Elektroauto Audi Q4 e-tron: Der teure VW-ID.4-Ableger im Test

Der Q4 e-tron ist das bislang teuerste Auto auf Basis des Modularen Elektrobaukastens. Was unterscheidet ihn von VW ID.4 und Skoda Enyaq? Ein Test

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Audi Q4 e-tron

Der Audi Q4 e-tron ist spürbar teurer als vergleichbare Modelle auf dieser Basis.

Lesezeit: 10 Min.
Inhaltsverzeichnis

Volkswagen verpflanzt seine SUV-Setzlinge auf Basis des Modularen Elektrobaukastens (MEB) quer durch fast den gesamten Konzern. In Audi-Verpackung gibt es gleich zwei davon. Der zugedachten Markenrolle entsprechend sollen sie jene Kunden abholen, die sich von einer beträchtlichen Zusatzinvestition ein gewisses Mehr versprechen. Worin dies genau liegt, sollte unser Test mit einem Audi Q4 e-tron 50 klären.

"Mehr" bedeutet zunächst einmal konservativ: Der Q4 e-tron ist optisch SUV, wie man es von Audi kennt und erwartet. Der VW ID.4 setzt sich in gestalterischer Hinsicht deutlich vom VW Tiguan ab, auch Skoda Kodiaq (Fahrbericht) und Enyaq unterscheiden sich erheblich. Bei Audi schmiegt sich das E-SUV unauffällig zwischen Q3 und Q5. Die Form ist, wohlwollend formuliert, bullig geraten, womit Audi den sicheren Weg zu vielen Herzen eingeschlagen hat: Die Zielgruppe wird das vermutlich mehrheitlich genau so begrüßen.

Auch im Innenraum bleibt Audi von den vergleichsweise futuristischen Entwürfen, die VW und Skoda vorgelegt haben, ein gutes Stück entfernt. Es gibt mehr Tasten und ein konventionelles Kombiinstrument, das sich nicht ganz einfach, aber weitreichend konfigurieren lässt. Warum Audi die Entscheidung, welches Layout es sein soll, so tief im Infotainmentsystem vergraben musste, wissen wir nicht. Das war schon einmal einfacher gelöst. Zumindest kann der Kunde hier aber noch etwas anpassen. Im technisch verwandten Skoda Enyaq, der in der Redaktion weilt, während dieser Text entsteht, ist das nicht möglich.

Ähnlich wie bei Skoda und komplett anders als bei Volkswagen gibt es ein paar Tasten, die fest belegt sind und so die Wege zu oft genutzten Funktionen abkürzen. Noch besser hätten mir frei belegbare Knöpfe gefallen, doch selbst BMW, Vorreiter dieser Idee, schafft die in Verbindung mit dem "Operating System 8" gerade wieder ab. Grundsätzlich ist eine Tastenarmut kein großes Problem, sofern man eine exzellente Sprachsteuerung beilegt. Hier hat sich viel getan, im Q4 e-tron klappt das ungleich besser als in früheren Audi-Modellen vor ein paar Jahren. Das Problem ist jedoch: Mercedes und Android Automotiv sind schon wieder weitergezogen und zeigen, was derzeit möglich ist. Für sich betrachtet ist die Audi-Lösung trotzdem okay, wenngleich Verständnis und Verarbeitungstempo hinter den besten Systemen zurückbleiben.

Die Sitze sind sehr bequem, das Platzangebot großzügig. An einigen Stellen, und das wird die eingangs beschriebene Zielgruppe möglicherweise irritieren bis enttäuschen, wirkt der Q4 e-tron allerdings nicht so hochwertig eingerichtet, wie es die ambitionierten Preise hätten erwarten lassen. Manch ein Kunststoffteil ist von geradezu bemerkenswerter Schlichtheit. Zumindest die Verarbeitung war im Testwagen tadellos.

