Tether zieht nach El Salvador um

Das Kryptoassetunternehmen Tether plant den Umzug nach El Salvador. Die genauen Gründe bleiben im Unklaren.

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(Bild: mk1one/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Andreas Knobloch
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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Die Kryptowährungsplattform Tether plant, ihren Hauptsitz nach El Salvador zu verlegen. Die Betreiber des weltweit größten Stablecoins wollten mit dem Schritt Kapital aus dem Bestreben des zentralamerikanischen Landes schlagen, ein Zentrum für den Kryptohandel zu werden, schreibt die Nachrichtenagentur Reuters.

Tether-CEO Paolo Ardoino bestätigte gegenüber Reuters die Umzugspläne, nachdem Tether in El Salvador vor Kurzem eine Lizenz als Anbieter von digitalen Vermögenswerten erhalten hat. Ardoino erklärte außerdem, dass er und andere Führungskräfte des Unternehmens nach El Salvador umziehen würden, um dort zu leben. Bislang ist das Unternehmen auf den Britischen Jungferninseln registriert. „Dieser Umzug nach El Salvador wird das erste Mal sein, dass wir auch einen physischen Hauptsitz haben werden“, so Ardoino. Ein Teil der mehr als 100 Mitarbeiter aber werde weiterhin remote arbeiten.

Tether wurde im Jahr 2014 als Brücke zwischen dem traditionellen Bankensystem und dem aufstrebenden Kryptomarkt geschaffen. Ein Tether (USDT) ist immer ein US-Dollar (USD) wert und durch Bargeld, Schuldverschreibungen, Unternehmensanleihen oder andere Vermögenswerte in US-Dollar gesichert. Allerdings legt Tether nicht vollständig offen, wo und in welcher Form die Reserven gehalten werden. Reuters zufolge erklärte das Unternehmen, dass die überwiegende Mehrheit seiner Stablecoins durch traditionelle Währungsreserven gesichert ist, die bei der Investmentfirma Cantor Fitzgerald gehalten werden. Deren CEO Howard Lutnick ist Donald Trumps Kandidat für das Amt des nächsten US-Handelsministers. Tether ist die drittgrößte Kryptowährung nach Bitcoin und Ether und der weltweit größte Stablecoin.

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Immer mal wieder taucht Tether im Zusammenhang mit strafrechtlichen Ermittlungen auf. Im November 2023 fror Tether nach einer gemeinsamen Untersuchung mit dem US-Justizministerium und der Kryptobörse OKX Token im Wert von 225 Millionen US-Dollar ein, die mit Online-Betrügereien in Südostasien in Verbindung standen. Im Sommer 2021 führten Ermittlungen gegen Tether selbst zu Erschütterungen auf dem Kryptowährungsmarkt. Seitdem verschärfen Aufsichtsbehörden in den USA und in der EU die Kontrolle der Kryptoindustrie. Der boomende Markt für Stablecoins beunruhigt die Regulierungsbehörden. Sie befürchten, dass die wachsenden Stablecoin-Reserven das Finanzsystem im Allgemeinen größeren Risiken aussetzen.

Ob die Verlegung des Tether-Firmenhauptsitzes nach El Salvador mit Regulierungsbemühungen in den USA und andernorts zusammenhängt, dazu äußerte sich Ardoino gegenüber Reuters nicht. Präsident Nayib Bukele versucht, aus El Salvador eine Drehscheibe für den Handel mit digitalen Währungen zu machen. Im September 2021 hat El Salvador als erstes Land der Welt Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel eingeführt. Die Regierung verspricht sich davon besseren Zugang zu Zahlungssystemen für Arme und leichtere Geldüberweisungen von Auslandssalvadorianern. Kritiker sehen wegen der großen Wertschwankungen der Kryptowährung Gefahren für die währungspolitische Stabilität. Hinzu kämen fehlende Transparenz und die Gefahr von Geldwäsche.

Insgesamt war es ein eher holpriger Start in die Bitcoin-Ära. Unter der Bevölkerung gab es immer wieder Proteste gegen Präsident Bukele und sein Bitcoingesetz. Ende Januar 2022 forderte der Internationale Währungsfonds (IWF) El Salvador zur Aufgabe des Bitcoins als Zahlungsmittel auf. Die Verwendung Bitcoins sei mit zu vielen Risiken verbunden – für die Finanzstabilität, die finanzielle Integrität und den Verbraucherschutz sowie die damit verbundenen steuerlichen Eventualverbindlichkeiten. Zwischenzeitlich verschärfte der Bitcoin-Wertverlust die Finanzkrise in El Salvador.

Mittlerweile hat sich der Wind gedreht. Die Wahl von Donald Trump zum nächsten US-Präsidenten aber löste eine Bitcoin-Rallye auf Rekordhöhen aus. Trump hat versprochen, ein freundlicheres regulatorisches Umfeld für Kryptowährungen einzuführen und plant, eine strategische US-Bitcoin-Reserve zu schaffen.

(akn)