KI-Energiehunger: Instabile Stromversorgung im Umkreis von US-Rechenzentren

Laut einer Untersuchung schwankt die Netzstabilität verstärkt bei bestimmten US-Rechenzentren. Diese werden hauptsächlich für KI-Dienste genutzt.

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Umspannwerk in Bremen.

(Bild: heise online / anw)

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Der große Energiehunger Künstlicher Intelligenz (KI) sorgt auch in den USA für einen Boom beim Bau von Rechenzentren. Das stellt offenbar nicht nur für Umwelt und Klima eine Belastung dar, sondern auch für die Stromversorgung US-amerikanischer Haushalte. Eine vom Finanzdienst Bloomberg veröffentlichte Analyse zeigt, dass es im Umfeld solcher aus dem Boden gestampfter Datencenter verstärkt zu unerwünschten Oberschwingungen im Stromnetz kommt. Das sind Wellen, deren Frequenzen um ein Vielfaches höher sind als die der Grundschwingungen (50 Hz).

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Oberschwingungen entstehen in der Regel aufgrund nichtlinearer Lasten im Versorgungsnetz. Dazu kommt es, wenn die elektrische Spannung aufgrund diverser Einflussfaktoren verzerrt wird. Als gängige Ursache gelten überlastete Transformatoren, Netzteile mit Spitzenwertgleichrichtern und der Einsatz von Stromrichterventilen. In Folge kann der störungsfreie Betrieb anderer Verbraucher beeinträchtigt werden.

Die neue Untersuchung stützt sich vor allem auf rund 770.000 Sensoren von Whisker Labs. Die Firma überwacht die Stromqualität in Echtzeit mithilfe der Messgeräte für Wohngebäude. Fast 90 Prozent aller US-Haushalte sind weniger als eine halbe Meile (800 Meter) von einem solchen Sensor entfernt. Laut der zusammen mit dem Marktforschungsinstitut DC Byte vorgenommenen Studie liegen mehr als die Hälfte der überwachten Haushalte mit den stärksten Oberschwingen und den damit einhergehenden potenziellen Störungen der Stromqualität im Umkreis von 20 Meilen (rund 32 Kilometer) um bedeutende Rechenzentren. Daten aus Volkszählungen zeigen, dass etwa 3,7 Millionen US-Amerikaner in den am heftigsten betroffenen Gebieten leben.

Der Messungszeitraum der Analyse umfasst Daten von Februar bis Oktober 2024. Im Umkreis von 50 Meilen um bedeutende KI-Rechenzentren finden sich demnach sogar mehr als drei Viertel der verzerrten Strommesswerte. Es geht dabei laut Bloomberg um mehr als die Frage, ob genug Strom vorhanden ist, um das Licht einzuschalten. Schlechte Oberwellen führten dazu, die Qualität des Stroms so stark zu beeinträchtigen, dass Haushaltsgeräte zerstört werden könnten und bei Spannungsspitzen die Gefahr elektrisch ausgelöster Brände steige.

Eine insgesamt schlechtere Stromqualität könne ferner bewirken, dass Lichter flackerten und es zu Spannungsabfällen und Stromausfällen komme. Netzbetreiber und einzelne Stromversorger zweifelten die Ergebnisse der Auswertung an. Selbstgemessene Verzerrungen bewegten sich innerhalb der Industriestandards.

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Der Chef von Whisker Labs, Bob Marshal, wertet Oberschwingungen als frühe Anzeichen von "Stress und Problemen" im Stromnetz. KI wirke wie "ein großer Hammer" für das Netz, erklärte Hasala Dharmawardena vom Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE). Rechenzentren stellten "eine sehr große Belastung" dar: Der Strombedarf eines Datacenters sei gut 10.000 Mal höher als der eines gängigen Haushalts.

Einzelne, auf KI-Services spezialisierte Rechenzentren brauchen so viel Energie wie kleine Städte. Sie werden im Rekordtempo binnen 12 oder 24 Monaten hochgezogen – viel schneller als die Netzplanung erfolgt. Das verschärft Experten zufolge Entwicklungen wie eine alternde Strominfrastruktur in den USA, die Zunahme von Extremwetter und die Elektrifizierung weiterer Bereiche des Alltagslebens, wie etwa der Zunahme von E-Autos. Hierzulande geht die Regierung davon aus, dass sich der Stromverbrauch von Rechenzentren bis 2037 verdoppeln dürfte.

(mki)