhen, selber berappen.

Gibt es Ausnahmen von dieser Regel?

Ja, wenn die Artikel zusammengehören. So hatte das Amtsgericht Arnsberg die Additionzugelassen, als ein Verbraucher sechs gekaufte Stühle zurückschicken wollte, von denen jeder knapp dreißig Euro kostete. Dabei handelte es sich nach Auffassung des Gerichts um "eine Sitzgruppe", die Stühle seien mithin einheitlich zu betrachten. Ob demnach z.B. auch ein PC, ein Drucker und ein Bildschirm als Einheit angesehen werden müssen, kann allerdings nur durch Betrachtung des Einzelfalls entschieden werden. Für den Händler dürfte es aber am Ende billiger sein, die Rücksendekosten in solchen Fällen zu ersetzen, statt jedes Mal im Einzelfall abzuwägen und sich ggf. vor Gericht über das Thema zu streiten.

Muss der Verbraucher die Rücksendekosten vorstrecken?

Nein. Natürlich ist es besser, wenn der Kunde das Porto vorstreckt und dann vom Verkäufer erstattet bekommt. Allerdings muss der Händler auch hinnehmen, wenn der Kunde das verweigert und die Ware stattdessen "unfrei" verschickt, was für den Händler mit erheblichen Aufschlägen durch die Post verbunden ist. Den Unfrei-Zuschlag muss der Händler dann tragen, wenn er im konkreten Fall die Kosten der Rücksendung zu tragen gehabt hätte. Andernfalls kann er die Kosten, die ihm für die Annahme der unfreien Sendung entstanden sind, vom Verbraucher zurückfordern. Wer das vermeiden möchte, sollte der Bestellung lieber gleich einen Retourenaufkleber beilegen. Allerdings ist der Verbraucher auch nicht verpflichtet, diesen zu benutzen. (gs)
(masi)