Es gibt kein Ablagefach unter der Fronthaube, neudeutsch oft Frunk genannt, weil Volkswagen das bei der Konstruktion schlicht nicht eingeplant hat. Das hat natürlich gewissermaßen auch eine positive Seite: So bleibt den Kunden meistens verborgen, dass es in einem selbsternannten Nobel-Auto – im Falle des sehr, sehr umfangreich ausgestatteten Testwagens knapp 78.000 Euro teuer – nicht einmal für eine Gasdruckfeder an der Haube gereicht hat. Als störender empfand ich eine andere Sparmaßnahme. In vielen Modellen gibt es zwei Knöpfe, einen zum Schließen der motorisierten Heckklappe und einen, der gleichzeitig die Klappe schließt und das Auto verriegelt. Im Audi fehlt letztere.

Audi Q4 e-tron Details (17 Bilder)

Das Armaturenbrett des Q4 e-tron ist nicht ganz so futuristisch wie in vergleichbaren Modellen von Skoda oder VW.

Das alles soll und darf nicht davon ablenken, dass Autos auf dieser Basis eines grundsätzlich ziemlich gut können: Fahren! Im Testwagen war die maximale Ausbaustufe des Antriebs eingebaut. Das bedeutet eine Systemleistung von 220 kW im Boost-Mode und eine Batterie mit einem Netto-Energiegehalt von 77 kWh. Der Synchronmotor an der Hinterachse bietet 150 kW, der Asynchronmotor an der Vorderachse 80 kW. Hinten liegt das maximale Drehmoment bei 310, vorn bei 162 Nm.

Bewegt werden müssen hier ohne Zuladung rund 2,2 Tonnen, und das geschieht ziemlich nachdrücklich und unauffällig. Einmal angestupst, legt die Fuhre machtvoll los, ohne dass der Fahrer oder die Fahrerin viel davon mitbekommt. Wie so oft sei Umsteigern von Autos mit Verbrennungsmotor dringend eine Kalibrierung des eigenen Tempo-Hör-Abgleichs empfohlen. Wer das nicht berücksichtigt, hat in der Stadt schnell 75 km/h auf dem Tacho, weil die Lärmquelle "Motor" einfach entfällt.

Audi nennt 6,2 Sekunden im Standardsprint und 180 km/h Höchstgeschwindigkeit. Prägend für den Fahreindruck ist aber etwas anders: Es ist stets Leistung im Überfluss vorhanden, die in genau dem Moment zur Verfügung steht, in dem sie angefordert wird. Kein wildes Sortieren von Gängen auf der Suche nach der richtigen Drehzahl wie im Verbrenner – ein Tipp auf das Q4-Fahrpedal genügt und es geht bei Bedarf mächtig voran. Es ist aber vor allem das Ansprechverhalten, das den E-Motor so überlegen erscheinen lässt. Wir hatten in diesem Jahr zwei Volkswagen-Modelle in der Redaktion, die gewissermaßen das Kontrastprogramm bildeten: Skoda Fabia und VW Arteon TDI (Test) nervten mit einer extrem verzögerten Gasannahme. Der Q4 e-tron wirkt insbesondere in diesem Bereich ungleich angenehmer.

Audi erschwert die Entscheidung für die stärkste Ausbaustufe intern, denn Q4 45 e-tron und Q4 50 e-tron trennt technisch gewissermaßen nichts. Freigegeben wird im Topmodell lediglich der 25-kW-Boost-Modus, auf den der Fahrer allerdings nur in einem recht exakt definierten Szenario zurückgreifen kann. Audi macht daraus keineswegs ein Geheimnis, sondern kommuniziert das auch in aller Klarheit in der Preisliste:

