Ausfahrt im E-Auto Volvo XC40 Recharge P8: Zum Start die Maximallösung

Volvo geht beim ersten komplett elektrischen SUV in die Vollen: Großer Speicher, viel Leistung, fürstlicher Preis. Erste Ausfahrt im XC40 Recharge P8.

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Volvo XC40 Recharge P8

Volvo bietet im Kompakt-SUV nun Benziner, Plug-in-Hybride und einen batterieelektrischen Antrieb an. Dieselmotoren gibt es im XC40 aktuell nicht mehr.

(Bild: Volvo)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Martin Franz
Inhaltsverzeichnis

Volvo hat in den vergangenen Jahren eine bemerkenswerte Entwicklung hingelegt, was keine Selbstverständlichkeit ist für eine Firma, in der die Chinesen das Sagen haben. Doch den Verantwortlichen gelang eine interessante Neuinterpretation der Marke mit eigenständigem Design und einer inzwischen ungewöhnlichen Materialanmutung samt penibler Verarbeitung – beides muss keinen Vergleich scheuen. Im Gegenteil: Testwagen von Volvo ragen in dieser Hinsicht hervor.

Bei der Elektromobilität fährt Volvo zweigleisig: Es gibt eine Auslagerung an die eigenständige Marke Polestar und elektrifizierte Volvo-Modelle. Der XC40 Recharge P8 ergänzt das Motorenangebot im XC40, das zusätzlich zu Verbrennern auch Plug-in-Hybride enthält. Ein Sparmodell hatten die Entwickler nicht im Sinn, ganz im Gegenteil. Je ein E-Motor mit jeweils 150 kW und 330 Nm an Vorder- und Hinterachse ergeben eine Systemleistung von 300 kW (408 PS) und ein maximales Drehmoment von 660 Nm. Kein anderer XC40 kann da auch nur ansatzweise mithalten. Das drückt sich im Standardsprint aus: 4,9 Sekunden verspricht Volvo da, woran man unterwegs nicht einen Moment zweifelt. Das sind 1,5 Sekunden weniger als im schnellsten Volvo XC40 mit Verbrennungsmotor. Wie bei allen aktuellen Volvo-Modellen ist auch im P8 bei 180 km/h Schluss.

Wieder einmal beschreiben die reinen Zahlen den Fahreindruck eines E-Autos nur näherungsweise. Der elektrische XC40 P8 legt bei Bedarf mit einer Wucht los, die einem schlicht die Sprache verschlägt. Wer hier mithalten will, muss einiges auffahren. Hinzu kommt eine Spontanität, die Autos mit Verbrennungsmotoren niemals bieten können. Auf der Landstraße muss der E-Motor nicht erst den richtigen Gang suchen und Ladedruck aufbauen, um beim Überholen von Lethargie auf Attacke umzuschalten – die Leistung ist in dem Moment da, in dem man sie braucht.

Volvo XC40 Recharge P8 (10 Bilder)

Von außen ist der Volvo XC40 Recharge P8 sofort von den anderen Modellen zu unterscheiden: Der Kühlergrill ist hier geschlossen. Kein Wunder, schließlich ist der Kühlbedarf eines elektrischen Antriebsstranges sehr viel geringer als der eines Verbrenners.

Ob es nun gleich 300 kW sein müssen, darüber lässt sich trefflich streiten. Trotz eines Leergewichts von 2188 kg würde manch einem Fahrer sicher auch die Hälfte dieses Potenzials genügen. Doch viel Leistung bedeutet auch eine potenziell hohe Rekuperation. Sie lässt sich in den Tiefen des Infotainmentsystems zweistufig einstellen, wobei die Wahl im Prinzip digital ausfällt: An oder aus. Gerade bei geringem Tempo fällt die Bremswirkung ziemlich heftig aus. Es braucht ein wenig, bis man die Rekuperation über das, was man bislang Gaspedal nannte, geschmeidig steuern kann. In dieser Hinsicht gleicht der XC40 dem Mini Cooper SE, den wir kürzlich in der Redaktion hatten.

Nicht nur beim Motor hat Volvo ziemlich kräftig zugelangt. Die Batterie hat einen Energiegehalt von 78 kWh, von denen sich 75 (laut technischen Daten) oder (73 laut Preisliste) direkt nachladen lassen. Eine Nachfrage bei Volvo ergab: Eine Angabe kommt von den Technikern, eine aus dem Marketing – und die Wahrheit liegt vermutlich ziemlich genau in der Mitte.

