Phonoverlage büßen mit Müllgeschenken

Fünf Musikkonzerne, die im Jahr 2000 wegen Preistreiberei für Musik-CDs ins Visier der US-amerikanischen Wettbewerbsaufsicht FTC geraten waren, scheinen die vereinbarte Buße in Form unverkäuflicher Ladenhüter abzuleisten.

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Von
  • Hans-Peter Schüler

Fünf Musikkonzerne, die im Jahr 2000 wegen Preistreiberei für Musik-CDs ins Visier der US-amerikanischen Wettbewerbsaufsicht FTC geraten waren, scheinen die vereinbarte Buße in Form unverkäuflicher Ladenhüter abzuleisten. Die Plattenfirmen Bertelsmann Music Group, EMI Music Distribution, WEA, Warner Music Group und Sony Music hatten nach Erkenntnissen der FTC Schallplattenhändler finanziell unterstützt, wenn diese versprachen, die CDs dieser Labels nicht unter einem bestimmten Mindestpreis anzubieten. Die 2002 außergerichtlich abgesprochene Wiedergutmachung der Musikkonzerne umfasst die kostenlose Lieferung von 5,6 Millionen CDs an Büchereien und Schulen.

Jetzt, vier Jahre nach der Anklage und zwei Jahre nach der Beilegung des Rechtsstreits, sind die ersten CD-Lieferungen bei einigen US-Bibliotheken eingetroffen. Nach Informationen von MSN lösen die Musikspenden aber nur begrenzte Freude aus. Die Pakete enthielten nämlich zum Teil gleich in hundertfacher Ausführung ausgesprochene Ladenhüter, die sich seit Jahren als unverkäuflich herausgestellt haben. Etwa die Stadtbücherei von Des Moines, Iowa, erhielt eine Lieferung von 2476 CDs, darunter 430 Exemplare einer Single mit der von Whitney Houston gesungenen amerikanischen Nationalhymne von einer 1991-er Großveranstaltung. "Wow, das ist etwas mehr als wir eigentlich brauchen" erklärte die verdutzte Bibliothekarin aus Des Moines -- großen Einfluss konnte sie aber offenbar nicht auf die Zuteilung ausüben.

Zur Klärung eingeschaltete Aufsichtsbeamte erhielten von den Plattenfirmen die Erklärung, die Auslieferungen seien irrtümlich auf Grund eines Computer-Glitches bei der Agentur zur Abwicklung des Deals so zusammengestellt worden, und man sei schon mit der Beseitigung dieses Fehlers beschäftigt. Das ändert aber wohl nichts an der Tatsache, dass die großzügig beschenkten Büchereien zunächst selbst dafür sorgen müssen, die unerwünschten Dubletten über Fördervereine zu verkaufen oder im Tauschhandel mit anderen Bibliotheken zu ersetzen. (hps)