Gericht verlängert Wirecard-Prozess: Tausende Dokumente, kein Hinweis auf Täter

Der Wirecard-Prozess geht 2025 ins dritte Jahr – einen Termin für das Urteil gibt es noch nicht. Wer die Täter sind, bleibt weiter unklar.

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(Bild: Framalicious/Shutterstock.com)

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Von
  • dpa

Das Landgericht München I hat den Wirecard-Prozess um den größten Wirtschaftsbetrug in Deutschland seit 1945 um ein weiteres Jahr verlängert. Die Kammer hat 83 weitere Verhandlungstage bis 18. Dezember 2025 angesetzt, wie ein Gerichtssprecher auf Anfrage mitteilte. Der Strafprozess gegen den früheren Wirecard-Vorstandschef Markus Braun und seine zwei Mitangeklagten wurde vor zwei Jahren eröffnet, bisher gab es 168 Verhandlungstage und über 140 Zeugenvernehmungen.

Strittig ist im Fall Wirecard nicht, dass im Management des 2020 zusammengebrochenen Dax-Konzerns kriminelle Betrüger am Werk waren. Laut Anklage erdichteten die Täter jahrelang Umsätze in Milliardenhöhe, um den eigentlich defizitären Zahlungsdienstleister über Wasser zu halten. Den Schaden für die kreditgebenden Banken beziffert die Münchner Staatsanwaltschaft auf gut drei Milliarden Euro.

Strittig ist jedoch, wer die Täter waren. Der seit viereinhalb Jahren in Untersuchungshaft sitzende Braun weist kategorisch alle Vorwürfe zurück und macht seinerseits eine Tätergruppe um den abgetauchten Ex-Vorstand Jan Marsalek und den Mitangeklagten Oliver Bellenhaus verantwortlich. Bellenhaus, der seit Februar 2024 auf freiem Fuß ist, hat hingegen Braun mehrfach beschuldigt, maßgeblich beteiligt gewesen zu sein.

Abgesehen davon ist der Grund für die lange Dauer des Prozesses vor allem, dass der Sachverhalt außerordentlich kompliziert ist. Die Kammer geht tausenden Dokumenten in den Prozessakten nach: mutmaßlichen Scheinverträgen, E-Mails, echten ebenso wie mutmaßlich gefälschten Zahlungsbelegen und sonstige Dokumenten aus mehreren Ländern. Ob die Kammer im Laufe des nächsten Jahres ein Urteil sprechen wird, lässt sich nach Angaben des Gerichtssprechers noch nicht absehen. Im Sommer wurde bekannt, dass die Commerzbank im Fall Wirecard bereits 2019 Verdacht schöpfte und das der FIU, der für Finanzkriminalität zuständigen Ermittlungsbehörde des Bundes, meldete. Diese reagierte jedoch nicht. Die Behörden hatten die Wirecard-Anschuldigungen zunächst für eine Schmutzkampagne von Börsenspekulanten gehalten.

(nen)