Wenn das Finanzamt Fehler macht: Keine Änderung des Steuerbescheids

Der Job des Finanzamts besteht in erster Linie darin, die Angaben des Steuerpflichtigen zu überprüfen. Kommen Finanzbeamte dieser Verpflichtung nicht sofort nach, dürfen sie den Steuerbescheid auch nicht nachträglich ändern, so ein aktuelles Urteil.

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Von
  • Marzena Sicking

Als Steuerzahler muss man sich nicht alles gefallen lassen. Vor allem muss man nicht dafür geradestehen, dass ein Finanzbeamter seinen Job nicht richtig gemacht hat. Kommt das Finanzamt seiner Ermittlungspflicht nicht ausreichend nach, darf es den Steuerbescheid nicht einfach nachträglich ändern, wenn der Fehler endlich aufgefallen ist. "Neue Tatsachen" können zwar zu einer nachträglichen Änderung des Steuerbescheids führen, aber nicht, wenn die Fakten vorher einfach übersehen wurden. Das hat das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz in einem jetzt veröffentlichten Urteil bestätigt (22. Februar 2011, Az.: 3 K 2208/08).

Geklagt hatte ein Mann, der als Bezirksverkaufsleiter regelmäßig 5 bis 9 Filialen zu betreuen hatte und sich gegen die nachträgliche Änderung der Steuerbescheide für insgesamt drei Jahre zur Wehr setzte. In diesen Einkommensteuererklärungen hatte er keine Details zu seinem Beruf angegeben. Lediglich in einer der Steuererklärungen hatte er eingetragen "Verkaufsleiter" zu sein.

Er machte für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte Werbungskosten und zusätzlich noch Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von jeweils 2800 Euro geltend. Dabei fügte er jeweils eine Anlage "Reisekosten" mit Tagesberichten bei, die vom Finanzbeamten u.a. mit dem Vermerk "Nachweise lagen vor" versehen wurde. In einer Steuererklärung legte er auch noch eine Anlage zu den Werbungskosten bei und vermerkte darauf "Reisekosten als Revisor laut Wochenberichten". Auch das wurde vom zuständigen Beamten abgehakt.

Als es zu einer Außenprüfung durch das Finanzamt kam, wurden Fehler aufgedeckt. Das Finanzamt stellte fest, dass die Voraussetzungen für eine sogenannte "Einsatzwechseltätigkeit" hier nicht vorlagen. Denn die verschiedenen Filialen, die der Mann besuchen musste, seien aus steuerrechtlicher Sicht als einheitliche regelmäßige Arbeitsstätte des Klägers zu beurteilen. Für die Praxis bedeutete das, dass er keinen Anspruch auf die Gewährung von Verpflegungsmehraufwendungen hat. Das Finanzamt schickte dem Mann daraufhin für die Jahre 2003 bis 2005 geänderte Einkommensteuerbescheide zu und berief sich auf "neue Tatsachen". Der Steuerpflichtige sei seiner Steuererklärungs- und Mitwirkungspflicht zuvor nicht ausreichend nachgekommen.

Dagegen wehrte sich der Mann. Schließlich hätte das Finanzamt den vorgelegten Steuererklärungen alle Informationen entnehmen können, um selbst festzustellen, ob es sich um eine Reisetätigkeit handele oder nicht. Das Finanzamt argumentierte demgegenüber, dass Arbeitnehmerfälle im Rahmen eines Masseverfahrens nur einer eingeschränkten Ermittlungspflicht des Finanzamts unterliegen.

Die Richter des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz entschieden dennoch zugunsten des Steuerzahlers. Das FG bestätigte dabei zwar, dass es sich beim Aufsuchen der Filialen eindeutig nicht um eine Reisetätigkeit handele, so dass Verpflegungsmehraufwendungen auch nicht anzusetzen seien. Allerdings sei eine Änderung der Bescheide trotz der "neuen Tatsachen" ausgeschlossen, weil diese dem Finanzamt bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Ermittlungspflichten schon vorher nicht verborgen geblieben wären. Der Kläger habe zwar unzureichende Angaben zu dem ausgeübten Beruf gemacht, doch seien seine übrigen Angaben in den Steuererklärungen hinsichtlich der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einerseits und zu Reisekosten andererseits offenkundig widersprüchlich gewesen.

So hätte auffallen müssen, dass einerseits eine hohe Zahl von Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstelle geltend gemacht wurden und zugleich auch eine hohe Zahl von Dienstreisen mit langen Abwesenheitszeiten. Aber entweder fuhr der Mann zwischen Wohnung und Arbeitsstätte hin und her oder war auf Dienstreise – beides gleichzeitig geht einfach nicht. Es hätte sich aber aufgedrängt, dass der Veranlagungsbeamte beim Kläger nachgefragt und ihn aufgefordert hätte, eine schlüssige Erklärung zu seinen widersprüchlichen Angaben abzugeben. Dies sei aber unterblieben, womit der Beamte seine Amtsermittlungspflicht verletzt habe. Dafür muss der Steuerpflichtige nicht gerade stehen. (Marzena Sicking) / (map)
(masi)