Erstes Atomendlager in Finnland: "Wir sind sehr praktisch veranlagte Menschen"
Atomare Endlager werden seit langem gesucht. In Finnland will man das Ziel erreichen. Pasi Tuohimaa von der Betreiberfirma Posiva erklärt, wie das gehen soll.
Luftbild des AKW Isar 2: Wie alle Kernkraftwerke in Deutschland inzwischen abgedreht.
(Bild: E.ON Kernkraft GmbH CC BY-SA 3.0)
Tuohimaa ist der Kommunikationsmanager der Posiva Oy in Helsinki. Das Unternehmen wurde bereits 1995 von zwei Betreibern von Kernkraftwerken im Land gegründet – mit dem Ziel, endlich ein lokales Endlager zu finden. Dies will das Unternehmen inzwischen erreicht haben: In Olkiluoto soll Onkalo entstehen, das erste tiefengeologische Endlager für abgebrannte Brennelemente und andere hochradioaktive Überbleibsel aus der Kerntechnik, das bis 2100 betrieben werden soll, bevor es dann für 10.000 Jahre und mehr abgeschottet wird.
In der gigantischen Anlage soll das Material mit der schwedischen KBS-3-Methode eingebracht und versiegelt werden. Aktuell laufen letzte Tests, 2026 wird der Regelbetrieb beginnen. Im Interview spricht Tuohimaa über die Frage, warum Finnland hier etwas zu schaffen scheint, was andere Länder – darunter viel größere wie Deutschland und die USA – nicht hinbekommen, obwohl das Problem von großer Dringlichkeit ist und die bisherigen Lagerstätten nur temporär sind.
heise online: Es scheint ja ziemlich schwierig zu sein, ein sicheres Endlager fĂĽr abgebrannte Brennelemente einzurichten. Was macht Finnland im Vergleich zu den bisherigen Versuchen anders, dass es diesmal zu klappen scheint?
Videos by heise
Pasi Tuohimaa: Seit den Anfängen der Produktion von Strom aus Kernkraft in Finnland – das ist mehr als 45 Jahre her – verfolgen wir eine sehr offene und transparente Kommunikationsstrategie. Wir haben uns dadurch das Vertrauen der finnischen Bevölkerung verdient – durch transparente Besuche vor Ort, direkte Aufklärung und auch die Übermittlung schlechter Nachrichten, wenn es diese gab. Außerdem haben wir mit all unseren Kraftwerken eine wirklich gute Erfolgsbilanz, was deren Energieproduktion und die nukleare Sicherheit betrifft.
Sie sagen also: Wir schaffen hier, was andere nicht schaffen. Das ist fĂĽr ein kleines Land wie Finnland augenscheinlich eine groĂźe Leistung.
Die Finnen sind sehr praktisch veranlagte Menschen. Wenn wir etwas tun mĂĽssen, etwa unseren Energie- oder Stromsektor zu sichern, dann tun wir es. Das Gleiche gilt fĂĽr den Abfall.
Die Menschen hier sind der Meinung, dass, wenn unsere Erzeugung Abfälle produziert, es in ihrer Verantwortung liegt, sich darum zu kümmern und das nicht der Solidarität künftiger Generationen zu überlassen.
(Bild:Â privat)
Seit Beginn der Stromproduktion zahlen die Kernkraftwerksbetreiber außerdem auch Geld in den vom zuständigen Ministerium kontrollierten Nuklearmüllfonds ein, um die Endlagerung der abgebrannten Brennelemente zu sichern. Die Idee des Fonds ist, dass immer Geld für die Endlagerung bereitsteht, selbst wenn die Unternehmen bankrottgehen und einfach verschwinden würden. Zurzeit sind etwa 2,5 Milliarden Euro in dem Fonds vorhanden.
Wie weit sind die Vorbereitungen bei Onkalo gediehen?
Die Anlagen sind unterirdisch und auch in der Verkapselungsanlage ebenerdig fertiggestellt. Wir haben jetzt den Probelauf fĂĽr den gesamten Komplex. Er hat Ende August begonnen und wird noch einige Monate andauern. Wir befinden uns also im Countdown bis zum Beginn der Endlagerung.
Was ist das Besondere am Standort Onkalo?
Es wird das weltweit erste wirkliche Endlager für abgebrannte Brennelemente sein, das in Betrieb ist. Es ist jedem anderen ähnlichen Standort oder Projekt um Jahrzehnte voraus. Onkala hat zudem auch eine große Unterstützung der lokalen Bevölkerung.
Eigentlich konkurrierten die Gemeinden Eurajoki und Loviisa sogar um den Standort. Beide waren bereits Nuklearstandorte, so dass das Vertrauen in die Technik bereits verdient worden war und die Menschen viel ĂĽber Kernenergie und unsere Sicherheitskultur wussten. Da musste niemand sich irgendwelchen Vorstellungen hingeben. Je mehr man weiĂź, desto weniger Angst hat man.
Aber wie steht die örtliche Bevölkerung konkret zu Ihrer Anlage?
Sie sind alle ziemlich stolz auf das Vorhaben.