Die elektrische Maximalleistung von 220 kW wurde gemäß UN-GTR.21 (United Nations Global Technical Regulation No. 21) ermittelt. Von dieser Maximalleistung entfallen bis zu 25 kW auf den Overboost, der für maximal 30 Sekunden abgerufen werden kann. Die in der individuellen Fahrsituation zur Verfügung stehende Leistung ist abhängig von variablen Faktoren wie z. B. Außentemperatur, Temperatur-, Lade- und Konditionierungszustand oder physikalischer Alterung der Hochvoltbatterie. Die Verfügbarkeit der Maximalleistung (Overboost) erfordert insbesondere eine Temperatur der Hochvoltbatterie zwischen 23–50 °C und einen Batterieladezustand über 88 Prozent. Abweichungen insbesondere von vorgenannten Parametern können zu einer Reduzierung der Leistung bis hin zur Nichtverfügbarkeit des Overboost führen. ... Die aktuell zur Verfügung stehende Leistung wird im Powermeter-Display des Fahrzeugs angezeigt. Um die nutzbare Kapazität der Hochvoltbatterie bestmöglich zu erhalten, empfiehlt sich für die tägliche Nutzung ein Ladeziel von 80 Prozent für die Batterie einzustellen.

Der monetäre Schritt zwischen diesen beiden Modellen ist 2700 Euro groß. Wie relevant es in dieser Preisklasse ist, ob der Grundpreis nun bei 50.900 oder 53.600 Euro liegt, wird sicher individuell recht unterschiedlich bewertet. Aus meiner Sicht gibt es in der ellenlangen Preisliste allerdings sehr viele Posten, die ich eher für wichtig erachten würde. Im Zweifelsfall eigentlich alles.

Der Verbrauch skaliert gewaltig, was nicht weiter verwunderlich ist: Wer vom üppigen Leistungsangebot häufig nascht, muss mit bis zu 28 kWh/100 km rechnen, auf der Autobahn bei sehr hohem Tempo natürlich mit nochmals mehr. Mein Minimalrekord lag über Land bei 15,9 kWh/100 km. Dort ist man mit Werten zwischen 19 und 22 kWh/100 km schon ziemlich zügig unterwegs. Bei diesen Verbräuchen ist zu berücksichtigen: Während des Tests herrschten Temperaturen von etwas mehr als 20 Grad Celsius, der Klimatisierungsbedarf von Batterie und Innenraum war also vergleichsweise gering. Im Winter dürfte der Verbrauch oberhalb unserer Werte liegen.

Audi Q4 e-tron außen (3 Bilder)

Äußerlich ist der Q4 e-tron ein typisches Audi-SUV der aktuellen Mode.

Keine neuen Bestmarken setzt der Q4 e-tron beim Laden. Wie auch als Ableger eines Baukastens mit all seinen Grenzen. Abseits des Basismodells können alle Q4 an Wechselstrom mit 11 kW geladen werden, was im Alltag für die meisten Szenarien sicher ausreichend ist. Auf Langstrecken wird sich manch ein Eigner mehr als die 125 kW-DC-Ladeleistung wünschen. Zumindest sind diese im Audi serienmäßig, im Skoda Enyaq muss das extra bestellt und bezahlt werden.

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Zum insgesamt angenehmen Fahreindruck trägt auch das gute Fahrwerk bei. Im Testwagen war das "S line Exterieur" eingebaut, das auch ein Sportfahrwerk umfasst. Zu keinem Zeitpunkt verschleiert der Q4, welches Gewicht hier durch die Gegend geschoben wird. Kurven lassen sich mit beachtlichem Tempo durcheilen, allerdings liegen die eigentlichen Qualitäten woanders: Trotz "Sport"-Label und straffer Note filtert das Fahrwerk Unebenheiten ziemlich gekonnt heraus, was auch deshalb bemerkenswert ist, weil der Testwagen mit 21-Zoll-Felgen samt Reifen mit einer 45er-Flankenhöhe vorn und 40er hinten bestückt war. Allzu viel Gummi, der beim Dämpfen helfen könnte, ist in dieser Konstellation also nicht da. Dennoch wirkt der Audi etwas komfortabler gefedert als der Skoda Enyaq.

