Bit-Rauschen: Nvidia, MediaTek und ARM attackieren x86-CPU-Markt

Dem Nvidia-Chef gelingt ein Kunststück. Broadcom und Marvell verdienen prächtig an KI-Chips für andere. Intel gibt ein weiteres Projekt auf.

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Nvidia-CEO Jensen Huang bewies Geschick: Auf der CES kündigte er einen ARM-Prozessor für Windows-Notebooks an, ohne das ausdrücklich zu verraten. Doch es ist sonnenklar, dass das gemeinsam mit ARM und MediaTek entwickelte "Project Digits" eine Attacke auf AMD, Intel und Qualcomm ist – und vielleicht sogar Apple.

Vordergründig geht es bei Project Digits um eine abgespeckte Version des KI-Superchips GB200: Geplant ist eine kompakte, rund 3000 US-Dollar teure Linux-Workstation mit 128 GByte RAM. Der Kombiprozessor darin vereint eine Nvidia-Blackwell-GPU mit einer ARM-CPU, die Nvidia wie beim GB200 unauffällig "Grace" nennt.

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Wie ARM jedoch in einem Blogbeitrag erklärt, nutzt Project Digits ganz andere CPU-Kerne als bisherige Grace-Chips. Statt 72 älterer Neoverse-V2-Kerne sind es 20 nagelneue, je 10 der Typen Cortex-X925 "Blackhawk" und Cortex-A725. Das Ganze produziert TSMC vermutlich mit N3E-Technik. Der im Mai 2024 angekündigte Blackhawk soll über 30 Prozent schneller sein als der Cortex-X4 und zielt somit auf Apple M4 und Qualcomm Snapdragon X. Schon eine abgespeckte Version von Project Digits dürfte stark genug sein für sehr schnelle Gaming-Notebooks. Das wird ein spannender Herbst!

Eine kundenspezifische Broadcom-XPU enthält viel Broadcom-Technik, wie die Ziffern 1 bis 4 andeuten. Letztlich stammt vor allem die Mikroarchitektur des Compute Die vom jeweiligen Kunden, etwa von Google (TPU).

(Bild: Broadcom)

Broadcom meldete im Dezember einen Umsatzrekord von 51,6 Milliarden US-Dollar für das Geschäftsjahr 2024. Und weil man dabei mit dem Triggerwort KI punkten konnte, schoss der Broadcom-Börsenwert auf mehr als 1 Billion US-Dollar hoch.

Halbleiter trugen mit 30,1 Milliarden US-Dollar 58 Prozent zum Broadcom-Umsatz bei. Vor allem stieg der Umsatz mit KI-Chips um 220 Prozent auf 12,1 Milliarden US-Dollar. Broadcom verkauft nämlich nicht nur Netzwerkprozessoren und PCIe-Switches für KI-Server, sondern ist auch Entwicklungspartner für KI-Chips, genannt XPUs. Broadcom nennt die Partner nicht öffentlich, aber es geht dabei um Google (TPU), Meta/Facebook (MTIA) und wohl auch ByteDance/TikTok. Das bedeutet, dass erhebliche Teile der von Google angeblich selbst entwickelten TPU-Chips eigentlich von Broadcom stammen. Google steuert wohl lediglich die KI-Rechenwerke bei, während Broadcom wesentliche Teile der Chipentwicklung erledigt und dabei viel Technik aus dem eigenen Haus einbaut: PCIe- und Netzwerk-Funktionsblöcke, Chiplet-Interconnects, Speichercontroller für High Bandwidth Memory (HBM). Fertigungspartner ist TSMC.

Auch Marvell, vor allem bekannt fĂĽr Netzwerkchips sowie Controller fĂĽr SSDs und Festplatten, verdient gutes Geld mit Auftragsentwicklung. Angeblich steckt Marvell hinter den "hauseigenen" KI-Prozessoren Trainium und Inferentia von Amazon AWS, war wohl auch am ARM-Serverprozessor Google Axion beteiligt und arbeitet derzeit an einer kommenden Generation der KI-Chips "Maia" von Microsoft.

Mitte 2023 veröffentlichte Intel eine erste Vorabversion der X86-S External Architecture Specification, um den ausufernden x86-Befehlssatz zu verschlanken. Insbesondere wollte man damit alte 16-Bit-Zöpfe abschneiden, doch nun lief das Projekt selbst ins Messer – vermutlich wegen der Sparmaßnahmen, um Intel als Ganzes zu retten. Deshalb steht es wohl auch in den Sternen, wie es mit den als "AVX10" angekündigten Vereinheitlichungen der AVX-Befehlssatzerweiterung weitergeht.

Auf der CES hat Intel jedenfalls wie erwartet die 65-Watt-Typen der CPU-Familie Core Ultra 200S fĂĽr Desktop-PCs vorgestellt sowie die eng verwandten Mobilversionen Core Ultra 200HX. Dazu gesellen sich einige Chips mit alter Technik, aber neuen Namen: Im Core Ultra 200U steckt die 2023 vorgestellte Meteor-Lake-Architektur.

AMD präsentierte die neue GPU-Generation Radeon RX 9070 (XT) und kündigte den Ryzen AI Max+ 395 (Strix Halo) an, der 16 CPU-Kerne und eine starke GPU mit 2560 Shader-Kernen vereint. Erwartungsgemäß ritt AMD auf dem Thema KI herum, obwohl Microsofts "Copilot +"-Konzept niemanden vom Hocker reißt. Und AMD kämpft weiter mit der Software, meldet die Website Semianalysis.com, allerdings in Bezug auf den KI-Beschleuniger Instinct MI300X. Der ist theoretisch prima, bekommt seine hohe Performance aber nicht auf die Straße, weil es laut Semianalysis an zu vielen Stellen klemmt.

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(ciw)