Wikipedia für Roboter

Eine neue Datenbank soll Automaten weltweit miteinander vernetzen und den Austausch gut funktionierender KI-Techniken und Problemlösungen beschleunigen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 3 Min.

Eine neue Datenbank soll Automaten weltweit miteinander vernetzen und den Austausch gut funktionierender KI-Techniken und Problemlösungen beschleunigen.

Roboter sollen den Menschen schon in wenigen Jahren im Haushalt zur Hand gehen, Pflege- und Serviceautomaten in Krankenhäusern oder Altenheimen aushelfen. Das Problem: Die meisten dieser personenkompatiblen Systeme müssen trotz ausgeklügelter Algorithmen zur Situations- und Umgebungserkennung für viele Aufgaben stets neu programmiert werden. Hinzu kommt, dass selbst Orte, die sich nur leicht unterscheiden, jedes Mal neu erfasst werden müssen.

Das Projekt "Robo Earth", an dem Philips Applied Technologies, die ETH Zürich, die TUs München und Eindhoven sowie die Universitäten Stuttgart und Saragossa beteiligt sind, will die Adaption von Haushalts- und Pflegerobotern nun mit einer speziellen Informationsbibliothek beschleunigen. Das Motto: "Roboter weltweit verbinden."

Als eine Art "Wikipedia für Roboter" soll die neue Datenbank Prozesse erfassen, Umgebungen speichern und Abläufe vorhalten, die eines der am Projekt beteiligten Robotersysteme bereits perfekt beherrscht. Der Datenaustausch erfolgt über das Internet und allgemeingültige Schnittstellen.

Momentan arbeiten die Forscher noch an der Spezifikation einer Repräsentationsform. "Es wird ein datenbankartiges Gebilde sein. Für welche Sprache wir uns letztlich entscheiden, ist aber zweitrangig", sagt Reinhard Lafrenz, Robotik-Forscher an der TU-München. Die Erfassung soll im laufenden Betrieb erfolgen. "Die Roboter schreiben in die Datenbank."

Welche Abläufe ausprobiert werden, wählt zuvor aber noch Kollege Wissenschaftler aus. Damit die Daten Hardware-unabhängig ausgetauscht werden können, arbeitet das Robo Earth-Projekt an einer Software-Schnittstelle, die sich an Web-Standards wie XML orientiert. Über diese sollen sich die Roboter dann automatisch am Wissen anderer bedienen können, in Form einer Art quelloffener Softwarebibliothek.

In einer ersten Studienphase sollen dazu Räume, die ein Krankenhauszimmer simulieren und sich jeweils leicht unterscheiden, an vier der beteiligten Forschungseinrichtungen eingerichtet werden. In diesen können die beteiligten Robotersysteme dann agieren – etwa erlernen, wie eine Wasserflasche aufgenommen und dem Patienten serviert wird. Die durch die Erkennungsalgorithmen gemachten "Erfahrungen" werden dabei abgespeichert – wie sieht ein Krankenbett aus, beispielsweise, oder wo sich medizinische Apparate befinden, die es zu umfahren gilt. Dieses Wissen lässt sich dann wiederum von anderen Robotern abrufen, die diese Lernerfahrung nicht mehr neu machen müssen.

Das auf insgesamt vier Jahre angelegte Projekt wird von der Europäischen Kommission im Rahmen der Forschungsinitiative "Kognitive Systeme und Robotik" innerhalb des siebten Rahmenprogramms finanziert. 5,6 Millionen Euro werden bis Ende November 2013 fließen.

Neben den beteiligten Forschungseinrichtungen können auch Firmen mitmachen. "Unternehmen können das Know-how in Robo Earth nutzen und selbst einspeisen. So profitieren sie von diesen Entwicklungen, da schneller hochwertige Service-Anwendungen entstehen können", sagt Alois Knoll, Informatikprofessor an der TU München. Die Hochschule entwickelt am Lehrstuhl "Robotics and Embedded Systems" die logische Sprache, mit der das abstrakte Wissen in der Datenbank abgespeichert werden soll. Die Gesamtprojektleitung von "Robo Earth" liegt bei der TU Eindhoven in den Niederlanden.

Die neue Roboterdatenbank ist nicht der erste Versuch, über weltweit gültige Schnittstellen und Forschungsprojekte KI und Robotik voranzubringen. So verteilt die US-Firma Willow Garage seit kurzem im Rahmen eines millionenschweren Betaprogramms kostenlose Roboter an 11 Wissenschaftsstandorte. Die Automaten arbeiten alle mit ein und derselben Hard- und Softwareplattform, um gewonnenes Wissen austauschen zu können. (bsc)