Der Testwagen war mit allerlei Paketen und Sonderausstattungen angereichert, die alles in allem den Listenpreis um knapp 24.000 Euro hochschaukelten. Ob man davon nun wirklich alles braucht, sei dahingestellt. Die Abflachung des Lenkrades oben und unten beispielsweise wäre mir keine 200 Euro wert. Doch ein paar Tausend Euro zusätzlich zum Grundpreis kommen rasend schnell zusammen: Eine Sitzheizung ist im Aufpreis für die Lederbezüge nicht enthalten. Die Klimaautomatik hat serienmäßig nur eine Temperaturzone. Eine Wärmepumpe, die den Stromverbrauch im Winterbetrieb senkt, ist in jedem Opel Corsa-e (Test) inklusive, im Audi kostet sie 990 Euro extra. Ob Tempomat oder die Einbindung von iOS und Android: Vieles, was in weniger kostspieligen Autos Standard ist, wird hier zusätzlich in Rechnung gestellt. Letztlich ist es das, was den Audi deutlich teurer macht als die Konzernmodelle auf gleicher Basis.

Das Auto wurde von Hersteller zur Verfügung gestellt, die Kosten für die Fahrenergie wurden von der Redaktion übernommen.

Hersteller Audi
Modell Q4 50 e-tron quattro
Motor und Antrieb
Frontmotor Art Asynchronmotor
Leistung in kW Frontmotor 80
Drehmoment in Nm Frontmotor 162
Heckmotor Art Synchronmotor
Leistung in kW Heckmotor 150
Drehmoment in kW Heckmotor 320
Systemleistung in kW 220
Systemdrehmoment in Nm 460
Fahrwerk
Spurweite vorn in mm 1587
Spurweite hinten in mm 1565
Reifengröße vorn 235/45 R21
Reifengröße hinten 255/40 R21
Maße und Gewichte
Länge in mm 4588
Breite in mm 1865 (2108 mit Außenspiegeln)
Höhe in mm 1632
Radstand in mm 2764
Kofferraumvolumen in Litern 520
Leergewicht in kg nach EU inklusive 68 kg Fahrer und 7 kg Gepäck 2210
Zuladung in kg 585
Batterie in kWh 77
Fahrleistungen
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in Sekunden 6,2
Höchstgeschwindigkeit in km/h 180
Verbrauch
Verbrauch WLTP in kWh/100 km 17,9 bis 21,3
Ladeleistung an AC in kW 11
Ladeleistung an DC in kW 125
Reichweite in km (WLTP) 412 bis 488
Daten Stand September 2021
Modell Audi Q4 50 e-tron quattro
Ausstattungslinie Basis
Preis für diese Ausstattungslinie 53.600
Infotainment
USB-Anschluss Serie
Soundsystem ab 290
Navigationssystem ab 1845
Verkehrsdaten in Echtzeit mit Navi inklusive
Freisprecheinrichtung Serie
Head-up-Display 2930 (nur in Verbidung mit MMI Navigation pro)
Android Auto/Apple CarPlay 1015 (Smartphone-Paket)
kabelloses Laden von Handys 1015 (Smartphone-Paket)
Assistenz
Tempomat 300
Abstandstempomat 1290 (Assistenzpaket advanced)
Einparksensoren vorn 630 (Assistenzpaket)
Einparksensoren hinten Serie
Einparkassistent -
Rückfahrkamera 1290 (Assistenzpaket plus)
Müdigkeitserkennung -
Spurhalteassistent 1290 (Assistenzpaket advanced)
Matrix-Licht 1130
Nachtsicht-Assistent -
Funktion
LED-Scheinwerfer Serie
elektrische Heckklappe 490
Alarmanlage 480
schlüsselloser Zugang 470
Fahrwerksoption 220 (Sportfahrwerk)
Komfort
Sitzheizung 340
Sitzbelüftung -
Massage -
Ledersitze ab 2085
Sportsitze ab 610
beheizbares Lenkrad 180
Lederlenkrad Serie
Klimaautomatik 1 Zone Serie
Klimaautomatik 3 Zonen 590
Wärmepumpe 990
Schiebedach 1310
Akustikverglasung 350 (nur Frontscheibe, mit Beheizung)
Sonstiges
Metalliclack ab 700
Leichtmetallfelgen Serie
Preisliste Stand September 2021

(mfz)