Im WLTP sollen damit maximal 418 km möglich sein. Für eine Wärmepumpe, die das Aufheizen im Winter effizienter macht, verlangt Volvo 638 Euro. Angesichts dessen, dass der XC40 P8 nun wirklich absolut kein Schnäppchen ist, ist das eine durchaus selbstbewusste Ansage.

Wie kaum ein anderer Hersteller schlüsselt Volvo die verschiedenen Ladezeiten ausführlich auf. An Gleichstrom sind in der Spitze bis zu 150 kW Ladeleistung möglich – von Null auf 80 Prozent geht es hier in 40 Minuten. Ein Ladegerät zum dreiphasigen Laden an Wechselstrom ist serienmäßig, die Ladezeiten sind natürlich extrem davon abhängig, was zur Verfügung gestellt wird. Mit 11 kW sind es 8 Stunden für die vollständige Aufladung von Null auf 100 Prozent. Im Menü lässt sich die Ladeleistung bis auf 1,38 kW herunterschrauben, dann sind für eine komplette Aufladung 72 Stunden einzuplanen.

Volvo XC40 Recharge P8 Technik (7 Bilder)

Der XC40 Recharge P8 steht auf dem CAM-Plattform.

Die nahezu in jeder Garage ohne Umbauten umsetzbaren 2,3 kW würden eine Ladezeit von 40 Stunden nach sich ziehen. Das wird so in der Praxis vermutlich kaum jemand machen. Wer um die bescheidene Ladeleistung seiner örtlichen Begebenheiten weiß, wird entweder jede Möglichkeit zum Nachladen nutzen oder in eine Wallbox investieren. In Deutschland sind ohne Rücksprache mit dem Netzbetreiber nur 20 Ampere je Phase erlaubt, das Ladegerät im Volvo könnte allerdings deutlich mehr: Bis zu 48 Ampere an einer Phase kann der XC40 verarbeiten.

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Volvo nennt im WLTP einen Verbrauch zwischen 23,8 und 25 kWh/100 km. Das erscheint vergleichsweise viel, ist aber zumindest nicht unrealistisch. Auf dieser ersten Ausfahrt kamen wir insgesamt auf 26,2 kWh/100 km – mit zugegebenermaßen reichlich Potenzial nach unten. Genauere Werte muss hier ein ausführlicher Test liefern, für Messungen des Verbrauchs unter verschiedenen Bedingungen war diese Ausfahrt zu kurz.

Unterwegs fällt auf, dass der XC40 P8 etwas straffer abgestimmt ist als die Modelle mit Verbrennungsmotor. Adaptive Dämpfer gibt es bei diesem XC40 nicht. Kurven mit intaktem Asphalt lassen sich mit dieser Abstimmung erstaunlich flott durcheilen, beim Rausbeschleunigen fällt die gute Traktion auf. Im Normalfall übernimmt der vordere Motor 90 Prozent der Antriebsleistung, der hintere wird erst bei stärkerem Beschleunigungswunsch intensiver mit eingebunden. Die Lenkung bietet zwei Einstellungen – mit großen Rückstellkräften oder kaum spürbaren. Wir haben uns für die leichtgängige Variante entschieden und sind gut damit gefahren.

Einen großen Unterschied zu den anderen XC40 leistet sich das Auto im Infotainmentbereich. Es ist der erste Volvo, der komplett auf Android Automotive setzt und damit auch Updates over-the-air bekommt. Das neue System agiert gefühlt schneller als das in den anderen Modellen. Eigenwillig erscheint die Entscheidung, über einen weiten Ladestand keine restliche Reichweite, sondern eine Prozentangabe über die Restkapazität auszugeben. Erst wenn der Ladestand unter einen bestimmten Wert sinkt, wird auf "Reichweite in Kilometern" umgeschaltet. These meinerseits: Sollten sich die Kunden damit mehrheitlich nicht anfreunden können, wird das wohl einer der ersten Kandidaten für ein Update sein.

Inklusive 16 Prozent Mehrwertsteuer kostet der Volvo XC40 Recharge P8 mindestens 60.637 Euro. Die Serienausstattung ist üppig, wenngleich es in der Preisliste durchaus noch Posten gibt, die verlockend wirken. Dazu zählen die schon erwähnte Wärmepumpe oder auch das bei Volvo meist mit viel Hingabe abgestimmte Soundsystem, hier zugeliefert von Harman Kardon.

Die Produktion des batterieelektrischen XC40 läuft seit Ende September in Belgien, die ersten Fahrzeuge gehen in die Niederlande und nach Norwegen. Deutschland ist vermutlich rund um den Jahreswechsel dran. Da Volvo schon einige Bestellungen eingesammelt hat, bekommt, wer jetzt ordert, seinen XC40 P8 wahrscheinlich im April 2021.

(mfz)