EU-Rechnungshof: Mehr Einsatz gegen ungerechtfertigtes Geoblocking nötig
Die EU-Kommission und die Mitgliedsstaaten kämpfen laut den EU-Rechnungsprüfern halbherzig gegen rechtswidrige Blockaden beim grenzüberschreitenden E-Commerce.
(Bild: Proxima Studio/Shutterstock.com)
Ungerechtfertigtes Geoblocking im grenzüberschreitenden Online-Handel ist in der EU nach wie vor ein Problem. Dies hat der EU-Rechnungshof in einem am Montag veröffentlichten Bericht herausgearbeitet. Eigentlich sollten mit einer 2018 in Kraft getretenen Verordnung solche Blockaden oder Umleitungen im E-Commerce innerhalb der Gemeinschaft weitgehend Geschichte sein. Doch weiterhin würden Verbraucher teils beim Online-Shopping aufgrund von Staatsangehörigkeit oder Wohnsitz diskriminiert, monieren die Prüfer. Bei der praktischen Umsetzung der Vorschriften in den EU-Ländern hapere es nämlich noch. Zudem würden Bereiche wie audiovisuelle Dienste noch nicht von der Verordnung abgedeckt.
Geoblocking liegt laut dem Bericht etwa vor, wenn Händler, die in einem bestimmten Mitgliedstaat tätig sind, den Zugang aus anderen EU-Ländern zu ihren Online-Benutzeroberflächen beschränken. Laut den europäischen Vorgaben könne diese Praxis zwar in bestimmten Fällen gerechtfertigt sein. Davon sei etwa auszugehen, wenn in den Mitgliedsstaaten unterschiedliche Gesetze gälten wie unterschiedliche Altersgrenzen für den Kauf von Alkohol. Grundsätzlich habe der EU-Gesetzgeber aber Geoblocking im E-Commerce untersagt. Die EU-Kommission habe vorab grundsätzlich auch die Herausforderungen und Bedürfnisse von EU-Kunden und Online-Händlern im Zusammenhang mit solchen Blockaden korrekt ermittelt.
Insgesamt hält der Rechnungshof die Geoblocking-Verordnung so für "einen Fortschritt". Es bestünden aber noch Herausforderungen in Bezug auf deren ordnungsgemäße und einheitliche Durchführung. Schon bei der Folgenabschätzung habe die Kommission geschlampt, wofür "eine nur begrenzte quantitative Bewertung wirtschaftlicher Aspekte, fehlende Daten, eine unvollständige Überprüfung der Kohärenz mit anderen einschlägigen EU-Rechtsvorschriften und unzureichende Überwachungsregelungen" sprächen. Die Mitgliedsstaaten hätten die Vorschriften zudem "mit Verzögerungen" durchgesetzt. Hierzulande ist dafür die Bundesnetzagentur zuständig, die erst Mitte 2019 eine einschlägige Beschwerdestelle einrichtete.
Geldbußen zwischen 26 und 5 Millionen Euro
Ferner gebe es "erhebliche Unterschiede" bei den Sanktionen, was gleiche Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt gefährde, erläutert die Kontrollinstanz. Die Vorschriften über die gerichtliche Zuständigkeit seien nicht klar genug. Es sei nicht einmal eindeutig geregelt, ob im Land des Kunden oder des Händlers bei Verstößen Bußgelder verhängt werden sollten. In einigen Mitgliedsstaaten könnten Verstöße auch strafrechtlich verfolgt werden, in anderen nicht. Die Höhe der potenziellen Geldstrafen liege zwischen 26 Euro und 5 Millionen Euro.
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Wenn Unternehmen die Endkunden beim Erwerb von Waren oder Dienstleistungen sind, kann den Prüfern zufolge die Streitbeilegung schwierig werden. Denn es sei unklar, wer dafür zuständig ist. Das gelte vor allem, wenn Händler beteiligt sind, die in der EU zwar tätig, aber nicht ansässig sind. Zumeist seien alle Beteiligten auch nicht ausreichend über den Umfang des Verbraucherschutzes informiert. Manchmal wüssten sie nicht, dass es auf lokaler und auf EU-Ebene Schlichtungsstellen gebe.
Blockaden bei digitalen Medien bleiben problematisch
Dass die Verordnung bisher nicht für "problematische Bereiche" wie digitale Medien mit E-Books, Songs, Filmen, Computerspielen sowie Streamingdiensten gilt, hinterfragt der Rechnungshof. Dies schränke den Anwendungsbereich der Verordnung ein und schaffe Unklarheiten. Die Kommission habe mit der Branche zwar Gespräche über die Verfügbarkeit audiovisueller Inhalte und einen breiteren Zugang dazu geführt, weitere Gesetzgebungsschritte aufgrund fehlender Daten aber zurückgestellt.
Die Kontrolleure raten der Kommission, eine Studie zum Einbezug weiterer Sektoren durchzuführen und die Durchsetzung der Regeln zu verbessern. Die Brüsseler Regierungsinstitution sagte zu, die Auswirkungen einer Ausweitung weiterhin zu analysieren. Die Evaluation der Verordnung in diesem Jahr böte zudem Gelegenheit, Anbieter und Kunden besser für den tatsächlichen Anwendungsbereich der Vorgaben zu sensibilisieren.
(olb)